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Einordnung: Was ist neu am zweiten Jahrensbericht

Im Bericht der Kinderschutzkommission werden Fortschritte, aber auch Herausforderungen in Ortskirchen weltweit bei dem Thema abgebildet. Was ist neu im zweiten Jahresbericht im Vergleich zur ersten Ausgabe? Ein Kollegengespräch.

Über die Besonderheiten des neuen Dokumentes der Päpstlichen Kinderschutzkommission sprachen Christine Seuß und Anne Preckel, die den Bericht studiert hat. Die Untersuchung ist die erste im Pontifikat von Papst Leo XIV. und wurde unter dem neuen Präsidenten der Kommission, Erzbischof Thibault Verny, herausgegeben. 

Es gab ja letztes Jahr schon einen ersten Bericht der Kinderschutzkommission, der eine erste globale Sicht auf das Thema bot. Jetzt hat der neue Papst Leo diesen zweiten Bericht erhalten. Gibt es in dem Dokument Neuerungen, Besonderheiten?

Die wichtigste Neuerung betrifft wohl die Quellen. Neben Befragungen der Bischofskonferenzen in Form von Fragebögen und Gesprächen werden im zweiten Bericht auch kirchenunabhängige Informationen einbezogen. Man stützt sich etwa auf Berichte von zivilgesellschaftlichen Organisationen und bezieht sich auf UNO-Erhebungen. Und vor allem hat man breiter und systematisch auch Missbrauchsüberlebende angehört. 40 Menschen aus vier Weltregionen wurden befragt, beim ersten Bericht war dieser Beitrag begrenzt. Die Kommission hat außerdem einen Leitfaden zu Wiedergutmachungsmaßnahmen vorgestellt und die wichtige Rolle der päpstlichen Nuntien in den verschiedenen Ländern beim Kinderschutz und Safeguarding betont.

Kollegengespräch über den Bericht der Kinderschutzkommission

Eine Vorstellung des Berichtes gab‘s heute auch bei einer Pressekonferenz im Vatikan. Was kann der Jahresbericht zum Kampf gegen Missbrauch beitragen?

Der Bericht, so hat das die Kinderschutzkommission betont, ist ein Instrument, eine Grundlage, um bei dem Thema in der Kirche gemeinsam weitere Fortschritte zu machen. Der Bericht ist nicht perfekt, er hat Grenzen, wie auch der Sekretär der Kinderschutzkommission Alí Herrera bei der PK einräumte. Aber man sieht das Bemühen der Kinderschutzkommission, diese Bestandsaufnahme immer mehr zu vervollständigen und authentischer zu machen. Dass Erfahrungen von Betroffenen vorkommen, weckt Empathie und rückt Bereiche in die Aufmerksamkeit, wo mehr getan werden muss – etwa beim Schutz verletzlicher Erwachsener. Was im Jahresbericht weniger berücksichtigt wird sind kulturelle Unterschiede: Nicht alle Länder sind überhaupt schon sprachfähig, jede Weltregion hat zugleich ihr eigenes Potential für Kinderschutz und Safeguarding, das eine solche Statistik allein nicht abbilden oder erschließen kann. Die Länderberichte sind je nach Datenlage und Maßnahmen, die ergriffen wurden, auch sehr heterogen.

Was passiert eigentlich, wenn eine Bischofskonferenz nicht auf den Fragebogen antwortet?

Dann wird das vermerkt im Bericht, und sie wird eingeladen, zu antworten. Ziel des Berichtes ist es wohl, nach und nach eine Art Gesamtbild der Weltkirche aufzuzeigen und ein Gespräch mit Ortskirchen über problematische Punkte zu beginnen. Es geht aber nicht nur um das Sammeln von Daten - wie viele Meldestellen habt ihr jetzt, welche Konferenzen gab es etc. Es soll auch Konsequenzen haben, wenn jemand mauert, vertuscht und damit weitere Menschen gefährdet. Darauf beziehen sich auch Empfehlungen der Kinderschutzkommission, die in dem neuen Bericht genannt werden, es brauche etwa Standards bei Rücktritten und in der Kommunikation über Missbrauch. Und es gibt ja auch kirchenrechtliche Mechanismen, mit denen Verfehlungen verschiedener Art unterbunden und geahndet werden können.

Die Kinderschutzkommission selbst sprach von einer Art „work in progress“. Wo ist dieses Tool ausbaufähig?

Ein solch groß angelegter Jahresbericht kann eigentlich nur lückenhaft sein, in globaler Sicht wie auch in den einzelnen Ländern selbst, wenn einige Initiativen referiert werden, andere nicht, wenn einige Kirchen antworten, andere nicht, wenn einige Betroffene gehört, andere noch nicht gehört wurden. Das Material, was zusammengetragen wird, ist sehr heterogen. Zu solchen Dingen gab es Anmerkungen und Fragen heute bei der PK, denen sich die Kommission gestellt hat. Die Reise gehe weiter, das ist ,work in progress', wurde signalisiert und versichert, die Kirche gehe an Seite der Betroffenen. Es geht sicher in die richtige Richtung, wenn Betroffene breiter gehört werden, wenn kirchenunabhängige Quellen berücksichtigt werden, wenn Forschung und Experten noch stärker einbezogen werden. Das wird laut Bericht auch angestrebt, eine solche akademische Vernetzung, um Safeguarding in der Weltkirche noch besser bewerten zu können.

(vatican news)

 

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16. Oktober 2025, 18:14