Gedächtnisgottesdienst bei der DBK-Herbst-Vollversammlung in Fulda am 25. September 2025 –  Predigt von Bischof Karl-Heinz Wiesemann (Speyer) Gedächtnisgottesdienst bei der DBK-Herbst-Vollversammlung in Fulda am 25. September 2025 – Predigt von Bischof Karl-Heinz Wiesemann (Speyer)  (© Deutsche Bischofskonferenz / Marko Orlovic)

D: Bischof fordert Maßnahmen gegen Wohnungsnot

Der deutsche Bischof Karl-Heinz Wiesemann hat zu sozialem Engagement und Hilfe für Wohnungslose aufgerufen. Ausgehend von der Lage nach dem Zweiten Weltkrieg sagte der Bischof von Speyer: „Das damalige Motto ,Dombau ist Wohnungsbau` war auch in anderen Diözesen leitend – und gewinnt angesichts der heutigen Wohnungsmisere eine neue Aktualität. Berührend ist die Vision von Kirche, die hier zur gelebten Solidarität mit der Not der Menschen wurde."

Das sagte Wiesemann im Gedächtnisgottesdienst für verstorbene Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) diesen Donnerstag (25. September 2025) in Fulda. Dort treffen sich die katholischen Bischöfe seit Montag zu ihrer Herbst-Vollversammlung. In seiner Predigt erinnerte der Bischof von Speyer an die Geschichte des Siedlungswerkes der Diözese Speyer. Sie habe, wie viele andere Diözesen, in einer Zeit großer Armut und Wohnungsnot unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg geholfen, heißt es in einer Pressemitteilung der DBK. 

„Nicht nur, dass viele Häuser in der Pfalz, etwa in Ludwigshafen oder Kaiserslautern, durch Bomben und Kriegshandlungen weitgehend zerstört waren. Dazu kamen die vielen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge, die alles verloren hatten und nun dringend ein Dach über dem Kopf benötigten. Dabei wurden vielerorts der Wiederaufbau und das Wiederherrichten der Kirchen unmittelbar, noch vor dem Wiederaufbau der Häuser, in Angriff genommen."

„Dazu kamen die vielen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge, die alles verloren hatten und nun dringend ein Dach über dem Kopf benötigten. Dabei wurden vielerorts der Wiederaufbau und das Wiederherrichten der Kirchen unmittelbar, noch vor dem Wiederaufbau der Häuser, in Angriff genommen“

Materielle Wohnungslosigkeit

Es habe damals eine enorme Spendenbereitschaft aus der ganzen Bevölkerung für die Wiederherstellung der Gotteshäuser gegeben, so Bischof Wiesemann. „Darin spiegelt sich sicherlich auch die ungeheure seelische Not nach dem Wahnsinn und Schrecken des Naziregimes und des verlorenen Krieges wider, die nicht geringer als die körperliche und materielle war. Für die Menschen in den Ruinen, die der Krieg hinterlassen hatte, gerade auch für die aus ihrer Heimat Vertriebenen, war der Kirchbau ein unersetzlich wichtiger Ort, sich ein Rest von Heimat zu bewahren und die seelischen Kräfte für den radikalen Neuanfang zu gewinnen."

Gefahr von Instrumentalisierung

In seiner Predigt betonte der Bischof, auch heute gelte es, die Nöte der Menschen zu sehen und zu helfen - auch weil sonst viel auf dem Spiel stehe: „Was eindringlich gerade auch für unsere Zeit bleibt, ist die Anfrage Gottes durch den Propheten Haggai: ,Überlegt doch, wie es euch geht!`Da ist doch nicht nur die materielle Infrastruktur, die milliardenschweren Investitionsbedarf hat. Da ist das Grundgefühl des Lebens als löchriger Beutel, das momentan vor allem die, die aus der Angst und Verunsicherung der Menschen ihr Kapital schlagen, auszunutzen wissen."

„Da ist das Grundgefühl des Lebens als löchriger Beutel, das momentan vor allem die, die aus der Angst und Verunsicherung der Menschen ihr Kapital schlagen, auszunutzen wissen“

Namen nannte der Bischof nicht. Er führte weiter aus, dass es Leute gebe, welche die Unzufriedenheit der Menschen ausnutzen: „Geschickt ernähren sie sich von der Unzufriedenheit und Unruhe der Menschen, haben aber selber nichts anzubieten, was satt macht – und warm – und Lebensfreude schenkt – und Wert und Würde dem gebeutelten Menschen verleiht. In der Hässlichkeit ihrer ausgrenzenden Unmoral finden sie sich gegenseitig, schüren sie die Ressentiments und bedienen sie die am Ende selbstzerstörerische Bereitschaft im Menschen zur Verächtlichmachung missliebiger Menschen und Strukturen."

Spirituelle Wohnungslosigkeit

Die Erzählung vom Propheten Haggai, der die gottvergessenen Menschen zum Nachdenken bringen wollte, nutzte der Bischof in seiner Predigt auch, um ebenfalls auf eine spirituelle Wohnungslosigkeit einzugehen: „Auch wenn nichts zu fehlen scheint, wird das Leben ohne Gott wie ein löchriger Beutel und das menschliche Leben verliert seine Wertigkeit, seinen Halt, seine innere Heimat, ohne die wir in unseren Häusern nur hausen, nicht wohnen. Gott in die eigene Mitte zu holen bedeutet, das Herz zu weiten, sodass Wohnraum für alle entsteht."

„Auch wenn nichts zu fehlen scheint, wird das Leben ohne Gott wie ein löchriger Beutel und das menschliche Leben verliert seine Wertigkeit, seinen Halt, seine innere Heimat, ohne die wir in unseren Häusern nur hausen, nicht wohnen“

Die katholische Kirche dürfe „nicht bei sich selbst" verbleiben, sondern müsse „die Nöte der Menschen im Blick" haben - „vor allem die, in denen Christus sich besonders zu erkennen gibt: Ich war nackt und ihr habt mich bekleidet. Ich war obdachlos und ihr habt mir ein Dach gegeben (Vgl. Mt 25)".

(pm - sst) 

 

 

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25. September 2025, 10:17