D: Kirchen warnen vor Altersdiskriminierung bei medizinischer Behandlung
Auslöser der Kontroverse waren Äußerungen des CDU-Gesundheitspolitikers und Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Hendrik Streek. Dieser hatte in einem TV-Gespräch die Frage aufgeworfen, ob bei Hundertjährigen mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen Erkenntnisse neuester Studien angewendet werden sollten, wenn dadurch die Sterblichkeit nur um zehn Prozent reduziert werde. Streek präzisierte später, es gehe ihm nicht ums Sparen, sondern darum, „schwerstkranken Patienten unnötige Behandlungen zu ersparen“.
Kardinal Woelki fordert besonderen Schutz
Kardinal Woelki forderte in der „Kölnischen Rundschau“ besonderen Schutz für ältere und schwächere Menschen. Er äußerte die Hoffnung, dass eine Diskussion über die Begrenzung nachgewiesen wirksamer Methoden auf breites Unverständnis stoßen werde:
„Sollte eine ernstgemeinte Diskussion darüber entbrennen, ob nachgewiesen wirksame Behandlungsmethoden und Medikationen nur noch mit Altersgrenze zum Einsatz kommen, dann wird das hoffentlich auf breites Unverständnis und Ablehnung treffen.“
Der Erzbischof betonte zudem die Notwendigkeit einer zuverlässigen und flächendeckend finanzierten Hospiz- und Palliativversorgung.
Präses Latzel: „Öffnet Tür und Tor für völlige Willkür“
Der evangelische Präses Thorsten Latzel bekräftigte auf Anfrage der Zeitung die Unantastbarkeit ethischer Grundsätze im Gesundheitswesen. Er stellte klar, dass das Alter kein Kriterium für den Zugang zur besten Versorgung sein dürfe:
„Es ist ethisch nicht vertretbar, den Zugang zur besten medizinischen Versorgung an das Alter zu knüpfen.“
Latzel warnte davor, ethische Grundlinien im Zuge notwendiger Gesundheitsreformen aufzugeben. Er sieht in Streeks Überlegungen eine gefährliche Präzedenzfallwirkung:
„Ich halte solche Überlegungen für altersdiskriminierend und brandgefährlich. Denn es öffnet Tür und Tor für völlige Willkür.“
Würden älteren Menschen Behandlungen aufgrund ihres Alters verwehrt, könnten auch anderen Betroffenen aus diversen Gründen Teile der Versorgung gestrichen werden, so Latzel. Er betonte, dass in der Politik stets medizinische Indikation und der Patientenwille im Vordergrund stehen müssten.
(kna - mg)
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