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Kardinal Jean-Claude Hollerich Kardinal Jean-Claude Hollerich 

Kardinal Hollerich: Weltsynode muss auch auf Wandel reagieren

Der Luxemburger Erzbischof und Präsident der EU-Bischofskommission COMECE, Kardinal Jean-Claude Hollerich, sieht die katholische Kirche vor existenziellen Umbrüchen. Das sagte Hollerich im Interview der französischen Zeitung „La Croix“ in der Freitagsausgabe in Rom.

Kardinal Hollerich wünsche sich einen offeneren Umgang der katholischen Kirche mit dem Thema Sexualität und eine Überprüfung des Pflichtzölibats für Priester. „Natürlich geht es nicht darum, den Leuten zu sagen, dass sie alles dürfen, oder darum, die Moral abzuschaffen, aber ich glaube, wir müssen sagen, dass Sexualität ein Geschenk Gottes ist. Wir wissen es, aber sagen wir es auch? Ich bin mir nicht sicher“, sagte er wörtlich.

Einige in der Kirche schrieben die Zunahme von Missbrauch der „Sexuellen Revolution“ zu, sagte der Jesuit. „Ich denke genau das Gegenteil: Die schlimmsten Fälle ereigneten sich meiner Meinung nach vor den 1970er Jahren.“ Es sei notwendig, dass Priester über ihre Sexualität und auch über ihre Schwierigkeiten damit sprechen können, so Hollerich: „Sie sollten in der Lage sein, frei darüber zu sprechen, ohne Angst zu haben, von ihrem Bischof gerügt zu werden.“ Der Kardinal weiter: „Was homosexuelle Priester betrifft - und es gibt viele von ihnen -, wäre es gut, wenn sie mit ihrem Bischof darüber sprechen könnten, ohne dass dieser sie verurteilt.“

Die Priesterausbildung dürfe sich nicht allein auf die Liturgie konzentrieren, betonte der Kardinal. Auch Laien und Frauen müssten bei der Priesterausbildung mitreden; diese sei „eine Aufgabe der ganzen Kirche, und deshalb muss die ganze Kirche diese Phase begleiten, mit verheirateten Männern und Frauen und Ledigen“.

Synode soll „neue Sprache“ bringen

„Wir haben eine Theologie, die in 20 oder 30 Jahren niemand mehr verstehen wird. Diese Zivilisation wird Vergangenheit sein“, so Kardinal Hollerich weiter. Daher brauche es „eine neue Sprache, die auf dem Evangelium fußt“. An der Entwicklung dieser neuen Sprache müsse sich jedoch die ganze Kirche beteiligen. Das sei der Sinn der von Papst Franziskus einberufenen Weltsynode zur Synodalität der Kirche. Als vom Papst ernannter „Generalrelator“ nimmt Hollerich bei der Bischofssynode eine Schlüsselposition ein.

Europa sei nach langer Zeit wieder ein Missionsland geworden, sagte Hollerich. „Das Luxemburg meiner Jugend war ein bisschen wie Irland: mit großen Prozessionen, viel Volksfrömmigkeit. Als ich klein war, waren alle Kinder in der Kirche.“ Doch heute sehe er, „dass diese Vergangenheit nicht so glorreich war“. Schon damals habe es „viele Brüche und Heuchelei“ in der Gesellschaft gegeben. „Im Grunde haben die Menschen nicht mehr geglaubt als heute - auch wenn sie in die Kirche gegangen sind. Sie hatten eine Art kulturelle Sonntagspraxis, aber nicht inspiriert durch den Tod und die Auferstehung Jesu.“

Natürlich gebe es diese kulturelle Praxis des Katholizismus noch, sagte der Kardinal; und zwar je nach Weltregion unterschiedlich stark. In Europa jedenfalls habe die Corona-Pandemie den Rückgang beschleunigt. In Luxemburg etwa gebe es ein Drittel weniger praktizierende Katholiken; und: „Ich bin sicher, sie werden nicht zurückkommen.“ Der Kardinal wörtlich: „Wir wissen jetzt, dass wir eine Minderheit sind und sein werden; und sollten uns darüber weder wundern noch es beklagen.“

(la croix/kap – mg)

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21. Januar 2022, 14:58