Papst Leo XIV. Papst Leo XIV.  (@Vatican Media)

Papst zum Weltfriedenstag: Frieden ist keine Utopie!

„Der Friede sei mit euch allen: hin zu einem ,unbewaffneten und entwaffnenden‘ Frieden“: Mit diesen programmatischen Worten von Leo XIV. aus seiner ersten Ansprache als Papst ist auch die Botschaft zum Weltfriedenstag 2026 überschrieben, die der Vatikan an diesem Donnerstag veröffentlichte. Darin warnt der Papst davor, Frieden als „Utopie“ abzutun, und prangert zunehmende Gewaltbereitschaft und Wettrüsten an, die „weit über das Prinzip der legitimen Verteidigung“ hinausgehen.

Als Datum der Unterzeichnung trägt die Botschaft den 8. Dezember 2025, das Hochfest der Unbefleckten Empfängnis Mariä. Der Weltfriedenstag wird weltweit am 1. Januar begangen, dem Hochfest der Gottesmutter.

In seiner Botschaft zu diesem Tag greift Leo XIV. nicht nur Ansätze aus seiner allerersten Ansprache als Papst auf, sondern entfaltet sie weiter, indem er unter anderem darauf hinweist, dass auch die Kommunikation und Bildungsprogramme mittlerweile von einer unkritischen Übernahme und Vermittlung von Bedrohungsszenarien durchdrungen seien, welche eine intensive allgemeine Wiederaufrüstung unausweichlich scheinen lassen. Außerdem unterstreicht er, dass der Einsatz für Frieden zwar nicht auf „Glaubende“ beschränkt sei, den Religionen jedoch eine besonders wichtige Rolle in der Vermittlung einer friedlichen Haltung zukomme. Scharf kritisiert Leo in diesem Zusammenhang den Missbrauch des Namens Gottes, um Gewalt zu rechtfertigen.

Die Regierenden nimmt er in die Pflicht, sich dem Dialog nicht zu verschließen und das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die zunehmenden technologischen Möglichkeiten zu einer „Delegation“ von Entscheidungen über Leben und Tod von Menschen führen, ebenso wie für die Tatsache, dass es gerade die konzentrierten Finanz- und Wirtschaftsinteressen einzelner Gruppierungen sind, die Staaten in diese Spirale der Zerstörung treiben. Eine Absage erteilt er jedoch der Haltung von Hoffnungslosigkeit, die das Fehlen von Frieden als selbstverständlich annimmt und somit auch Anstrengungen für den Frieden im Ansatz lähmt.

Seine mehrseitige Botschaft ist in drei Haupt-Abschnitte gegliedert: Zunächst entfaltet er die Nuancen des Ostergrußes Jesu „Der Friede sei mit dir!“, während er anschließend die politische und moralische Bedeutung der mittlerweile eng mit dem Pontifikat von Leo XIV. verbunden Worte vom „unbewaffneten“ und „entwaffnenden“ Friede erläutert.

„Der Friede sei mit dir!“

In Zeiten von Krieg, Angst und gesellschaftlicher Verunsicherung drohe das Licht des Friedens übersehen zu werden, räumt Leo in seiner Botschaft ein. Dennoch bleibe der Friede gegenwärtig, wolle „in den Herzen wohnen“ und besitze die sanfte Kraft, Gewalt zu widerstehen und sie zu überwinden. Doch während dem Bösen ein klares „Genug!“ entgegengerufen werde, trage der Friede eine Perspektive der Ewigkeit in sich, die der Auferstandene erschlossen habe, so Papst Leo, der in seiner Botschaft auch mehrfach den heiligen Augustinus zitiert.

Würdigend hebt Leo XIV. jene Menschen hervor, die inmitten globaler Konflikte – in einem von Papst Franziskus als „Dritten Weltkrieg in Stücken“ beschriebenen Kontext – wie „Wächter in der Nacht“ am Frieden festhalten. Zugleich warnt er in seiner aktuellen Botschaft davor, den Blick für das Licht zu verlieren. Wo Hoffnungslosigkeit, Angst und verzerrte Weltbilder überhandnähmen, werde der Friede als unrealistisch oder unerreichbar abgetan. Der heilige Augustinus habe die Christen jedoch dazu aufgerufen, eine innige Freundschaft mit dem Frieden zu schließen, ihn zuerst im eigenen Inneren zu bewahren und von dort aus weiterzugeben. „Ob wir nun über die Gabe des Glaubens verfügen oder ob uns scheint, dass wir sie nicht hätten, liebe Brüder und Schwestern, öffnen wir uns für den Frieden! Nehmen wir ihn an und erkennen wir ihn, statt ihn für fern und unmöglich zu halten“, so der Appell des Papstes.

Sich dem Frieden öffnen, unter allen Umständen

Dieser Weg müsse jedoch bewusst gewählt werden. Auch dort, wo Zerstörung und Verzweiflung dominieren, gebe es Menschen, die den Frieden leben und bezeugen. Wie der auferstandene Jesus durch verschlossene Türen zu den verängstigten Jüngern gelangte, so erreiche sein Friede auch heute durch die Stimmen und Gesichter seiner Zeugen die Welt. Diese Gabe ermögliche es, das Gute nicht zu vergessen und sich immer wieder neu dafür zu entscheiden.

Der unbewaffnete Friede

Ein zentraler Abschnitt widmet sich dem „unbewaffneten Frieden“ Jesu. In seinen Abschiedsworten mache Jesus deutlich, dass sein Friede grundlegend anders sei als der Friede der Welt, erinnert Leo in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag 2026. Die gewaltfreie Haltung Christi, die er bis zur Gefangennahme und zum Tod am Kreuz durchhielt, habe selbst seine Jünger verunsichert. Dennoch habe er sie aufgefordert, diesen Weg mitzugehen, und weise jede bewaffnete Verteidigung entschieden zurück: „Der Friede des auferstandenen Jesus ist unbewaffnet, weil sein Kampf unter ganz bestimmten historischen, politischen und sozialen Umständen unbewaffnet war“, erläutert Leo. Es sei Aufgabe der Kirche und ihrer Mitglieder, hiervon gemeinsam und prophetisch Zeugnis zu geben, auch im Bewusstsein eigener historischer Verstrickungen in Gewalt, so die Mahnung des Papstes.

Frieden ein unerreichbares Ideal?

In seinem Text beschreibt er weiter ein weit verbreitetes Gefühl der Ohnmacht angesichts zunehmender Unsicherheit in der Welt. Werde Frieden nur als unerreichbares Ideal betrachtet, erscheine es plötzlich legitim, Kriege zu führen, um Frieden zu schaffen, zeigt Leo einen nur allzu oft vernachlässigten logischen Widerspruch auf. Denn diese Denkweise führe zu einer Kultur der Aggressivität im privaten wie im öffentlichen Leben und präge zunehmend auch politische Strategien, so die besorgte Bestandsaufnahme des Kirchenoberhauptes.

Irrationale Logik der Abschreckung

Die Logik der Abschreckung – insbesondere der nuklearen Abschreckung – kritisiert Leo in Widerspruch zum derzeit herrschenden politischen Paradigma als irrational, da sie auf Angst statt auf Recht, Gerechtigkeit und Vertrauen gründe. Eindringlich wird auf die massiv steigenden weltweiten Militärausgaben hingewiesen sowie auf eine Bildungspolitik, die Bedrohungswahrnehmungen verstärkt und militärisches Denken normalisiert: „Statt einer Kultur der Erinnerung, die das im 20. Jahrhundert gewonnene Problembewusstsein bewahrt und die Millionen Opfer jenes Jahrhunderts nicht vergisst, werden Kommunikationskampagnen und Bildungsprogramme in Schulen und Universitäten sowie in den Medien vorangetrieben, die Bedrohungswahrnehmungen verbreiten und eine rein militärisch geprägte Vorstellung von Verteidigung und Sicherheit vermitteln”, legt der Papst den Finger in die Wunde.

Unbedingter Dialog

Demgegenüber wird der Weg des Dialogs als der wirksamste Weg zum Frieden bekräftigt. In diesem Zusammenhang zitiert er das Zweite Vatikanische Konzil und insbesondere Gaudium et spes, um auf die besondere Gefahr moderner Kriegführung hinzuweisen und die enorme Verantwortung politischer und militärischer Entscheidungsträger zu unterstreichen. Neue Bedrohungen entstünden zudem durch den Einsatz künstlicher Intelligenz im militärischen Bereich, der Entscheidungen über Leben und Tod zunehmend an Maschinen delegiere und damit grundlegende humanistische Prinzipien untergrabe, so die Mahnung des Papstes, der in seinem Text eindringlich ein Erwachen des Gewissens und des kritischen Denkens fordert und die Konzentration wirtschaftlicher Interessen anprangert, welche die Aufrüstung vorantreiben.

Wehrlosigkeit entwaffnet 

Im Abschnitt über den „entwaffnenden Frieden“ betont Papst Leo, dass Güte eine machtvolle und doch entwaffnende Kraft sei. Die Menschwerdung Gottes – seine Geburt als wehrloses Kind in Bethlehem – deutet er in seinem Text als radikales Zeichen des göttlichen Friedens, das mitten ins Herz des Menschen treffe. Denn besonders die Begegnung mit Schwachen, Verletzlichen und Kindern könne Herzen verwandeln und bestehende Machtlogiken infrage stellen, stellt Leo fest. Johannes XXIII. habe als erster die Perspektive einer „umfassenden Abrüstung“ eingeführt, die nur durch eine Erneuerung von Herz und Geist möglich sei. Wahrer Friede könne nicht durch militärisches Gleichgewicht entstehen, sondern allein durch gegenseitiges Vertrauen, zitiert Leo seinen Vorgänger, der mit seiner Enzyklika „Pacem in terris“ von 1963 einen wichtigen Beitrag zur Friedenstheologie geleistet hat.

Missbrauch des Namens Gottes „Blasphemie"

Den Religionen komme bei der Förderung von Frieden in der Tat eine besondere Verantwortung zu, gibt Leo weiter zu bedenken: Sie müssten verhindern, dass Gedanken, Worte oder der Name Gottes selbst zu Waffen werden. „Leider gehört es zunehmend zum derzeitigen Gesamtbild, dass Worte des Glaubens Einzug halten in politische Kämpfe, dass Nationalismus gepriesen wird und dass Gewalt und bewaffneter Kampf religiös gerechtfertigt werden. Die Gläubigen müssen diesen Formen der Blasphemie, die den heiligen Namen Gottes verdunkeln, aktiv entgegentreten, in erster Linie durch ihre Lebensweise“, fordert Leo.

Der Text verurteilt entschieden Nationalismus, religiös legitimierte Gewalt und den Missbrauch des Glaubens für politische Kämpfe. Stattdessen werden Gebet, Spiritualität, ökumenischer und interreligiöser Dialog sowie eine aktive Friedenspraxis eingefordert. Gemeinden sollten zu „Häusern des Friedens“ werden, in denen Dialog, Gerechtigkeit und Vergebung konkret gelebt werden: „Denn heute ist es mehr denn je nötig, durch aufmerksame und fruchtbare pastorale Kreativität zu zeigen, dass der Friede keine Utopie ist.”

Die politische Dimension des Friedens

Abschließend betont Leo in seiner Botschaft die nicht zur Verhandlung stehende politische Dimension des Friedens. Diplomatie, Vermittlung, Völkerrecht und die Stärkung supranationaler Institutionen werden als entwaffnende Wege beschrieben, die angesichts wachsender Machtungleichgewichte dringend erneuert werden müssen. „Gerechtigkeit und Menschenwürde sind heute mehr denn je den Machtungleichgewichten zwischen den Stärksten ausgesetzt. Wie kann man in einer Zeit der Destabilisierung und Konflikte leben und sich vom Bösen befreien?”, fragt der Papst. Fatalistische Haltungen, die Gewalt als unvermeidlich darstellen, seien letztlich eine perfide Strategie der Machterhaltung, lässt Leo mit einem Verweis auf Aussagen von Benedikt XVI. und dessen Nachfolger Franziskus durchblicken. Dieser Manipulation gelte es mit Aktivitäten zu begegnen, die in der Gesellschaft ein „entsprechendes Bewusstsein“, „Strukturen verantwortungsbewusster Vereinigungen, gewaltfreie Beteiligungsformen und eine Praxis wiederherstellender Gerechtigkeit“ förderten, „im Kleinen wie im Großen“, gibt Leo zu bedenken.

Gemeinsam für Frieden wirken

Mit einem hoffnungsvollen Wunsch kommt der Papst zum Ende seiner Botschaft: Das Heilige Jahr der Hoffnung, so Leo, solle die Menschen zu einer inneren Entwaffnung führen, auf die Gott mit der Erfüllung seiner Verheißungen antwortet. Es gelte, „unsere Kräfte (zu) bündeln“, damit wir „gemeinsam zu einem entwaffnenden Frieden beitragen“, der aus „Offenheit“ und „evangeliumsgemäßer Demut“ entstehe, so die zusammenfassende Einladung des Kirchenoberhauptes zum Weltfriedenstag 2026.

(vatican news - cs)

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18. Dezember 2025, 11:57