Tre Fontane in Rom Tre Fontane in Rom 

Auf den Spuren der ersten Christen Roms: Als der ewige Advent kürzer schien | Teil II

Der Advent ist im Kirchenjahr die liturgische Zeit des Wartens auf die Ankunft Jesu Christi an Weihnachten. Doch unser Warten reicht über diese Wochen hinaus: Es wird als „ewiger Advent“ bezeichnet, weil wir – wie die ersten Christen – bis heute auf die Wiederkunft Jesu hoffen, wenn auch auf andere Weise. In diesem Advent schauen wir in vier Beiträgen auf die Hoffnung der ersten Christen in Rom, die einen Teil ihrer Zuversicht von den Apostelfürsten Petrus und Paulus empfangen haben.

Benedikt Lang - Rom/Vatikanstadt

Etwa vier Kilometer von der Basilika Sankt Paul vor den Mauern entfernt liegt einer der eindrucksvollsten Orte frühchristlicher Erinnerung: die Abtei Tre Fontane. Ein stiller Parkweg, der noch den Verlauf einer antiken römischen Straße erahnen lässt, führt den Besucher hinab zu der Kirche, die an das Martyrium des Völkerapostels erinnert. Im Inneren öffnet sich ein schlichtes Querschiff, dessen zwei Seitenkapellen das Licht bündeln. Rechts, hinter einem schmiedeeisernen Gitter, wird die Säule verehrt, an die der heilige Paulus der Überlieferung nach bei seiner Hinrichtung gebunden war.

Hier, an diesem Ort des Abschieds, kommen dem Betrachter die Worte aus dem Zweiten Timotheusbrief in den Sinn – Worte eines Mannes, der wusste, dass sein Ende nahe war und dessen Hoffnung dennoch ungebrochen blieb:

„Denn ich werde schon geopfert und die Zeit meines Aufbruchs ist nahe. Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue bewahrt. Schon jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit, den mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag geben wird, aber nicht nur mir, sondern allen, die sein Erscheinen ersehnen.“ (2 Tim 4,6–8)

Begegnung auf dem letzten Weg

Der immer noch an die Wiederkunft Christi glaubende Paulus soll – so berichtet die christliche Tradition – auf seinem Weg vom Carcer Tullianus hinaus zu jener Gegend an der Via Laurentia einer Frau begegnet sein, die sich von ihm ansprechen ließ: der heiligen Plautilla.

Apokryphe Schriften berichten von einer rührenden Szene: Plautilla, eine Christin, weinte, als Paulus zur Hinrichtung geführt wurde, und bat ihn um sein Gebet. Da habe der Apostel sie mit den Worten angesprochen: „Plautilla, meine liebe Tochter, leihe mir den Schleier, mit dem dein Kopf bedeckt ist. Ich werde damit meine Augen bedecken, und dann sollst du ihn zurücknehmen.“

Spötter verhöhnten sie, weil sie einem Scharlatan ein so kostbares Tuch gegeben habe. Doch Plautilla blieb unbeirrt. Wie Processus und Martinianus – jene beiden römischen Wachsoldaten, die wir im ersten Teil dieser Reihe kennengelernt haben – ließ auch sie sich von dem verurteilten Apostel berühren. Plautilla sah im scheinbar aussichtslos Verdammten nicht Untergang, sondern Hoffnung.

Drei Quellen als Zeugnis

Die Akten erzählen weiter: Am Ort der Hinrichtung habe Paulus den Schleier Plautillas entrollt, sich damit die Augen verbunden und sich zum Todesstoß bereit gemacht. Dreimal rief er laut auf Hebräisch den Namen Jesu aus; dann traf ihn der Schlag.

Der Legende nach spritzte aus seinem enthaupteten Leib ein Strahl weißen Blutes – wie Milch – auf die Erde. Dort, wo sein Haupt aufgekommen sei, sollen drei Quellen entsprungen sein: daher der Name Tre Fontane. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts konnten Pilger das Wasser berühren; heute ist dies wegen Verunreinigungen des Wassers nicht mehr möglich. Doch der Ort selbst bleibt ein lebendiges Zeichen: ein Stück Erde, das von der Hoffnung durchdrungen wurde, die Paulus und Plautilla bis zuletzt getragen hat.

Ein Schleier, der zurückkehrt

Plautilla, die ihrem Mitgefühl Taten folgen ließ, wurde verspottet. Doch die Legende erzählt, dass sie den Schleier – nun vom Blut des Apostels gezeichnet – auf wundersame Weise zurückerhielt. Ein Zeichen dafür, dass die Hingabe an Christus nicht vergeblich ist.

Der Überlieferung zufolge erlitt Plautilla im Jahr 67 n. Chr. das Martyrium. In der christlichen Kunst findet sich eine berühmte Darstellung, wie sie dem Apostel Paulus während seines Marsches zur Hinrichtung ihren Schleier reicht. Auf einer Bronzetür des Petersdoms ist diese Szene bis heute verewigt.

Ein Advent im Angesicht des Endes

Tre Fontane ist ein Ort, der erzählt: von Mut, von Hingabe, von der Hoffnung des Advents – der Erwartung des kommenden Herrn, die Paulus selbst im Angesicht der Hinrichtung nicht aufgab.

Vielleicht ist es das, was dieser Ort uns heute sagt: dass der Advent nicht nur in hellen Kirchen und festlichem Licht geschieht, sondern gerade dort, wo Menschen einander in Dunkelheit beistehen, wo Glaube Mut schenkt und Hoffnung stärker ist als Furcht.

(vatican news - bl)

 

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06. Dezember 2025, 12:05