Papstpredigt bei der Messe für verstorbene Kardinäle: Wortlaut

Hier können Sie im Wortlaut die Predigt nachlesen, die Papst Leo XIV. bei der Messe zum Gedenken an den verstorbenen Papst Franziskus und die im Lauf des Jahres verstorbenen Kardinäle und Bischöfe gehalten hat.

Liebe Brüder, Kardinäle und Bischöfe,
Liebe Brüder und Schwestern,

Heute erneuern wir den schönen Brauch, anlässlich des Gedenktages aller verstorbenen Gläubigen die Eucharistie zum Gedenken an die Kardinäle und Bischöfe zu feiern, die uns im vergangenen Jahr verlassen haben, und wir bringen sie mit großer Zuneigung für die auserwählte Seele von Papst Franziskus dar, der verstorben ist, nachdem er die Heilige Pforte geöffnet und Rom und der Welt den österlichen Segen erteilt hatte. Dank des Heiligen Jahres erhält diese Feier – für mich die erste – einen besonderen Geschmack: den Geschmack der christlichen Hoffnung.

Das Wort Gottes, das wir gehört haben, erleuchtet uns. Zunächst einmal tut es dies mit einer großen biblischen Ikone, die, so könnte man sagen, den Sinn dieses ganzen Heiligen Jahres zusammenfasst: die Erzählung des Lukas von den Jüngern von Emmaus (Lk 24,13-35). Darin wird anschaulich die Pilgerreise der Hoffnung dargestellt, die durch die Begegnung mit dem auferstandenen Christus führt. Ausgangspunkt ist die Erfahrung des Todes, und zwar in seiner schlimmsten Form: der gewaltsame Tod, der den Unschuldigen tötet und Hoffnungslose, Entmutigte und Verzweifelte zurücklässt. Wie viele Menschen – wie viele „Kleine“! – erleiden auch in unserer Zeit das Trauma dieses schrecklichen Todes, weil er durch die Sünde entstellt ist. Zu diesem Tod können und dürfen wir nicht „laudato si’” sagen, denn Gott Vater will ihn nicht und hat seinen Sohn in die Welt gesandt, um uns davon zu befreien. Es steht geschrieben: Christus musste diese Leiden erdulden, um in seine Herrlichkeit zu gelangen (vgl. Lk 24,26) und uns das ewige Leben zu schenken. Er allein kann diesen verdorbenen Tod auf sich nehmen und in sich tragen, ohne selbst verdorben zu werden. Er allein hat Worte des ewigen Lebens (vgl. Joh 6,68) – wir bekennen dies voller Ehrfurcht hier in der Nähe des Grabes des heiligen Petrus –, und diese Worte haben die Kraft, den Glauben und die Hoffnung in unseren Herzen neu entflammen zu lassen (vgl. V. 32).

Bei der Messe
Bei der Messe   (@Vatican Media)

Als Jesus das Brot in seine Hände nimmt, die ans Kreuz genagelt worden waren, spricht er den Segen, bricht es und reicht es ihnen, es öffnen sich die Augen der Jünger, in ihren Herzen erwacht der Glaube und mit dem Glauben eine neue Hoffnung. Ja! Es ist nicht mehr die Hoffnung, die sie zuvor hatten und dann verloren. Es ist eine neue Wirklichkeit, ein Geschenk, eine Gnade des Auferstandenen: Es ist die österliche Hoffnung

So wie das Leben des auferstandenen Jesus nicht mehr das gleiche ist wie zuvor, sondern völlig neu ist, vom Vater mit der Kraft des Heiligen Geistes geschaffen, so ist auch die Hoffnung des Christen keine menschliche Hoffnung, weder die der Griechen noch die der Juden, sie gründet sich nicht auf die Weisheit der Philosophen oder auf die Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz hervorgeht, sondern einzig und allein auf der Tatsache, dass der Gekreuzigte auferstanden ist und Simon (vgl. Lk 24,34), den Frauen und den anderen Jüngern erschienen ist. Es ist eine Hoffnung, die nicht auf den irdischen Horizont blickt, sondern darüber hinaus, auf Gott, auf jene Höhe und Tiefe, aus der die Sonne aufgegangen ist, um diejenigen zu erleuchten, die in der Finsternis und im Schatten des Todes sitzen (vgl. Lk 1,78-79).

Bei der Messe
Bei der Messe   (@Vatican Media)

Dann können wir singen: „Gelobt seist du, mein Herr, für unsere Schwester, den leiblichen Tod.“ Die Liebe des gekreuzigten und auferstandenen Christus hat den Tod verwandelt: Er hat ihn von einem Feind zu einer Schwester gemacht, ihn gezähmt. Und angesichts des Todes trauern wir nicht „wie die anderen, die keine Hoffnung haben“ (1 Thess 4,13). Natürlich sind wir traurig, wenn ein geliebter Mensch uns verlässt. Wir sind empört, wenn ein Mensch, insbesondere ein Kind, ein „Kleiner“, ein Schwacher, durch eine Krankheit oder, schlimmer noch, durch menschliche Gewalt aus dem Leben gerissen wird. Als Christen sind wir aufgerufen, mit Christus die Last dieser Kreuze zu tragen. Aber wir sind nicht traurig wie diejenigen, die keine Hoffnung haben, denn selbst der tragischste Tod kann unseren Herrn nicht daran hindern, unsere Seele in seine Arme zu schließen und unseren sterblichen Leib, selbst den entstelltesten, in das Bild seines verherrlichten Leibes zu verwandeln (vgl. Phil 3,21).

Bei der Messe im Petersdom
Bei der Messe im Petersdom   (@Vatican Media)

Aus diesem Grund bezeichnen Christen Begräbnisstätten nicht als „Nekropolen“, also „Städte der Toten“, sondern als „Friedhöfe“, was wörtlich „Schlafstätten“ bedeutet, Orte, an denen man ruht und auf die Auferstehung wartet. Wie der Psalmist prophezeit: „In Frieden lag ich mich nieder und schlafe; denn du allein, Herr, lässt mich sorglos wohnen“ (Ps 4,9).

Meine Lieben, der geliebte Papst Franziskus und die Brüder Kardinäle und Bischöfe, für die wir heute das eucharistische Opfer darbringen, haben diese neue, österliche Hoffnung gelebt, bezeugt und gelehrt. Der Herr hat sie berufen und zu Hirten in seiner Kirche eingesetzt, und durch ihren Dienst haben sie – um es mit den Worten des Buches Daniel zu sagen – „viele zum rechten Tun geführt” (vgl. Dan 12,3), das heißt, sie haben sie mit der Weisheit, die von Christus kommt, der für uns Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung geworden ist (vgl. 1 Kor 1,30), auf den Weg des Evangeliums geführt. Mögen ihre Seelen von jedem Makel gereinigt werden und mögen sie leuchten wie Sterne am Himmel (vgl. V. 3). Und möge uns, die wir noch Pilger auf Erden sind, in der Stille des Gebets ihre geistliche Ermutigung erreichen: „Harre auf Gott, denn ich werde ihm noch danken, der Retter meines Angesichts und meinem Gott“ (Ps 42,6.12).

(vatican news)

 

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03. November 2025, 10:40