Der Beauftragte der deutschen Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Thomas Rachel MdB, nach seinem Treffen mit Papst Leo XIV. im Interview mit Stefanie Stahlhofen von Radio Vatikan/Vatican News Der Beauftragte der deutschen Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Thomas Rachel MdB, nach seinem Treffen mit Papst Leo XIV. im Interview mit Stefanie Stahlhofen von Radio Vatikan/Vatican News 

Beauftragter für Religionsfreiheit beim Papst: Verfolgung besorgt

Der Beauftragte der deutschen Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Thomas Rachel MdB, hat nach der Generalaudienz diesen Mittwoch Papst Leo XIV. kurz persönlich getroffen. Er habe das katholische Kirchenoberhaupt auf das Thema Religionsfreiheit angesprochen und dem Papst gesagt, dass die deutsche Bundesregierung religiöse Verfolgung mit Sorge sieht, berichtete Rachel anschließend im Interview mit Radio Vatikan.

Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt

Radio Vatikan: Thomas Rachel, als Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit waren Sie diesen Mittwoch bei der Generalaudienz mit Papst Leo XIV. und haben ihn anschließend auch kurz persönlich treffen können. Wie war das? Was haben Sie ihm gesagt und was hat er Ihnen gesagt?

Thomas Rachel MdB, Beauftragter der deutschen Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit: „Eine unmittelbare Begegnung mit dem Papst ist natürlich eine ganz besondere Ehre. Das war ein sehr bewegender Moment, Papst Leo persönlich zu erleben. Ich habe ihn natürlich angesprochen auf das Thema Religionsfreiheit. Ich finde sehr gut, dass er das Thema selbst auch stärkt und in den Mittelpunkt stellt. Ich durfte ihm mitteilen, dass wir als deutsche Bundesregierung dieses Thema ebenfalls stärken wollen, weil wir mit Sorge auf die Verfolgung  religiöser Minderheiten schauen. Gerade auch Christinnen und Christen sind hiervon betroffen."

Radio Vatikan: Es ist ja auch erst gestern, am Dienstag, der Bericht von Kirche in Not vorgestellt worden zur Religionsfreiheit weltweit. Daraus geht hervor, dass mehr als 5,4 Milliarden Menschen weltweit ohne vollständige Umsetzung dieses Grundrechts leben. Wie haben Sie das aufgenommen?

Thomas Rachel, Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, im Kurz-Interview von Stefanie Stahlhofen für Radio Vatikan zu Rachels Treffen mit Papst Leo XIV.

„Schockierend, wie viele Menschen ihr Menschenrecht auf freie Religionsausübung nicht wahrnehmen können“

Rachel: „Es ist eine schockierende Größenordnung, wie viele Menschen ihr Menschenrecht auf freie Religionsausübung nicht wahrnehmen können. Es muss einen Aufschrei in der Welt geben. Wir haben in den internationalen völkerrechtlichen Verträgen festgelegt, dass die Menschen ein Recht haben, ihre Religion leben und auch wechseln zu können oder auch gar keine Religion zu haben. Der dramatische Verstoß gegen die Religionsfreiheit ist in keiner Weise akzeptabel. Der neue Bericht bringt dies noch mal auf den Punkt und ist, glaube ich, Anlass, dass wir uns intensiver mit diesem Thema beschäftigen."

„Verstoß gegen die Religionsfreiheit ist in keiner Weise akzeptabel“

Radio Vatikan: Es war jetzt Ihr erstes Treffen mit Papst Leo XIV. - zum einen, weil er noch gar nicht so lange im Amt ist. Zum anderen sind aber auch Sie erst mit der neuen Bundesregierung in ihr Amt gekommen. Und es gab auch eine Ressortverlagerung, vom Entwicklungsministerium zum Außenministerium. Warum?

Rachel: „Mir war wichtig, schnell den Vatikan zu besuchen, um den Gesprächsdraht zumVatikan zu knüpfen. Die Verlagerung des Religionsfreiheitsbeauftragten ins Außenministerium , wertet das Thema der Religionsfreiheit auf. Es bedeutet neben der Tatsache, dass ich mich um den Religionsfreiheitsbericht, den ich dem Parlament vorlegen werde, auch darum kümmern möchte, dass die Dimension von Religion in der Außenpolitik und in der internationalen Politik mitgedacht wird. Das ist in der letzten Legislaturperiode überhaupt nicht der Fall gewesen. Man hat das alles abgebaut. Aber wenn man den einzelnen  Menschen in der internationalen Politik ernst nehmen möchte, muss man wissen, was den Menschen wichtig ist: 80 Prozent der Menschen auf der Erdkugel sagen, dass Religion für sie existenziell ist. Sie stehen morgens mit Gott auf und gehen abends mit Gott schlafen.

„Religiöse Akteure in den verschiedenen Ländern sind ganz wichtige Anwälte der Menschen in ihren Regionen“

Und unabhängig von der eigenen Glaubenssituation oder Weltanschauung: Wenn wir Politik für die Menschen in den verschiedenen Ländern und Kontinenten machen, müssen wir diese Dimension erkennen. Mein Ziel ist es, dass wir diese Dimension deutlich machen und auch den diplomatischen Nachwuchs an das Thema heranführen in dem Sinn, dass sie neugierig darauf werden, dass sie die Relevanz dieses Themas im internationalen Bezug erkennen und die Kontakte zu den religiösen Akteuren in den verschiedenen Ländern aufgreifen. Denn die sind wichtige Anwälte der Menschen in ihren Regionen. Selbst da, wo Staaten in Bürgerkriegssituationen oder anderen fragilen Situationen keinen Einfluss mehr haben, bleiben die christlichen Kirchen, Akteure anderer Religionen, vernetzt in alle Teile und können auf die Menschen zugehen. Das ist insofern eine wichtige Brücke, die wir unbedingt nutzen sollten - immer aus dem Gedanken heraus, Politik für die Menschen zu machen."

Zusammenarbeit für Religionsfreiheit weltweit

Radio Vatikan: Hier in Rom und im Vatikan haben Sie nicht nur Papst Leo getroffen. Sie haben auch weitere Gespräche geführt. Was können Sie uns da berichten?

Rachel: „Ich hatte die Ehre, mit dem Außenminister des Vatikans zu sprechen. In einem persönlichen und nachdenklichen Gespräch, angesichts der Krisen in der Welt, dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der Situation im Gazastreifen, der Verstöße gegen die Religionsfreiheit insgesamt in der Welt. Wir werden generell zusammenarbeiten, um uns gemeinsam für die Religionsfreiheit in den verschiedenen Teilen der Welt einzusetzen."

Der Beauftragte der deutschen Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Thomas Rachel MdB, und der vatikanische Außenbeauftragte, Erzbischof Paul Richard Gallagher
Der Beauftragte der deutschen Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Thomas Rachel MdB, und der vatikanische Außenbeauftragte, Erzbischof Paul Richard Gallagher

„Werden mit dem Heiligen Stuhl zusammenarbeiten, um uns gemeinsam für die Religionsfreiheit in den verschiedenen Teilen der Welt einzusetzen“

Radio Vatikan: Warum und wie versucht die deutsche Bundesregierung da etwas zu bewirken im positiven Sinn?

Rachel: „Wir haben in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland im ersten Satz stehen, dass die Menschenwürde unantastbar ist. Als Christ darf ich sagen: Das hängt eben mit dem Ebenbild Gottes zusammen. Und insofern hat eben jeder Mensch das Recht, sein Leben zu leben. Und dazu gehört als ganz zentrales Menschenrecht auch das Recht auf freie Religionsausübung, auf Gewissensfreiheit. Daraus leiten sich ganz viele andere Grundrechte ab. Insofern fühlen wir uns dem besonders verpflichtet. Abgesehen davon, dass wir als Bundesrepublik Deutschland ja auch die völkerrechtlichen Verträge mit unterschrieben haben, wo Religionsfreiheit ein ganz zentraler Punkt ist. Aber wir sehen in vielen Teilen der Welt, dass gegen das Recht auf Religionsfreiheit verstoßen wird. Die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit, zu der wir einen kleinen Beitrag leisten können, dass diese Verstöße gegen die Religionsfreiheit nicht im Verborgenen stattfinden, sondern öffentlich werden, ist der erste Schritt zu einer Besserung."

„Dass diese Verstöße gegen die Religionsfreiheit nicht im Verborgenen stattfinden, sondern öffentlich werden, ist der erste Schritt zu einer Besserung“

Radio Vatikan: Mit welchem Gefühl, mit welchen Gedanken, in welcher Stimmung fahren Sie jetzt zurück nach Deutschland? Was nehmen Sie mit?

Rachel: „Sehr bewegt durch die Begegnung mit Papst Leo, er hat eine besondere Ausstrahlung. Aus den Gesprächen darf ich mitnehmen, dass der Vatikan sich international intensiv um Kooperation, um Zusammenarbeit, um Stärkung des Menschenrechte und auch der Stärkung des Menschenrechts auf Religionsfreiheit kümmert.

„Aus den Gesprächen darf ich mitnehmen, dass der Vatikan sich international intensiv um Kooperation, um Zusammenarbeit, um Stärkung der Menschenrechte und auch das Menschenrecht auf Religionsfreiheit kümmert“

Und hier brauchen wir ein gemeinsames Agieren sowohl der katholischen Kirche wie auch anderer Religionen wie auch der nationalen Regierungen, für die deutsche darf ich jetzt hier sprechen, , aber auch der Zivilgesellschaft. Es muss ein Anliegen von uns gemeinsam sein, dass wir den einzelnen Menschen in den Blick nehmen, der an der Ausübung seiner Religion und seines Glaubens gehindert wird.

„Es muss ein Anliegen von uns gemeinsam sein, dass wir den einzelnen Menschen in den Blick nehmen, der an der Ausübung seiner Religion und seines Glaubens gehindert wird“

Nächste Reise nach Istanbul - wenn auch Papst Leo XIV. da ist 

Radio Vatikan: Was sind Ihre nächsten Reisen?

Rachel: „Die nächste Reise wird mich nach Istanbul führen, Ende November. Dort wird Papst Leo den Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus treffen. In Erinnerung und Würdigung 1700 Jahre des Konzils von Nizäa."

Zur Person

Der CDU-Politiker Thomas Rachel seit dem 28. Mai 2025 Beauftragter der deutschen Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Der Nordrhein-Westfale folgte auf Frank Schwabe (SPD). Das Amt ist mit der neuen Bundesregierung vom Entwicklungsministerium ins Auswärtige Amt gewechselt. Der 63-Jährige gehört seit 2015 dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an.

(vatican news - sst)

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22. Oktober 2025, 12:59