D: „Unter Papst Leo wird es Reformen geben“
„Auch unter Leo XIV. wird es Reformen geben“, sagte der Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) der Katholischen Nachrichten-Agentur an diesem Freitag. „Wenn es sie gibt, dann sind sie weniger disruptiv als bei Franziskus“, so Söding weiter. Das brauche nicht schlechter zu sein.
Die viel besprochenen Äußerungen des Papstes seien schlicht ein Interview: „Nicht mehr und nicht weniger. Unfehlbar ist es nicht. Wichtig ist es schon.“ Darin lege Leo XIV. einen Schwerpunkt auf die Politik: „Ethik mit Augenmaß, Vermittlung ohne falsche Neutralität, Frieden in Gerechtigkeit“. Leo XIV. werde „in einer Welt zwischen Trump, Xi und Putin“ gebraucht, sagte Söding.
Der Papst werde auch als jemand gebraucht, der die katholische Kirche in ein ruhiges Fahrwasser führe. Dabei erkenne er aktuell „sehr viel Vorsicht“. Es brauche aber auch Mut und Zuversicht, so der Vizepräsident des höchsten repräsentativen Gremiums des deutschen Laien-Katholizismus. Aktuell sende der Papst offenbar lieber positive als negative Botschaften: „für die klassischen Familien, nicht gegen alternative Lebensformen; für ein neues Verhältnis von Hierarchie und Basis, weniger Kapitalismuskritik; mehr Plädoyer für eine soziale und nachhaltige Wirtschaft“.
„Muss Kirche in Schwung bringen“
Leo XIV. sei als Mann des Ausgleichs zum Papst gewählt worden; doch auf Dauer reiche das nicht: „Für den Anfang sendet er die Botschaft aus, dass er die katholische Kirche zusammenhalten will. Das ist klassisch die Aufgabe des Papstes. Er darf aber die Reformkräfte nicht verlieren und muss jene in Schwung bringen, die auf überholten Überzeugungen beharren“, erklärte Söding. Das sei ihm zuzutrauen - besonders beim Thema nachhaltige Synodalität.
In dem am Donnerstag veröffentlichten Interview hatte Leo XIV. erklärt, dass es mit ihm keine Änderungen der kirchlichen Lehre zur Sexualmoral oder die Weihe von Frauen geben werde. Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare lehne er ab; lediglich „nicht ritualisierte“ persönliche Segnungen halte er für möglich. Im Zentrum seiner Aussagen stand die „Stärkung der traditionellen Familie“.
Reformgruppen enttäuscht
Mit Enttäuschung reagierte die Bewegung „Wir sind Kirche“ auf das Papst-Interview. Sie warf Leo XIV. vor, die traditionelle Familie zu verklären und die Bedeutung der Sexualmoral zu überhöhen. Das führe zu Ausgrenzung, auch wenn Papst Leo betone, die Kirche sei für alle offen. Ein Sprecher der Initiative „Out in Church“ sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur: „Sofern sich die katholische Sexuallehre nicht ändert, sind nicht heterosexuelle Menschen oder Menschen, die nicht dem binären Geschlechtermodell entsprechen, in dieser Kirche nicht willkommen“. Doch trotz Enttäuschung wolle man nicht aufgeben: „Wir werden die Kirche nicht den konservativen oder gar rückwärtsgewandten Kräften überlassen.“
Hingegen sieht der US-Jesuit James Martin auch positive Aspekte. Der weltweit vernetzte LGBTQ-Seelsorger hob hervor, dass Leo XIV. den Begriff „LGBTQ“ überhaupt benutze, sei für Kirchenvertreter schon ein Fortschritt. Auch fordere der Papst Respekt und Begegnung, was langfristig Veränderungen in der Kirche möglich machen könnte. In dieser Hinsicht sieht Martin Leo XIV. in einer Linie mit seinem Vorgänger. - Die englische Abkürzung LGBTQ steht vor allem für nicht-heterosexuelle Menschen, die sich etwa als lesbisch, schwul oder queer identifizieren.
Auch der Passauer Bischof Stefan Oster sieht Leos Interview in Kontinuität zu Franziskus: „Ausnahmslos jeder Mensch ist geliebtes Kind Gottes - und es ist unsere Aufgabe, diese Botschaft auch im Umgang mit jedem Menschen deutlich zu machen“, sagte Oster, der sich am Freitag als erster deutscher Bischof zu dem Interview äußerte. Und dass auch die Lehre zu Ehe und Familie gültig bleibe wie bisher, habe auch Franziskus mehr als einmal betont. Dasselbe gelte für die Frage nach der Zulassung zum Diakonen- und Priesteramt.
(kna – sk)
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