Papst Leo XIV. während des Treffens zum Jubiläum des Trostes am 15. September 2025. Papst Leo XIV. während des Treffens zum Jubiläum des Trostes am 15. September 2025.  (@Vatican Media)

Missbrauchsüberlebender: „Ich habe meine Wunde als ein Mittel des Handelns genutzt“

Beim „Jubiläum des Trostes“ am Montagabend im Petersdom hat Papst Leo XIV. auch Missbrauchsopfer getroffen. Unter den Pilgern war Francis, ein 77-jähriger Franzose, der im Alter von zehn Jahren von einem Priester missbraucht wurde. Jahrzehntelang schwieg er über die Tat – bis er sich 2014 seinem Bischof anvertraute.

Mario Galgano und Xavier Sartre - Vatikanstadt

„Er hörte meine Worte, er hörte mein Schweigen, er sah meine Tränen“, erinnert sich Francis. „Unser erstes Gespräch dauerte fast zwei Stunden. Einige Wochen später schickte er mich zu Fachleuten, damit ich Hilfe finde.“

„Das war meine erste Erfahrung von Trost.“

Für Francis war dieses Zuhören eine Erfahrung von Trost, die er mit der biblischen Parabel vom Barmherzigen Samariter verbindet. „Der Samariter kommt zurück, um den Verletzten wiederzusehen. Auch mein Bischof tat das. Ich traf ihn später auf der Straße, und er fragte: ‚Wie geht es Ihnen?‘ Das war meine erste Erfahrung von Trost.“

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Missbrauch im Kindesalter

Der Missbrauch begann, als Francis noch ein Kind war. Der Priester, der seine Beichten hörte, missbrauchte ihn über Jahre hinweg. Erst nach dem Tod seiner Mutter erzählte er auch seinen Kindern von der Vergangenheit. „Ich wollte nicht, dass meine Mutter davon erfährt“, sagt er.

Heute engagiert sich Francis aktiv in der Aufarbeitung: Er gab sein Zeugnis vor der unabhängigen Missbrauchskommission CIASE in Frankreich, sprach in Lourdes vor der Französischen Bischofskonferenz und wirkte an einem Dokument zur pastoralen Begleitung von Betroffenen mit.

„Man weint vielleicht seltener, aber die Wunde bleibt. Ich werde mit ihr sterben.“

Über Heilung spricht er zurückhaltend: „Man weint vielleicht seltener, aber die Wunde bleibt. Ich werde mit ihr sterben.“ Auch Vergebung fällt schwer. „Mein Täter ist tot, er hat sich das Leben genommen. Was bleibt, ist die kollektive Bitte um Vergebung der Kirche. Ich habe diesen Schritt anerkannt – aber die Wunde verschwindet nicht.“

Papst Leo XIV., der in seiner Ansprache beim Jubiläum des Trostes ebenfalls den Barmherzigen Samariter erwähnte, setzte mit der Begegnung ein Zeichen der Nähe und Anerkennung. Francis selbst beschreibt seine Haltung so: „Ich habe meine Wunde als ein Mittel des Handelns genutzt. Indem ich mich engagiere, will ich helfen, dass die Kirche vorankommt.“

 

Das Interview führt Xavier Sartre - Vatican News. 

(vatican news)

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17. September 2025, 12:34