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Buchtipp: Verschlungene Staaten von Ulrich Haltern. Buchtipp: Verschlungene Staaten von Ulrich Haltern. 

Buchtipp: : „Verschlungene Staaten“ von Ulrich Haltern

Ulrich Haltern legt mit seinem Buch „Verschlungene Staaten. Die paradoxe Mechanik der europäischen Integration“ eine tiefgründige Analyse der Europäischen Union vor, die sich der Widersprüchlichkeit des europäischen Integrationsprozesses widmet. Schon der Titel deutet an, worum es geht: Europa ist kein Staatenbund im klassischen Sinne, aber auch kein Bundesstaat – vielmehr bewegt sich die Union in einem Spannungsfeld, das Haltern als „paradox“ beschreibt.

Der Autor, Professor für Öffentliches Recht und Europarecht, entfaltet seine Argumentation entlang der Beobachtung, dass Integration in Europa nie linear verläuft. Sie ist geprägt von Rückschlägen, Brüchen und Umwegen, die nicht Ausdruck von Scheitern, sondern Teil ihrer Mechanik sind. „Die europäische Integration funktioniert nicht trotz, sondern wegen ihrer Widersprüche“, lautet eine der Kernthesen.

Besonders eindrücklich ist Halterns Analyse des Spannungsverhältnisses zwischen nationaler Souveränität und gemeinschaftlicher Ordnung. Er zeigt, wie Mitgliedstaaten einerseits Kompetenzen an Brüssel abtreten, andererseits aber hartnäckig ihre Eigenständigkeit verteidigen. Dieses Hin und Her, das in anderen politischen Systemen als instabil gelten würde, erweist sich in Europa als Motor: „Europa integriert sich, indem es Differenzen produziert.“

Die EU-Flagge inmitten anderer Flaggen
Die EU-Flagge inmitten anderer Flaggen

Haltern scheut nicht vor Kritik an gängigen Idealvorstellungen zurück. Weder die Vorstellung eines reibungslos funktionierenden Superstaats noch die Idee einer lockeren Freihandelszone hält er für tragfähig. Vielmehr plädiert er für ein Verständnis der EU als „verschlungenes Geflecht“ von Institutionen, Interessen und Identitäten, das nur in seiner Paradoxie verstanden werden kann.

Analytische Schärfe und stilsichere Klarheit

Die Lektüre verlangt Konzentration, belohnt aber mit analytischer Schärfe und stilistischer Klarheit. Haltern verbindet juristische und politikwissenschaftliche Perspektiven, ohne sich in Fachjargon zu verlieren. Das macht das Buch sowohl für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als auch für politisch interessierte Leserinnen und Leser gewinnbringend.

Fazit: „Verschlungene Staaten“ ist keine leichte Kost, aber ein kluges und provozierendes Buch. Es fordert dazu heraus, Europa nicht als unvollendetes Projekt oder als Fehlkonstruktion zu sehen, sondern als eigenständige politische Form, deren paradoxe Logik die Voraussetzung ihrer Stabilität ist. Wer verstehen will, warum die EU trotz aller Krisen immer wieder handlungsfähig bleibt, findet hier eine überzeugende Erklärung.

Zum Mitschreiben

Ulrich Haltern: Verschlungene Staaten. Die paradoxe Mechanik der europäischen Integration. Erschienen im C. H. Beck-Verlag 2025, ISBN: 978-3-406-83219-2

Eine Rezension von Mario Galgano.

(vatican news)

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29. September 2025, 13:27