Präsident Steinmeier (rechts) bei Papst Leo XIV. Präsident Steinmeier (rechts) bei Papst Leo XIV.  (ANSA)

Steinmeier bei Papst Leo XIV.: „An Vermittlerrolle festhalten“

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist am Montagvormittag von Papst Leo XIV. in einer Privataudienz, also unter Ausschluss der Öffentlichkeit, empfangen worden. Thema waren die unterschiedlichen Konflikte weltweit, rückläufige Katholikenzahlen in Deutschland und die Unterstützung internationaler humanitärer Projekte durch die Bundesregierung, wie Steinmeier beim anschließenden Pressestatement berichtete.

Luca Karsai - Vatikanstadt

Papst Leo XIV. empfing den deutschen Bundespräsidenten am Montagvormittag (22.9.2025) in der päpstlichen Privatbibliothek. Eines der zentralen Themen, die auch der Pontifex bereits seit seiner Amtseinführung immer wieder in den Mittelpunkt stellt, ist die Frage nach Frieden.

Wichtige Rolle von Papst und Vatikan

„Uns umtreibt die gemeinsame Sorge über den andauernden Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, über die vielen Toten und vor allen Dingen die mangelnde Bereitschaft von russischer Seite, Schritte zu gehen, Bereitschaft zu zeigen, mindestens auf einen Waffenstillstand hin zu orientieren. Was wir brauchen, ist ein gerechter Friede. Von dem sind wir weit entfernt“, betonte Steinmeier nach der Begegnung im Vatikan vor Pressevertretern. Gerade in dieser Situation habe er Papst Leo XIV. „sehr ermutigt“, an der Rolle des Vermittlers festzuhalten: „Ich glaube, wir können in Zeiten, in denen es weltweit wenige Vermittler und wenige Einflussgrößen gibt, die auf die Konfliktparteien Einfluss haben, gar nicht darauf verzichten, wenn der Papst und der Vatikan hier seine Hilfe anbieten.“

  (ANSA)
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„Ich glaube, wir können in Zeiten, in denen es weltweit wenige Vermittler und wenige Einflussgrößen gibt, die auf die Konfliktparteien Einfluss haben, gar nicht darauf verzichten, wenn der Papst und der Vatikan hier seine Hilfe anbieten“

Das katholische Kirchenoberhaupt hatte mehrfach die Bereitschaft bekundet, im Ukraine-Krieg und im Nahen Osten als Vermittler bereit zu stehen: „Insofern haben wir über die Folgen dieses Angriffskrieges ausführlich miteinander gesprochen, insbesondere was das Leid der Ukrainerinnen und Ukrainer angeht“, äußerte Steinmeier. 

Zum Krieg in Gaza erinnerte er daran, dass Leo XIV. Israels Staatspräsidenten Isaac Herzog Anfang September im Vatikan empfing: „…und er hat berichtet, dass er auch dem israelischen Präsidenten von seiner Sorge über die Entwicklung der humanitären Situation in Gaza berichtet hat und aufgefordert hat, nach Möglichkeiten zu suchen und sie umzusetzen, die humanitäre Situation entscheidend zu verbessern, es nicht zu Hungersnöten kommen zu lassen.“

Leo XIV. nach Deutschland eingeladen – sinkende Katholikenzahlen

Mit Blick auf Deutschland sagte Steinmeier, er wünsche sich eine aktive und starke Kirche. „Die Kirchen können und müssen eine positive Rolle spielen beim Zusammenhalt unserer Gesellschaft.“ Deshalb habe er dem Papst gesagt, „uns ist die Stimme hier aus Rom auch nach wie vor wichtig“. Er wolle mit Leo XIV. im Gespräch bleiben und habe ihn auch nach Deutschland eingeladen.

Steinmeier beim Pressestatement
Steinmeier beim Pressestatement   (©Luca Karsai (Radio Vatikan/Vatican News))

„Das muss nicht nur den Papst und den Vatikan besorgen. Darüber müssen auch wir uns Gedanken machen“

Nicht nur dem Papst machten die sinkenden Mitgliederzahlen der katholischen Kirche große Sorgen. „Das muss nicht nur den Papst und den Vatikan besorgen. Darüber müssen auch wir uns Gedanken machen", so Steinmeier weiter. Ein Grund sei der sexuelle Missbrauch in der katholischen Kirche und seine Folgen. Aber es liege auch an einer zunehmenden Säkularisierung und einer wachsenden religiösen Vielfalt.

Steinmeier und die Delegation auf dem Campo Santo Teutonico, dem deutschen Friedhof, im Vatikan
Steinmeier und die Delegation auf dem Campo Santo Teutonico, dem deutschen Friedhof, im Vatikan   (©Luca Karsai (Radio Vatikan/Vatican News))

Steinmeier besucht UN-Organisationen- Mittelkürzungen bereiten Sorge

Passend zum 80. Geburtstag der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen besucht der deutsche Bundespräsident am 22. September drei UN-Standorte in Rom - FAO, WFP und IFAD.

Vor der Presse zeigte sich Steinmeier am Montag besorgt angesichts des Rückgangs bereitgestellter Mittel für humanitäre Hilfen vieler Länder. Er und Papst Leo XIV. seien sich einig, dass es Zusammenhalt brauche, aber: „Das, was wir erleben, ist eher etwas anderes - dass einzelne Staaten Unterstützung auch kürzen oder ganz zurückziehen. Deshalb ist der Besuch bei den internationalen Organisationen hier in Rom, vor allen Dingen beim Welternährungsprogramm, ein Zeichen dafür, dass diese internationalen Organisationen unsere Unterstützung verdienen.“

Geschenke für den Papst

Steinmeier  überreichte Papst Leo bei der Privataudienz als Geschenk einen deutschen Bistumswein und auch ein Faksimile von Bachs wohltemperiertem Klavier. Steinmeier ist Protestant. Seine Frau Elke Büdenbender, die ihn begleitete, ist katholisch. Zuletzt waren Bundespräsident und Gattin bei der Beisetzung von Papst Franziskus Ende April in Rom.

Steinmeier ist Protestant. Seine Frau Elke Büdenbender, die ihn begleitete, ist katholisch]
Steinmeier ist Protestant. Seine Frau Elke Büdenbender, die ihn begleitete, ist katholisch]   (ANSA)

Das Treffen mit Leo XIV. im Apostolischen Palast war der Antrittsbesuch des deutschen Bundespräsidenten beim am 8. Mai gewählten Papst. Direkt im Anschluss besuchte Steinmeier zudem die katholische Gemeinschaft Sant'Egidio, die sich für Bedürftige und Geflüchtete einsetzt und immer wieder in Kriegen als Vermittlerin aktiv ist. 

Sant’Egidio: „Eine Freundschaft, die auch eine persönliche Freundschaft ist“

Nach dem Besuch sprachen wir mit dem Generalsekretär der Gemeinschaft, Cesare Zucconi. Er berichtete, dass während der Gespräche in der Gemeinschaft zwischen Steinmeier und dem Präsidenten, Marco Impagliazzo, die „langjährige Freundschaft“ zwischen Sant’Egidio und Deutschland hervorgehoben wurde, die „auch eine persönliche Freundschaft“ sei. So habe Frank-Walter Steinmeier an zahlreichen durch Sant’Egidio organisierten Veranstaltungen teilgenommen, so beispielsweise im September 2023 am internationalen Weltfriedenstreffen „Den Frieden wagen“ in Berlin:

„Zu den Themen, die bei dem Treffen heute angesprochen wurden, gehörte der Frieden, der angesichts der zahlreichen Konflikte als grundlegend und dringend bezeichnet wurde, sowie Afrika und seine notwendige Entwicklung, um den vielen jungen Menschen auf der Suche nach einer Zukunft eine Antwort zu geben“, erläuterte Zucconi. Dabei sei aber auch die Pflicht betont worden, die humanitäre Hilfe für die Ukraine nicht einzustellen, wo Sant’Egidio mit vielen Gemeinschaften aktiv sei, um Geflüchtete zu unterstützen.

„Das Treffen stand vor allem auch im Zeichen der Integration als Antwort auf die vielen Krisen, mit denen Europa und die Welt konfrontiert sind“, unterstrich der Generalsekretär der durch Andrea Riccardi gegründeten Gemeinschaft weiter. Präsident Steinmeier habe direkt nach dem Besuch der Gemeinschaft im römischen Trastevere auch eine nahe gelegenen Schule für italienische Sprache und Kultur besichtigt, die durch Sant’Egidio betreut wird: „Eine kostenlose Schule, die in über 40 Jahren Tätigkeit die soziale und berufliche Integration von Tausenden von Migranten gefördert hat“.

Einige der Flüchtlinge, die Präsident Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender im Rahmen ihres Besuchs begrüßten, waren Flüchtlinge, die dank des bewährten Integrationsmodells der humanitären Korridore nach Italien gekommen waren. Das Modell, das Flüchtlingen außerhalb Europas die Möglichkeit gibt, auf sichere Weise einzureisen, wurde vor rund zehn Jahren in Italien durch Sant’Egidio gemeinsam mit dem Bund der evangelischen Kirchen und anderen Organisationen ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um ein selbstfinanziertes Projekt, das es Menschen in besonders verletzlichen Situationen (wie Opfer von Verfolgung, Folter oder Gewalt, aber auch Familien, ältere Menschen und Kranke) ermöglicht, mit humanitären Visa legal und sicher nach Italien zu gelangen – wodurch die gefährlichen Reisen über das Meer und die Ausbeutung durch Menschenhändler vermieden werden. Die Förderer des Projektes verpflichten sich dem Staat gegenüber, die Flüchtlinge aufzunehmen und zu integrieren, einschließlich des Italienischunterrichts und der Einschulung der Kinder. Auch andere Länder haben das italienische Modell bereits erprobt.

Die Gemeinschaft ist auch in der Friedensförderung erprobt. Ihre größte diplomatische Leistung ist der „Friedensvertrag von Rom", mit dem 1992 der 15 Jahre dauernde Bürgerkrieg in Mosambik beendet wurde.

(Nach Erstveröffentlichung aktualisiert mit den Informationen zum Besuch bei Sant'Egidio)

(vatican news/pm/kap - lk/sst/cs)

 

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22. September 2025, 14:26