Papst an junge Leute: Träumt vom Frieden!
Mario Galgano und Salvatore Cernuzio - Vatikanstadt
Franziskus zitierte Borges und den heiligen Franziskus von Assisi, nannte dann ein Ziel, nämlich „Dichter des Friedens“ zu sein, und zwei Vorbilder, denen man folgen sollte: den heiligen Papst Johannes XXIII. und Martin Luther King, zwei Träumer, zwei Propheten. Der Papst traf in der Audienzhalle etwa 6.000 Schüler und Lehrer, die an dem vom Nationalen Netzwerk der Schulen für den Frieden geförderten Treffen zur Erziehung zum Frieden und zur Fürsorge teilnahmen. Die Audienz beim Papst war der Höhepunkt einer Reihe von Aktivitäten und Bildungsinitiativen, die mit dem Perugia-Assisi-Marsch im Mai nächsten Jahres enden werden, bei dem die Ergebnisse der Arbeit und die Vorschläge der Jungen und Mädchen vorgestellt werden.
Die Bedeutung der Fürsorge
Alle waren an diesem Montag in der großen - fast vollständig besetzten - Vatikanhalle versammelt, um den Papst zu begrüßen, der eine halbe Stunde früher als geplant eintraf. Es gab viele Reden und Zeugnisse, musikalische Momente, abwechselnd mit Schweigeminuten für die Opfer von Konflikten und der Flüchtlinge, die im Mittelmeer sterben. Viele Appelle sprachen sich dafür aus, „den Krieg abzulehnen“ und den Frieden zu fördern. Ein Friede, der dadurch entstehe, „dass wir uns um unsere Brüder und Schwestern kümmern“, sagte Papst Franziskus in seiner Rede, wobei er sich auf das Motto der Veranstaltung, „Für den Frieden mit Fürsorge“, bezog:
„Wir sprechen oft vom Frieden, wenn wir uns direkt bedroht fühlen, wie im Falle eines möglichen Atomangriffs oder eines Krieges vor unserer Haustür. Genauso, wie wir uns für die Rechte von Migranten interessieren, wenn wir einen Verwandten oder Freund haben, der ausgewandert ist. In der Tat, der Frieden betrifft uns immer! Da geht es immer um den anderen, den Bruder und die Schwester, und um den und die muss man sich kümmern.“
Eine Antwort auf den Globalen Bildungspakt
Der Papst lobte das Bildungsprogramm der Schulen für den Frieden, das, wie er anmerkte, eine Antwort auf den vor drei Jahren gestarteten Aufruf zu einem globalen Bildungspakt darstelle. Dieser Pakt richtet sich mit der Aufforderung an alle im Bildungsbereich Tätigen, sich zu „Förderern“ der Werte der Fürsorge, des Friedens, der Gerechtigkeit, des Guten, der Schönheit und der Geschwisterlichkeit zu machen. Der Aufruf, so stellte Franziskus erfreut fest, wurde und wird nicht nur von katholischen Schulen, Universitäten und Organisationen, sondern auch von öffentlichen, weltlichen und anderen religiösen Einrichtungen aufgegriffen.
Das sei auch der Schlüssel, sagte der Papst: sich zu vereinen, gemeinsam voranzugehen. „Selbst in unserer Zeit können wir auf gültige Zeugnisse von Menschen oder Institutionen stoßen, die sich für den Frieden einsetzen und sich um die Bedürftigen kümmern“, so der Papst.
Das Modell des barmherzigen Samariters
Franziskus verwies auf den barmherzigen Samariter aus dem Evangelium, der einen verletzten Fremden auf der Straße rettete, als das „Modell par excellence der Fürsorge“: „Er wusste nicht, ob der Unglückliche ein guter Mensch oder ein Schurke war, ob er reich oder arm, gebildet oder ungebildet war... Er wusste nicht, ob das Unglück 'selbstverschuldet' war oder nicht. Im Evangelium heißt es: ,Er sah ihn und hatte Mitleid mit ihm´, also stellte er sich nicht so viele Fragen, sondern folgte der Bewegung des Mitleids.“
Pacem in Terris lesen
Neben dem Samariter gebe es zwei weitere Figuren, die der Papst als „wahre Zeugen“ bezeichnete. Der erste ist der heilige Johannes XXIII.:
„Man nannte ihn den ,gutherzigen Papst´ und auch den ,Friedenspapst´, weil er in jenen schwierigen Anfängen der 1960er Jahre, die von starken Spannungen geprägt waren - dem Bau der Berliner Mauer, der Kuba-Krise, dem Kalten Krieg und der atomaren Bedrohung -, die berühmte und prophetische Enzyklika Pacem in Terris veröffentlichte. Nächstes Jahr gibt es sie 60 Jahre, und sie ist immer noch äußerst zeitgemäß!“
Papst Johannes XXIII., sagte Franziskus über seinen Vorgänger, „wandte sich an alle Menschen guten Willens und rief zur friedlichen Lösung aller Kriege durch Dialog und Abrüstung auf“. Seine Worte seien ein Appell, der weit über die katholische Gemeinschaft hinaus in der Welt große Beachtung fand, denn er hatte ein Bedürfnis der gesamten Menschheit erkannt, das auch heute noch bestehe, so Franziskus. „Deshalb lade ich Sie ein, Pacem in Terris zu lesen und zu studieren und diesem Weg zur Verteidigung und Verbreitung des Friedens zu folgen.“
Aus jenen Jahren stamme auch das Zeugnis eines „anderen Propheten unserer Zeit“, Martin Luther King, Friedensnobelpreisträger von 1964, der die historische Rede „I have a dream“ hielt. Dazu Franziskus:
„In einem US-amerikanischen Kontext, der stark von Rassendiskriminierung geprägt war, hatte er jeden mit der Idee von einer Welt der Gerechtigkeit, Freiheit und Gleichheit zum Träumen gebracht. Er sagte: ,Ich habe einen Traum: dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einem Land leben werden, in dem sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach der Würde ihrer Person beurteilt werden´.“
Träume von Lissabon
Das sei Kings Traum gewesen, erläuterte der Papst: „Was ist euer Traum für die Welt von heute und morgen?“, fragt er dann die jungen Leute. Und er ermutigte sie, wie Johannes XXIII. und Martin Luther King, „große Träume zu haben“. In diesem Sinne erneuert Franziskus die Einladung zur Teilnahme am Weltjugendtag in Lissabon im August 2023:
„Diejenigen von euch, die kommen können“, betont er, „werden sich mit vielen anderen Jungen und Mädchen aus der ganzen Welt treffen, die alle durch den Traum der Geschwisterlichkeit vereint sind, der auf dem Glauben an den Gott des Friedens, den Vater von Jesus Christus und unseren Vater beruht. Und wenn ihr nicht physisch kommen könnt, lade ich euch trotzdem ein, ihm zu folgen und teilzunehmen, denn mit den heutigen Mitteln ist dies möglich.“
Dichter des Friedens
Zum Abschluss der Audienz wünschte Papst Franziskus allen „eine gute Reise durch die Adventszeit“: „Eine Reise, die aus vielen kleinen Gesten des Friedens besteht, jeden Tag: Gesten des Willkommens, der Begegnung, des Verständnisses, der Nähe, der Vergebung, des Dienstes... Gesten, die mit dem Herzen gemacht werden“, so der Papst. Schließlich zitierte er den Dichter Borges, wenn er „eines seiner Gedichte mit den Worten beendet, oder besser gesagt, nicht beendet: Ich möchte danken... für Whitman und Franz von Assisi, die dieses Gedicht bereits geschrieben haben, für die Tatsache, dass dieses Gedicht unerschöpflich ist und sich mit der Summe der Geschöpfe vermischt und niemals die letzte Strophe erreichen wird und sich je nach den Menschen verändert“.
„Möget auch ihr“, so der Wunsch des Papstes, „die Einladung des Dichters annehmen, sein Gedicht fortzusetzen, wobei jeder das hinzufügt, wofür er ihm danken möchte. Möge jeder von euch ein Dichter des Friedens werden! Dichter des Friedens, verstanden?“
Mit musikalischer Untermalung fuhr der Papst am Ende der Audienz im Rollstuhl an den anwesenden Kindern und Jugendlichen vorbei, die, nachdem sie Transparente und Plakate geschwenkt hatten, mit ihrem Smartphone versuchten, ihre Begegnung mit dem Bischof von Rom zu verewigen.
(vatican news)
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