Papst trifft mongolische Religionsführer: „Gemeinsam unterwegs“
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Dass ein Papst auf Auslandsreise auch Buddhisten, Muslimen und Juden seine Aufwartung macht, ist normal. Doch sein Termin am Sonntagmorgen sprengte den Rahmen des Üblichen: Gemeinsam mit Franziskus saßen die Vertreter von elf Religionen und Konfessionen mit auf dem Podium – eine rekordverdächtige Zahl.
Man konnte sich an die Weltgebetstreffen der Religionen von Assisi erinnert fühlen. Dem widersprach allerdings das Setting, eine Halle nämlich, die der traditionellen mongolischen Zeltbehausung, der Jurte, nachempfunden ist. Mehrere Redner, darunter der Papst, lobten die Jurte denn auch fleißig als Symbol des Miteinanders.
Ein buddhistischer Abt begrüßte den Gast aus Rom mit einem Bekenntnis zum interreligiösen Dialog und mit der Einschätzung, dass alle großen Weltreligionen ihren Unterschieden zum Trotz doch ein gemeinsames Ziel hätten, nämlich „das Wohl der Menschheit“. „Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses historische interreligiöse Treffen der traditionellen Religionen Menschen verschiedener religiöser Traditionen dazu inspirieren wird, harmonisch zum Wohle der gesamten Menschheit zusammenzuarbeiten.“ Der Vertreter der mongolischen Mehrheitsreligion schloss poetisch: „Mögen alle fühlenden Wesen glücklich sein!“
Nur eine Frau auf dem Podium
In die gleiche Kerbe schlugen denn auch die übrigen Religionsführer, darunter Vertreter von Schamanismus, Bahai, Evangelikale, Adventisten und (die einzige Frau auf dem Podium!) Mormonen. Auch der Rektor der einzigen orthodoxen Kirche der Mongolei – sie gehört zum Moskauer Patriarchat – kam zu Wort. Der Shinto-Vertreter sang auf Japanisch ein kurzes Gebet für den Weltfrieden. Selten wird innerchristliche und interreligiöse Harmonie so zwanglos sichtbar wie an diesem Sonntagmorgen in der Mongolei.
Papst zitiert buddhistische Schriften
Papst Franziskus verbeugte sich vor seinen Gastgebern, indem er Mahatma Gandhi und buddhistische Schriften zitierte. Dann holte er zu einer Meditation über die zwei „grundlegenden Dimensionen des menschlichen Lebens“ aus; damit meinte er „die irdische, die aus den Beziehungen zu den Anderen besteht, und die himmlische, die aus der Suche nach dem Anderen besteht, der uns übersteigt“.
Die Mongolei mit ihrem weiten Himmel und ihrer dünn besiedelten Landschaft erinnere alle Menschen an die Notwendigkeit, „den Blick nach oben zu richten, um auf Erden den rechten Weg zu finden“. Da konnte, wer wollte, einen Anklang an die Rede heraushören, die der Papst vor zwei Jahren bei seiner Irakreise während einer interreligiösen Begegnung in Ur, der Stadt Abrahams, gehalten hat.
„Die Tatsache, dass wir am selben Ort beisammen sind, ist bereits eine Botschaft: Die religiösen Traditionen stellen in ihrer Originalität und Verschiedenheit ein großartiges Potenzial an Gutem im Dienste der Gesellschaft dar. Würden die Verantwortungsträger der Nationen den Weg der Begegnung und des Dialogs mit den Anderen wählen, so wäre dies ein entscheidender Beitrag zur Beendigung der Konflikte, die fortwährend Leid über viele Völker bringen.“
Das Erbe der Weisheit
Der Papst lobte den in Asien geläufigen Begriff der Harmonie und fragte spitz: „Wer ist mehr als die Gläubigen dazu berufen, sich für die Harmonie zwischen allen einzusetzen?“ Diesen Satz wird man vielleicht auch im 1.100 km entfernten Peking aufmerksam studieren. „Die Religionen haben die Aufgabe, der Welt diese Harmonie zu geben, die der technische Fortschritt allein nicht bieten kann… Asien hat in dieser Hinsicht sehr viel zu geben, und die Mongolei, die im Herzen dieses Kontinents liegt, hütet ein großes Erbe an Weisheit.“
Das fasste Franziskus auch noch konkreter: Respekt gegenüber Älteren, Sorge um die Umwelt, Wert der Stille, Gastfreundschaft – all das gehöre zu dem von ihm aufgerufenen „Erbe der Weisheit“. Die Verantwortung der Religionen sei allerdings „groß, besonders in dieser Stunde der Geschichte“: „Unser Verhalten soll die Lehren, die wir bekennen, durch Taten bekräftigen; sie dürfen ihnen nicht widersprechen und so Anstoß erregen. Keine Vermengung, also, von Glaube und Gewalt, von Heiligkeit und Zwang, von Glaubensweg und Sektierertum.“
Dialog und Verkündigung widersprechen sich nicht
Der Papst hatte aber auch eine Ansage an Christen, denen der interreligiöse Dialog zu weit geht. Dialog stehe „nicht im Widerspruch zur Verkündigung“, er ebne die Unterschiede nicht ein, sondern helfe vielmehr, sie zu verstehen. „Wir haben einen gemeinsamen Ursprung, der allen die gleiche Würde verleiht, und einen gemeinsamen Weg, den wir nur zusammen gehen können, da wir unter ein und demselben Himmel wohnen, der uns erleuchtet und umhüllt.“
(vatican news – sk)
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