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Der pensionierte Chefarzt Wolfgang Clasen Der pensionierte Chefarzt Wolfgang Clasen 

Palliativmediziner: „Die Zeit ist das große Plus“

„Das Plus der Palliativmedizin gegenüber herkömmlichen Behandlungen ist die Zeit.“ Das sagt der Mediziner Wolfgang Clasen, Gründer der ersten Palliativstation in Münster im Herz-Jesu-Krankenhaus in Hiltrup. Er berichtet in der neuen Folge des Podcast des Bistums Münster „kannste glauben“ über seine Erfahrungen mit der Palliativmedizin.

Bis vor drei Jahren war der assistierte Suizid in Deutschland strafbar. Das änderte sich 2020, als das Bundesverfassungsgericht klarstellte, dass jeder Mensch das Recht auf selbstbestimmtes Sterben hat und dabei auch Hilfe in Anspruch nehmen darf. Seitdem diskutiert der Bundestag über eine Neuregelung der Sterbehilfe. Drei Gesetzesinitiativen liegen vor, über die bis zur Sommerpause abgestimmt werden soll. Der pensionierte Chefarzt Wolfgang Clasen hält den Ausbau des assistierten Suizids für falsch. Aus seiner Sicht ist es die Palliativmedizin, die Deutschland ausbauen sollte.

Eine „Riesenbürokratie“ 

„Ich denke, es wäre sehr viel vernünftiger, in diesen Bereich (die Palliativmedizin, Anm.) zu investieren, als jetzt – was ja auch im Bundestag diskutiert wird – eine große Bürokratie aufzubauen, eine Behörde aufzubauen, die nun prüft, ob jemand zu Recht und wirklich willensmäßig sagt, ich will nicht mehr leben. Bevor er dann das tödliche Mittel bekommt, muss ein Gutachten erstellt werden: eine Riesenbürokratie. Dieses ganze Geld sollten wir uns sparen und wir sollten es lieber in die Palliativmedizin investieren.“

Auch die beiden großen Kirchen in Deutschland haben sich zu dem Thema positioniert. Beide lehnen Sterbehilfe grundsätzlich ab und machen sich für Alternativen stark – besonders die Hospizversorgung soll aus Sicht der Kirchen unbedingt ausgebaut werden, auch deshalb, weil durch die Begleitung Schmerzen gelindert werden können.

Zeit und Lebensqualität gewinnen

Clasen sieht bei der Palliativmedizin, die in erster Linie den Bedürfnissen des sterbenden Patienten folgt, einen wesentlichen Vorteil, der mit Lebensqualität zu tun hat: „Das Plus, das die Palliativmedizin gegenüber der herkömmlichen Behandlung eigentlich hat, das ist die Zeit. Die Zeit, die zur Verfügung gestellt wird – übrigens etwas sehr Kostbares, erst recht in medizinischen Zusammenhängen.“

Der Mediziner glaubt, dass palliative und Hospiz-Medizin „gerade bei den Christen ganz gut aufgehoben“ ist: „Denn wenn es einem nicht egal ist, was nach dem Tod passiert, wenn ich zum Beispiel eine Ahnung davon habe, ich sehe dich wieder, dann gehe ich automatisch mit einem Todkranken anders um.“

Hier zum Hören

Alternativen zum assistierten Suizid

In der neuen Folge von „kannste glauben“ gibt Clasen Einblicke in die Arbeit auf der Palliativstation und klärt darüber auf, welche Möglichkeiten es gibt, am Ende nicht alleine zu sein – auch ohne Sterbehilfe. Der pensionierte Chefarzt ist überzeugt davon, dass es Angebote für Menschen in der letzten Lebensphase braucht und hat konkrete Vorschläge dafür.

Die Episode des Bistums-Podcasts „kannste glauben“ mit Wolfgang Clasen ist auf der Homepage von „kannste glauben“ abrufbar. Zudem lassen sich alle Folgen der Reihe bei Spotify, podcaster.de, Deezer, Google Play, Itunes und Youtube kostenfrei hören und abonnieren.

(bistum münster – pr)
 

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01. Juni 2023, 09:06