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Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen 

D: Kultur des Gebetes in Corona-Krise vertiefen

Angesichts massiver Einschränkungen des kirchlichen Lebens im Zuge der Corona-Krise hat Papst Franziskus Christen in aller Welt an Ostern dazu ermutigt, sich der christlichen Gemeinschaft im Gebet nahe zu fühlen. „Das gemeinsame Gebet fehlt mir und vielen Menschen“, sagt der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck im Interview mit dem Kölner Domradio. Dass gemeinsame Gottesdienste derzeit ausbleiben, könne allerdings auch eine „Kultur des Betens“ vertiefen. Die Gemeinden in Amazonien seien eine solche Situation im Übrigen schon lange gewohnt, erinnert Overbeck.

„Das gemeinsame Gebet fehlt natürlich sehr, das fehlt vielen Menschen und das bedrückt und bewegt mich genauso wie ganz viele Gläubige, die mir das, sollte ich sie treffen, genauso sagen wie auch schreiben und telefonisch, über E-Mail und über das Netz mitteilen. Das ist so und das macht nochmal deutlich, wie wesentlich die Begegnung für unseren christlichen Glauben ist und damit auch das gemeinsame Gebet – und vor allen Dingen auch das Hören von Gottes Wort oder der Empfang der Eucharistie. Aber auch viele andere Formen von Gebet. Das ist glaube ich eine der großen Chancen, dass wir genau diese Kultur noch einmal intensivieren, in die Hauskirche mit ihren einfachen Gebeten und dem Bewusstsein. Wie zum Beispiel am Abend um 19 Uhr hier bei uns in Essen eine Kerze ins Fenster zu stellen, ein Vaterunser gemeinsam mit ganz vielen zu beten, die wir ja nicht sehen, um so zu erfahren, dass wir zusammengehören und gemeinsam beten.“

Hier im Ton

Gebetskultur pflegen und vertiefen

Papst Franziskus war in seiner Osterbotschaft auch auf Folgen der Corona-Pandemie für das kirchliche Leben eingegangen: „Diese Krankheit hat uns nicht nur der gegenseitigen Nähe beraubt, sondern auch der Möglichkeit, Trost aus den Sakramenten, insbesondere denen der Eucharistie und der Versöhnung, zu schöpfen“, merkte er an. Franziskus ermutigte die Christen vor diesem Hintergrund zu Nähe im Gebet: „Der Herr hat uns nicht allein gelassen! Im Gebet auch weiterhin vereint, sind wir gewiss, dass er seine Hand auf uns gelegt hat und uns eindringlich wiederholt: Fürchtet euch nicht: ‚Ich bin erstanden und bin immer bei dir’“.

Als Adveniat-Bischof denke er in dieser Zeit viel an Gemeinden und Pfarreien in Lateinamerika, die aufgrund des Priestermangels im weitläufigen Amazonas-Gebiet ihren Alltag ohne gemeinsame Messen und priesterlichen Beistand bewältigen müssen, so Bischof Overbeck. Die Folgen des Priestermangels auch in Deutschland würden im Lichte der Corona-Krise jetzt besonders deutlich:

„Das ist schon lange bei uns, das will nur nicht jeder so wirklich wahrhaben, aber jetzt wird es eben deutlich. Die alten und kleinen Gemeinden, die keine Priester mehr haben, mit denen sie hätten Gottesdienst feiern können, haben sich schon umgewöhnen müssen, was übrigens nicht nur ein Verlust, sondern auch ein Gewinn sein kann. Aber die Umstände, unter denen in Amazonien der Glaube überleben muss, sind sehr unterschiedlich zu denen, die wir hier haben. Und trotzdem gibt es ein paar Hinweise, die zumindest darauf hindeuten, dass wir doch oft mehr gemeinsam haben als wir denken.“

Wert der Solidarität neu begreifen

Die aktuelle globale Krise werfe viele grundlegende Fragen auf und berge eine Chance zur Erneuerung, zeigt sich der Bischof zuversichtlich. Die Weltgemeinschaft könne jetzt den Wert der Zusammenarbeit und Solidarität neu begreifen.

„Wir werden große sozio-ökonomische Herausforderungen zu bestehen haben, wir werden uns fragen müssen, wie wir uns politisch im Sinne von eigener Souveränität und Abhängigkeit von anderen aufstellen. Wir werden neu fragen müssen, wie können wir eigentlich so leben, sodass wir wissen, wir werden nicht allein selig, sondern zum Beispiel hier bei uns in Europa nur mit allen zusammen und in vielen Punkten erst recht in der Weltgemeinschaft – gerade was den Frieden und die Wohlfahrt angeht. Da bin ich deswegen ganz positiv gestimmt, weil ich weiß, dass die Weltgeschichte schon so viele Formen von Ende und Dramatik gezeigt hat, wo die Menschen nicht wussten was kommt. Es kam dann – wenn auch natürlich oft mit vielen Opfern, die niemand vergessen darf – etwas Neues, und das wird jetzt auch kommen.“

(domradio/vatican news – pr)
 

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14. April 2020, 10:36