Papst Franziskus: Die argentinische OP-Narbe von 1980
Vatican News
Alfieri hatte den Papst bereits 2021 am Darm operiert. In den detaillierten Informationen, die er den wartenden Journalisten nach der geglückten OP am Mittwoch, 7. Juni, gab, erklärte er den Ursprung der „eingeklemmten Laparozele“ und der Verwachsungen, die Franziskus zunehmende Schmerzen und Unbehagen bereiteten, mit „Narben von früheren Operationen in den vergangenen Jahren“. Bei einer erneuten Begegnung mit der Presse am Samstag hatte Alfieri die vorhergehenden Operationen des Papstes noch genauer erläutert.
Fünf Operationen
Demnach hat sich Jorge Mario Bergoglio mittlerweile fünf Operationen unterzogen: drei während seiner Zeit in Argentinien und zwei als Papst, und zwar im Gemelli-Krankenhaus: die Entfernung eines Darmstücks mit Divertikeln im Juli 2021 und die Operation am vergangenen Mittwoch. Aus den Worten des Chirurgen geht hervor, dass die Laparozele (ein Bruch, der sich auf einer Narbe einer früheren Operation bildet und durch den bei seiner Vergrößerung beispielsweise Darm- oder Teile der inneren Bauchhöhle „eingeklemmt“ werden können, was verschiedene Komplikationen verursacht) nicht mit der Operation vor zwei Jahren in einem anderen Bereich des Darms zusammenhängt, sondern mit früheren Operationen.
Die Operation an der Lunge
Demnach wurde dem späteren Papst in Jugendzeiten der Blinddarm entfernt, was bereits gewisse Verwachsungen im Bauchraum verursacht hat. Einige Jahre später wurde er dann operiert, um die „Echinokokkus-Zyste“ auf der Lunge des jungen Bergoglio zu entfernen. Für das ursprünglich in Argentinien erschienene Buch „La salud de los Papas“ („Die Gesundheit der Päpste“) hat der Arzt und Journalist Nelson Castro Franziskus zu seiner medizinischen Vorgeschichte befragt. So erinnert sich der Papst an den Vorfall, der sich ereignete, als er ein 21 Jahre alter Priesteramtskandidat war: „Es war im August 1957. Ich befand mich im zweiten Jahr des Seminars Villa Devoto. In jenem Winter hatte sich eine starke Grippe-Epidemie ausgebreitet und viele Seminaristen waren infiziert. Auch ich war betroffen. Aber in meinem Fall entwickelte sich die Situation auf kompliziertere Weise. Während sich meine Kameraden in wenigen Tagen ohne Folgen erholten, litt ich weiterhin an anhaltendem Fieber.“
Jorge Mario wurde in das syrisch-libanesische Krankenhaus gebracht, wo Dr. Zorraquín, ein bekannter Lungenfacharzt, drei Zysten im oberen Lappen der rechten Lunge feststellte. Außerdem lag ein Pleuraerguss vor, der Schmerzen und Atembeschwerden verursachte. Nach einer monatelangen Behandlung, um den Erguss zu beseitigen, entschied sich der Arzt für eine Operation, bei der ein Stück der Lunge entfernt wurde.
„Es war eine große Operation“, erinnert sich Papst Franziskus. Und weiter: „Sie sagten mir, sie hätten mit einem Retraktor operiert... und dass es notwendig sei, viel Kraft anzuwenden. Als ich aus der Narkose erwachte, hatte ich starke Schmerzen. Auch der postoperative Verlauf war schmerzhaft. Ich hatte eine Drainage an eine Unterdruckkanüle angeschlossen, so dass beim Öffnen der Kanüle ein Saugeffekt entstand. Dies bereitete mir große Schmerzen, ebenso wie die Spülungen mit Kochsalzampullen, die mir der Chirurg jeden Morgen während des Verbindens verabreichte. Dies waren die schwierigsten Aspekte. Meine Mutter und mein Vater waren sehr beunruhigt und ängstlich. Jedes Mal, wenn meine Mutter ins Krankenhaus kam, umarmte sie mich und brach in Tränen aus“.
Die Operation verlief jedoch erfolgreich, und Bergoglio litt nach eigenen Angaben nicht unter den Folgen. „Ich habe nie Müdigkeit oder Atemnot gespürt“, verrät der Papst in dem Interview, das im Buch von Nelson Castro veröffentlicht wurde. „Die Ärzte erklärten mir, dass sich die rechte Lunge so weit ausgedehnt hatte, dass sie den gesamten ipsilateralen Hemithorax einnahm. Die Ausdehnung war so vollständig, dass nur ein erstklassiger Lungenspezialist das Fehlen des entfernten Lappens feststellen kann, wenn er nicht vorher darüber informiert wurde“.
Diskussion im Konklave
Genau diese Lungenoperation wurde übrigens auch am letzten Tag des Konklaves im März 2013 diskutiert, als die Kardinäle die Gesundheit des Erzbischofs von Buenos Aires in Frage stellten. Das berichtete später Kardinal Óscar Andrés Rodríguez Maradiaga, der damalige Erzbischof von Tegucigalpa, der von den Gerüchten erfahren hatte und den Betroffenen darauf ansprach, öffentlich.
Schwere OP an der Gallenblase
Die von Professor Alfieri erwähnte weitere Operation im Bauchraum ist hingegen jüngeren Datums (1980) und betrifft die Gallenblase von Bergoglio, der zu diesem Zeitpunkt die 40 überschritten hatte. Er selbst erzählt auch in Bezug auf diese OP in dem von Nelson Castro herausgegebenen Buch erzählt, was geschehen ist:
„Es geschah, als ich Provinzoberer der Jesuiten war. Es war Mittagszeit und ich war dabei, die Suppe zu reichen. Plötzlich hatte ich einen scharfen und sehr starken Schmerz im Rücken, der mich bewegungsunfähig machte. Einen Moment lang war es mir unmöglich, mich zu bewegen. Ich musste meine Arbeit unterbrechen und mich hinsetzen. Angesichts der Schmerzen, die ich litt, nahm ich ein Beruhigungsmittel. Ich dachte, es sei ein muskuläres Problem. Tatsächlich aber vergingen Stunden, und die Schmerzen ließen nicht nach. Ich beschloss, einen Arzt aufzusuchen. Der untersuchte mich und führte eine Reihe von Tests durch, um vor allem meine Gallenblase und meine Nieren zu untersuchen. Zunächst zeigten sie nichts Abnormales. Man vermutete, dass es sich um Nieren- oder Gallensteine handeln könnte, aber die Tests für diese Krankheiten fielen negativ aus. Da die Schmerzen anhielten, beschloss der Arzt, mich zu einem Chirurgen zu schicken, der nach einer Untersuchung eine Cholezystographie zur weiteren Abklärung anordnete. Leider musste die Untersuchung abgebrochen werden, weil ich mittendrin eine allergische Reaktion auf Jod bekam. Diese Tatsache und die Hartnäckigkeit des Krankheitsbildes veranlassten den Chirurgen, mir mitzuteilen, dass ich dringend operiert werden müsse. Und das war noch nicht alles: Er fügte hinzu, dass es sich um eine riskante Operation handele, weil er nicht wisse, was er vorfinden würde, wenn er den Bauchraum öffne.“
Allerdings habe er verstanden, dass der Ernst der Lage „keine andere Wahl ließ“, so Franziskus weiter. „Also sagte ich ihm, er solle weitermachen. In diesem Moment empfahl ich mich Gott, der mir half, der Operation mit absoluter Gelassenheit zu begegnen. Später erfuhr ich, dass die Operation wirklich schwierig und riskant gewesen war und dass es sich um eine Gallenblasenentzündung handelte, die glücklicherweise rechtzeitig erkannt worden war.“ Nur „ein Tag mehr und Ihr Zustand wäre sehr ernst geworden“, habe ihm der Chirurg erklärt. „Glücklicherweise verlief der postoperative Verlauf ohne Komplikationen und ich erholte mich vollständig“.
Narben blieben
Bereits bei dieser Operation, die wegen einer „geplatzten Gallenblase“ erfolgte, die schließlich zu einer Bauchfellentzündung führte, habe der damalige Chirurg Verwachsungen von der Blinddarm-OP festgestellt, erläuterte der Chirurg Sergio Alfieri nun vor Medienschaffenden; an den Narben dieser vorangehenden Operationen habe sich dann die Laparozele gebildet, die den aktuellen Eingriff nötig machte. Wie Alfieri betonte, habe dieser Riss im Bauchraum bereits die Operation im Jahr 2021 beeinflusst, allerdings habe man damals entschieden, sie nicht operativ zu behandeln, da der Papst keine Probleme deswegen hatte. Doch nach dem Eingriff am Darm habe sich dann die alte Laparozele vergrößert, bis sie starke Schmerzen verursachte und ein Eingreifen nötig wurde.
Bei dem Chirurgen, der Bergoglio damals operierte, handelte es sich um Dr. Juan Carlos Parodi, der später in der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Herz- und Gefäßchirurgie bekannt wurde. Professor Parodi erklärte: „Damals herrschte der Konsens, dass große Operationen mit großen Schnitten verbunden sind. Die Ära der laparoskopischen Chirurgie war noch nicht angebrochen. Ich machte also einen Schnitt vom Oberbauch bis zur Leiste.... Nach einer mühsamen Untersuchung fanden wir die Ursache des Problems: einen Stein, der im Gallengang steckte. Mit großer Sorgfalt entfernte ich dann die gesamte Gallenblase, deren Wände straff und hart waren, und nachdem ich die Entfernung abgeschlossen und mich vergewissert hatte, dass sich keine Steine in anderen Bereichen des Gallengangs befanden, machte ich mich daran, die Darmverwachsungen zu entfernen und die gesamte Bauchhöhle zu reinigen, eine Arbeit, die über eine Stunde in Anspruch nahm. Damit war die Operation beendet. Wir führten eine verstärkte Naht durch, eine so genannte ,Matratzennaht‘, um den Wundverschluss zu gewährleisten, und ließen zwei Drainagen an Ort und Stelle. Es war eine große und riskante Operation. Glücklicherweise gab es keine postoperativen Komplikationen.“
Im April 2014 war Parodi zu einem medizinischen Kongress in London, als ihn die Nachricht erreichte, dass Franziskus ihm eine Privataudienz gewährt hatte. „Sobald er Santa Marta betrat“, berichtete der Arzt unmittelbar nach dem Treffen, „sagte er strahlend zu mir: ,Juan Carlos, du siehst genauso aus wie damals, als ich dich in jener Nacht sah, als ich das Gefühl hatte, dass ich sterben würde, und du mir das Leben gerettet hast. Ich werde dein Gesicht nie vergessen, denn als ich es sah, ging es mir gleich besser‘.“
(vatican news - at/cs/gs)
Letzte Aktualisierung 26.6.2023
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