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Thomas Widmer, Kaplan der Päpstlichen Schweizer Garde Thomas Widmer, Kaplan der Päpstlichen Schweizer Garde 

Unser Sonntag: Herr, stärke unseren Glauben

In diesem Kommentar zum Evangelium von Kaplan Thomas Widmer geht es um die Haltung der Treue: Die demütige Treue im Kleinen des Alltags in der Arbeit, in der Familie, in der Freizeit. Jesus verlange nichts Außerordentliches, so der Geistliche der Schweizer Garde. Man müsse nur seiner eigenen Berufung und Aufgabe nachkommen.

Kaplan Thomas Widmer

Lk 17, 5-10

Unser Sonntag - zum Nachhören

Im elften Kapitel des Hebräerbriefes (Hbr 11, 1) finden wir eine Art Definition des Glaubens. Da heisst es in der Einheitsübersetzung: „Glaube aber ist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutage treten von Tatsachen, die man nicht sieht“. Wortwörtlich aus dem Lateinischen übersetzt, würde der Satz lauten: „Der Glaube ist die Substanz der Dinge, die man erhofft; Beweis für nicht Sichtbares.“

Glaube ist dauernde Verfasstheit des Geistes

Der grosse Theologe des Mittelalters, Thomas von Aquin (Summa Theologiae II-II ae, q. 4, a. 1.), kommentiert diesen Satz und unterstreicht, dass der Glaube eine dauernde Verfasstheit des Geistes ist, durch die das ewige Leben in uns beginnt und der den Verstand dahin bringt, solchem beizustimmen, was er nicht sieht. Der Begriff „Substanz“ drückt aus, dass durch den Glauben das, was uns verheissen ist, keimhaft anwesend ist. Das wiederum wird zur Gewissheit für die Wirklichkeit, die wir noch nicht sehen.

„Die Apostel bitten also darum, dass ihr Glaube so kraftvoll sei, dass er Frucht trägt.“

Nun aber, wenn die Apostel den Herrn bitten: „Stärke unseren Glauben“, dann gilt es noch etwas anderes zu beachten. Im Griechischen heisst es wörtlich: „Lege uns Glauben bei“. „Glauben“ steht hier interessanterweise nicht mit dem Artikel. Es geht hier also nicht so sehr um den seligmachenden Glauben, sondern um die Glaubenskraft, die der Herr dem Tun der Apostel beilegen soll. Die Apostel bitten also darum, dass ihr Glaube so kraftvoll sei, dass er Frucht trägt. Ihr Wunsch ist es, dass das Wort Gottes, das sie verkünden und ihr Wirken, reiche Frucht trägt. Sie wollen, dass dieses Wort so machtvoll und kraftvoll ist, dass es Wunder wirkt, dass es die Menschen so verwandelt, dass es in ihnen die göttliche Tugend des Glaubens, ja den seligmachenden Glauben erwirke.

Jesus nimmt ihre Bitte auf und vergleicht diesen Glauben mit dem Senfkorn. Das Senfkorn ist klein und unscheinbar, doch es beinhaltet eine Kraft, durch welche eine wunderbare, grosse und hohe Staude entsteht.

Senfkornglauben bewirkt Großes

Jesus sagt im Grunde den Aposteln: Mit einem Senfkornglauben, könnt ihr unermesslich Grosses bewirken. Jesus nennt dabei das Beispiel vom Maulbeerfeigenbaum, der durch die Glaubenskraft ins Meer verpflanzt werden kann: Theophylactus von Achrida (1088/92 – 1126) schreibt in seinem Kommentar zum Evangelium: „Der Herr aber bestätigt, dass sie (die Apostel) eine gute Bitte geäussert haben, und dass ihr Glaube Bestand haben müsse; deswegen zeigt er ihnen, was der Glaube vermag. Es sind zwei große Wunder: dass etwas in der Erde Verwurzeltes seinen Platz verlässt, und dass etwas im Meer gepflanzt wird“.
Die Worte Jesu vom Senfkornglauben gelten den Aposteln im Zusammenhang mit ihrem Wirken und Leben. Sie gelten aber auch den Menschen aller Jahrhunderte. In allen Jahrhunderten bewirkte der Glaube Unerhörtes: Einmal erzählte mir ein Augenzeuge, dass Mutter Teresa den zahlreichen Bedürftigen aus einem grossen Suppentopf schöpfte. Es war aber eindeutig absehbar, dass die Suppe nicht für alle reichen würde. Was geschah?

„Je mehr Mutter Teresa schöpfte, die Suppe ging nicht aus.“

Was niemand für möglich hielt, traf ein: aus demselben Topf bekam jeder genug Suppe. Je mehr Mutter Teresa schöpfte, die Suppe ging nicht aus. Selbstverständlich handelt es sich hier um etwas Ausserordentliches. Es diente jedoch dazu, dass die Umstehenden noch tiefer die Allmacht und Barmherzigkeit Gottes erfahren konnten, dass sie Gott lobten, dass ihr Glaube und ihre Verbundenheit mit Gott gestärkt wurden. Was für eine Haltung aber, sollen die Apostel haben? Was müssen die Apostel tun, damit der Glaube so wirksam wird, damit seine Kraft sich entfaltet? Um auf diese Frage zu antworten, wenden wir uns dem zweiten Teil des Evangeliums zu. 

Die Haltung der Apostel: Demut

Jesus bringt hier einen Vergleich. Er vergleicht die Apostel mit den Sklaven, die am Tisch ihres Herrn dienen. Ein Sklave war von seinem Herrn völlig abhängig. Er war Leibeigentum und hatte keinerlei Rechte. Natürlich sieht Jesus seine Jünger nicht als Sklaven an. Trotzdem ist für die Lehre, die Jesus erteilen möchte, das Bild nützlich. Er sagt: „Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan“(Lk17,10). Das sollen auch die Apostel sagen, wenn sie das Wort wirkmächtig verkünden.
Die Haltung der Apostel ist erstens die Haltung der Demut. Sie müssen sich bewusst werden, dass es immer der Herr ist, der wirkt. Sie können sich niemals selbst zuschreiben, wenn durch die Kraft des Senfkornglaubens Dinge gewirkt werden, wo die Ausbreitung des Reiches Gottes sichtbar wird. Es ist immer der Herr, der es tut und der wirkt. Sie selber sind Menschen mit ihren Fehlern und Mängeln, ja manchmal Sklaven der Sünde. Aber der Herr hat sie erwählt, um durch sie zu wirken. Es ist sein Werk, dem die Apostel dienen, nicht das eigene.

...und Treue zu Aufgabe und Berufung

Das führt die Apostel aber nicht dazu, dass sie einfach die Hände in den Schoss legen könnten und nichts zu tun bräuchten. Nein, es führt sie in eine weitere Haltung hinein: Die Haltung, welche der Herr von den dienenden Sklaven verlangt, ist die Treue zu dem, was ihre Aufgabe ist. Die Apostel müssen nicht Ausserordentliches bewerkstelligen. Sie brauchen nicht jegliche Strukturen auf den Kopf zu stellen, damit der Herr wirken kann. Nein, ihre Aufgabe ist es vielmehr in Treue ihrem Auftrag nachzugehen: dem Auftrag hinauszugehen, um zu dienen, dem Auftrag die Sakramente, die der Herr eingesetzt hat, zu feiern. Sie sind gerufen, in Treue das Evangelium zu verkünden und das zu geben, was sie dem Herrn schulden.

„Ja, der Herr sieht die Treue im Kleinen einer konkreten Arbeit.“

Das gilt für die Apostel. Aber auch für jeden Christen gilt diese Haltung der Treue: Die demütige Treue im Kleinen seines Alltags in der Arbeit, in der Familie, in der Freizeit. Der Herr verlangt nicht etwas Ausserordentliches zu tun, sondern der je eigenen Aufgabe und Berufung nachzukommen. Konkret für die Laien, unterstreicht das Zweite Vatikanische Konzil: Es ist ihre Aufgabe, „in besonderer Weise, alle zeitlichen Dinge, mit denen sie eng verbunden sind, so zu durchleuchten und zu ordnen, dass sie immer Christus entsprechend geschehen und sich entwickeln und zum Lob des Schöpfers und Erlösers gereichen“ (LG 31). Ja, der Herr sieht die Treue im Kleinen einer konkreten Arbeit. Das treue und gute Verrichten einer Arbeit im Kleinen des konkreten Alltags ist eine Gelegenheit, Gott dem Schöpfer, der jedem Menschen seine Fähigkeiten und Talente gegeben hat, die Ehre zu geben. Und als seine Geschöpfe, als Menschen und als Erlöste, für die sein Sohn den letzten Blutstropfen gegeben hat, schuldet der Mensch diese Ehre. Gott tut dabei das Seine und wirkt, was er will.

Ich möchte diese Gedanken mit den Worten aus dem Lied: „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ von Georg Neumark beenden. Da heisst es:
„Sing, bet und geh auf Gottes Wegen, verricht das Deine nur getreu und trau des Himmels reichem Segen, so wird er bei dir werden neu. Denn welcher seine Zuversicht auf Gott setzt, den verlässt er nicht“.

(vatican news - claudia kaminski)

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05. Oktober 2019, 11:00