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Stefan Heße , Erzbischof von Hamburg und Sonderbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Flüchtlingsfragen Stefan Heße , Erzbischof von Hamburg und Sonderbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Flüchtlingsfragen 

Flüchtlingsgipfel in Deutschland: Kirche zieht gemischte Bilanz

Es sei „natürlich immer noch Luft nach oben", aber er sei zunächst einmal erleichtert, dass der Gipfel nicht im Desaster geendet sei, sondern mit einem Schritt nach vorne, erklärte der Sonderbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für Flüchtlingsfragen, der Hamburger Erzbischof Stefan Heße. Er äußerte sich in einem Podcast zu den Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels von Bund und Ländern vom Dienstag.

„Ich glaube, da ist Bewegung reingekommen", sagte der Hamburger Erzbischof am Donnerstag im Gespräch mit Karin Wollschläger für den Podcast „Mit Herz und Haltung" der Katholischen Akademie der Diözese Dresden-Meißen. Das Beschlusspapier des Gipfels entählt Maßnahmen und Ankündigungen - dabei geht es auch darum, Asylverfahren zu beschleunigen und abgelehnte Asylbewerber konsequenter abzuschieben.

„starker Fokus auf Ausweisung, Abschiebehaft und Abschiebegewahrsam“

Erzbischof Stefan Heße, seit 2015 Sonderbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Flüchtlingsfragen und seit 2016 Vorsitzender der Migrationskommission, äußerte sich zu diesem Punkt im Podcast kritisch: Es liege ein „starker Fokus dieser Vereinbarungen auf Ausweisung, Abschiebehaft und Abschiebegewahrsam."  Es gebe bestimmte Bedingungen für Abschiebungen, die eingehalten werden müssten: „Das darf nie zulasten der Menschenwürde gehen." Abschiebung sei „eine ultima ratio und sicher nicht das probate Medium, um die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, zu lösen", sagte der Flüchtlingsbischof der Bischofskonferenz.

„Flüchtlingsschutz ist keine Spielerei und kein Luxusgut, sondern es gehört zum Kernbestand eines Gemeinwesens, das sich den Menschenrechten verpflichtet weiß“

Heße warnte vor einem restriktiveren Asylrecht: „Die Einschränkung von Grundrechten löst keine Probleme, sondern führt zu einer Verschärfung der ganzen Situation." Eine Obergrenze für Flüchtlinge in Deutschland dürfe es nicht geben. „Das wäre unmenschlich", betonte der Erzbischof. „Flüchtlingsschutz ist keine Spielerei und kein Luxusgut, sondern es gehört zum Kernbestand eines Gemeinwesens, das sich den Menschenrechten verpflichtet weiß."

Streit um Kosten

Der Bund hatte den Ländern bei dem Treffen in Berlin eine Milliarde Euro mehr an finanzieller Unterstützung für die Versorgung von Flüchtlingen zugesagt. Ein an der Zahl der Flüchtlinge ausgerichtetes Finanzmodell setzten die Länder beim Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt allerdings nicht durch. Beim nächsten Treffen im November soll entschieden werden, ob weitere Mittel nötig sind. Dazu sagte Erzbischof Heße im Podcast: „Je mehr Bund und Länder über Kosten streiten, umso mehr entsteht ja der falsche Eindruck, dass die Aufgabe kaum zu bewältigen wäre." Er verwies darauf, dass in den vergangenen Jahren in Deutschland sehr viel bei der Aufnahme und Integration von Geflüchteten geleistet worden und gelungen sei. „Das sollte man nicht kleinreden." Entsprechend sei eine polarisierende Debatte bei dem Thema nicht redlich. Es brauche stattdessen Nüchternheit.

„Je mehr Bund und Länder über Kosten streiten, umso mehr entsteht ja der falsche Eindruck, dass die Aufgabe kaum zu bewältigen wäre“

Die Aufnahme von Geflüchteten sei eine ethisch und völkerrechtlich gebotene Aufgabe und dürfe in einem reichen Land wie Deutschland keinesfalls an Finanzfragen scheitern, betonte der Erzbischof. Auf der anderen Seite müsse man die Fremdenfeindlichkeit und die damit verbundenen Ängste, die in Umfragen immer wieder zutage träten, ernst nehmen und nach den Ursachen fragen: „Aber es muss auch klar sein: Wir dürfen nicht irgendwelchen Populisten das Feld überlassen, sondern müssen als Kirche klar Position beziehen zum Wohle der Menschen."

(pm/diverse - sst)

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12. Mai 2023, 12:42