Jesuit Körner: Viele Muslime sehen Papstbesuch als Ehre
Dabei wüssten sie zwar, dass es nicht die vorrangige Absicht dieser Reise sei, unbedingt ein vom Islam geprägtes Land zu besuchen. „Trotzdem empfinden sie das als große Ehre“, so Körner am Mittwoch im Interview der Deutschen Welle (DW).
Nach Eindruck des Jesuiten, der auf Seiten der Kirche zu den wichtigsten Islamwissenschaftlern gehört, hat „der christlich-islamische Dialog in jüngster Zeit eine spannende neue Dynamik bekommen“. In vielen Ländern sei eine Generation junger Muslime herangewachsen, die deutlich empfinde, dass ihre politischen Führungspersönlichkeiten Religion und speziell den Islam für „Machterhaltungszwecke bis in die Brutalität hinein als Unrechtssystem-Stützung“ nutzten.
„Soft Power“ des Papstes
Für sie, sagt Körner, verkörpere Papst Leo XIV. eine „alternative Form religiöser Präsenz“. Er zeige, dass Religion auch „durch Soft Power“, durch Vorbildlichkeit oder gelebtes Zeugnis, gute Worte oder Diplomatie mächtig sein könne und nicht „durch Hard Power, Staatsmacht, Gewalt, Korruption“. Daraus, so Körner, schöpften eine ganze Reihe seiner muslimischen Bekannten neue Hoffnung, dass Religion anders als nur durch Politisierung gelebt werden könne. - Körner spricht Türkisch und lehrte einige Jahre in der Türkei.
Mit Blick auf den christlich-muslimischen Dialog rechnet der Jesuit damit, dass Leo XIV. in einer anderen Weise als sein Vorgänger Franziskus dessen Kurs der Annäherung an den Islam fortsetzen werde. „Der Ansatz von Papst Franziskus war der der Freundschaft“, so Körner. Er habe betont Sympathien gezeigt und sei über gelebten Austausch und gute Beziehungen zu muslimischen Akteuren weitergekommen. Das habe seine Reisen in die islamische Welt geprägt, so den Besuch in Abu Dhabi 2019 mit der weltweit beachteten Unterzeichnung eines Dokuments der beiderseitigen Verständigung.
„Strukturierter, vorsichtiger, besonnener“
Papst Leo XIV. habe zwar ähnliche Prioritäten, Hoffnungen und Wertvorstellungen wie Franziskus, so der Jesuit. Der neue Papst sei aber im Stil anders, findet Körner: „viel strukturierter, vorsichtiger, besonnener“. „Leo ist Kirchenrechtler. Das ist sehr gut. Er wird für dieses wachsende Verständnis zwischen muslimischen und christlichen Menschen nachhaltig Strukturen beleben und schaffen.“
Es sei genau richtig, dass nach einem vorpreschenden Papst wie Franziskus nun ein ganz anderer Typus von religiösem Oberhaupt komme, meint Körner; ein Papst, „der dieses Erbe nun in Formen gießt, die echte Nachhaltigkeit versprechen“ und so eine vertiefte Zusammenarbeit der Religionen möglich mache.
„Als Fremde wahrgenommen werden“
Dem Kölner Sender Domradio sagte Körner, viele Muslime wüssten erstaunlich wenig über das Christentum. Viele Getaufte sagten auch nicht jedem, dass sie Christen sind, weil sie gesellschaftliche Diskriminierung fürchteten, etwa bei der Jobsuche. Christen könnten „als Fremde wahrgenommen werden“, so der Jesuit. Vor dem Gesetz herrsche zwar Gleichberechtigung; im täglichen Leben könne es sich allerdings anders anfühlen.
Eine armenische Katholikin habe ihm einmal erzählt, dass ihre langjährige Nachbarin sie fragte: „Wann seid ihr eigentlich hierhergekommen?“ Die Muslima meinte, wer armenisch ist, könne nicht türkisch sein. Die Armenierin habe aber gesagt: „Wir waren schon vor euch hier.“
(kap – pr)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.