Steinmeier: „Papst war sehr informiert über Wahlergebnisse“
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
„Natürlich“ sei die Situation nach der Bundestagswahl in Deutschland ein Thema gewesen, so der langjährige SPD-Politiker. „Der Papst war sehr informiert über die Wahlergebnisse und hatte die Frage, welche Auswirkungen das haben wird auf Deutschland und seine Rolle in der Welt.“
Franziskus habe sich „interessiert danach erkundigt, welche Gründe in den Niederlanden, in Frankreich und auch in Deutschland dazu führen, dass nationalpopulistische Parteien in den letzten Wahlen wachsende Akzeptanz erhalten haben“. „Ich habe darauf hingewiesen, dass das Wahlergebnis in Deutschland keine ganz einfache Interpretation zulässt- und dass die Interpretation, die nur zwischen Ost und West unterscheidet, bei weitem zu kurz greift.“
Bei einem „Blick auf die Landkarte“ zeige sich doch, dass es auch in einigen westdeutschen Regionen „signifikante Zustimmungs-Ergebnisse für die AfD gibt“. „Insofern wird man sich mit den Wahlergebnissen noch intensiver auseinandersetzen müssen… Doch in der Tat: Es gibt bei einigen derjenigen, die für die AfD votiert haben, offensichtlich auch den Eindruck, dass die bisherige Politik … nicht genügend schnell Defizite aus der Welt schafft, die als solche empfunden werden.“
Ansonsten habe das Thema Flucht und Migration bei dem Gespräch mit dem Papst „breiten Raum eingenommen“. „Er hat seinen Respekt vor der Art und Weise, wie Deutschland seine Verantwortung in der großen Flüchtlingskrise wahrgenommen hat, bekundet und hat seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, dass Deutschland sich nicht abwendet vor einem Problem, das uns (länger) begleiten wird.“
Vor allem Afrika sei dem Papst spürbar „ein Anliegen gewesen“. Franziskus hoffe, dass Deutschland für „europäische Solidarität“ sorge, damit mehr „für die Regionen Afrikas“ getan werde, „aus denen heute die Mehrzahl der Flüchtlinge stammt“. „In diesem Zusammenhang hat er auch darauf hingewiesen, dass Klimaveränderung und Umweltzerstörung eine neue Dynamik in die Flüchtlingsbewegung gebracht haben, und hat seiner Sorge Ausdruck verliehen, ob das Klimaschutzabkommen von Paris tatsächlich hält. Er hat auf seine Bemühungen hingewiesen, auch die Vereinigten Staaten von Amerika und den Präsidenten zu überzeugen, hier nichts zu tun, was einer Erosion dieser so mühsam zustande gekommenen Vereinbarung Vorschub leistet!“
Weiteres Thema zwischen Papst und Präsident: die Rolle von Kirchen und Religionsgemeinschaften in internationalen Konflikten. Er habe den Papst gedrängt, noch mehr zur „Entschärfung“ großer Konflikte zu tun, erklärte Frank-Walter Steinmeier. „Hier in Rom und Italien schaut man natürlich besonders auf den Konflikt in Libyen, wo wir noch weit weg sind von einer Lösung, die dem Land wieder Frieden und Ruhe bringt.“ Da sprach auch – Rollenwechsel sind immer etwas Kompliziertes – der frühere Außenminister aus dem deutschen Staatschef.
„Abschließend haben wir auch über das Verhältnis von evangelischer und katholischer Kirche gesprochen. Ich habe nochmals meine persönliche Auffassung bekundet, dass das Potential für Ökumene bei weitem nicht ausgeschöpft ist, und dazu ermutigt, auch mit Hilfe Roms und des Papstes weitere Schritte in Richtung auf mehr Ökumene zu leisten.“
Ob er Franziskus denn auch nach Deutschland eingeladen habe, wollte ein Journalist vom Präsidenten wissen. Der gab darauf die kürzeste aller Antworten: „Nein. Heute nicht.“
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