Bodo Ramelow in Rom: Der „Kieselstein im Schuh“ der Linkspartei
Mario Galgano - Vatikanstadt
Ramelows Reise, organisiert von der Evangelischen Kirchenzeitung „Glaube und Heimat“, hat mit einem runden Jubiläum zu tun: es jährt sich zum zehnten Mal sein Treffen mit Papst Franziskus. Anlass damals war sein spontaner Wunsch nach seiner Vereidigung als Thüringer Ministerpräsident, Papst Franziskus zu treffen. Die Kontakte beruhen auf bestehenden Staatskirchenverträgen zwischen Thüringen und dem Heiligen Stuhl.
Zwischen SED-Erbe und Weltkirche
„Es gibt in der Partei Menschen, die sehr positiv darauf reagieren, unabhängig davon, ob sie selber Katholiken sind oder nicht, sondern die einfach sagen: Es ist gut, dass wir mit der Weltkirche im Gespräch sind.“
Er berichtete schmunzelnd, dass Gregor Gysi jedes Mal bettle, als Kofferträger mitfahren zu dürfen. Skeptikern entgegne er, dass die Linkspartei, in der die kirchenfeindliche SED steckt, sich der Entkirchlichung in der DDR stellen müsse. Er selbst sieht seine Rolle klar:
„Ich bin der Kieselstein im Schuh meiner Partei. Und möge sich auch der eine oder andere an diesem Stein reiben. Aber ich möchte auch, dass Reibung entsteht. Denn wenn wir uns gar nicht mehr reiben, dann gibt es keine Verbesserung.“
Ramelow unterstrich zudem die Bedeutung kirchlicher Friedensarbeit, insbesondere durch seine langjährige freundschaftliche Verbindung mit der Gemeinschaft Sant’Egidio, mit der er an Heiligabend in Erfurt Obdachlose betreut.
Künstliche Intelligenz als neue Reformation
Der Politiker zog einen historischen Vergleich, um die Herausforderung der Künstlichen Intelligenz (KI) zu veranschaulichen. Er verglich die digitale Revolution mit der Reformation, die vor 500 Jahren durch Martin Luthers Bibelübersetzung und die neue Drucktechnik ausgelöst wurde – ein Ereignis, das die westliche Welt in 100 Jahre Unfrieden stürzte.
„Ich denke, dass wir an einer ähnlichen Stelle sind. Die Künstliche Intelligenz klopft gerade an die Tür.“
Ramelow kritisierte die wachsende Spaltung zwischen digitalen „Habenden“ und „Nichthabenden“ sowie die mangelnde Transparenz der Algorithmen. Er forderte die Politik auf, die Plattformen für Hass und Hetze haftbar zu machen, da sie die technische Infrastruktur bereitstellten.
Die größte Sorge gelte den Werten: „Was machen wir alle mit unseren Inhalten und unseren Werten, wenn wir sie da nicht einspielen?“ Ramelow betonte, was nicht in die digitale Welt eingespeist werde, könne von der KI nicht gefunden werden.
Als Beispiel für die Relevanz digitaler Präsenz nannte er den jüngsten Bundestagswahlkampf: Seine Partei habe die Wahl über TikTok gewonnen, unter anderem durch das humorvolle Auftreten dreier älterer Senioren – der „Silberlocken“ – und eine viral gegangene Rede der Fraktionsvorsitzenden.
„Wir müssen eine Mischung finden, die lustig ist, aber nicht lächerlich sein darf. Und wir müssen eben auch sehen, dass wir Inhalte mit Werten verbinden.“
Ramelow ist überzeugt, dass man sich den Herausforderungen stellen müsse, aber: „Die Grundfundamente sind trotzdem die, die uns Jesus vermittelt hat und die uns unser Glauben mitgibt.“
(vatican news)
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