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Berlin, am Brandenburger Tor, im Frühling Berlin, am Brandenburger Tor, im Frühling 

Erzbischof Koch: „Versuchen, auf neuen Wegen Kirche zu leben“

Die katholische Kirche in Deutschland verliert Jahr für Jahr Hunderttausende Mitglieder durch Kirchenaustritt. Wie der Trend zu stoppen wäre, darüber beraten die deutschen Bischöfe ab Montag in ihrer Herbst-Vollversammlung in Fulda. Der Berliner Erzbischof Heiner Koch sagte uns vorab, er orte beim Thema Hoffnung über den Tod hinaus viel Sensibilität bei Fernstehenden.

Zunächst werden sich die Bischöfe die gesammelten Fakten zum Thema Kirchenaustritt darlegen lassen, wie sie die 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung 2023 erhoben hatte, sagte Koch. Danach wollen sie sich über die unterschiedlichen Situationen in den Diözesen austauschen: „Sie ist eben in Bayern anders als im Rheinland und anders als im Osten Deutschlands“, so Koch. „Wir werden aber vor allen Dingen versuchen, das Ganze auch geistlich zu deuten. Was bedeutet das für unser Verständnis als Kirche, für unseren Auftrag jetzt? Warum hat uns Gott diese Zeit als Aufgabe gegeben und diese Menschen, mit denen wir zusammenleben? Und es wird auch einen Austausch über Versuche geben, in dieser säkularen Gesellschaft vielleicht auf neuen Wegen die Kirche zu leben und zu gestalten, den Verkündungsauftrag zu erfüllen.“

Hier zum Hören:

Jene stützen, die dabei sind - und alle andere ansprechen

Der Erzbischof sprach von zwei Grunddimensionen zum Thema Kirchenmitgliedschaft: Die Gläubigen stützen, die dabei sind - und für alle anderen ansprechend werden. „Das eine ist, wir müssen versuchen, die Menschen, die da sind, zu stärken, zu halten. Das ist heute nicht selbstverständlich“, so Koch, der mit Berlin ein stark säkularisiertes Erzbistum leitet, in dem Katholiken in der Minderheit sind. „Wenn in solch einer Diaspora-Situation Jugendliche leben, wo sie absolute Außenseiter sind, ist es nicht selbstverständlich zu bleiben. Wenn eine gesellschaftliche Tendenz, manchmal sogar ein Strom da ist, wie in vielen christlich geprägten Ländern Deutschlands, aus der Kirche auszutreten oder die Religion und Gottesfrage beiseite zu schieben, müssen wir uns fragen, wie halten wir die zusammen, die in dieser Frage entschieden sind, die ihre Herkunft darüber definieren und die den Weg weiter gehen.“

Heiner Koch, Erzbischof von Berlin
Heiner Koch, Erzbischof von Berlin

Die zweite Grundfrage laut Koch: „Wie sprechen wir Menschen an, die bisher keine oder nur wenig Beziehung haben?“ Der Erzbischof unterschied zwischen sogenannten Fernstehenden einerseits und andererseits jenen, die nie zuvor mit Kirche in Berührung gekommen sind. „Die Zahl derer steigt ja, die nicht eine Neuevangelisierung erleben, sondern eine Erstevangelisierung brauchen. Und dies würde ich nochmal gerade von dem Hintergrund hier von uns im Osten verstärken, die überhaupt erstmal in Berührung kommen müssen mit der Frage, gibt es Gott oder nicht? Und wo ist Gott? Und wer ist Gott? Und wie kann ich mit ihm in Berührung kommen?“

„Die Frage der Hoffnung ist im Moment das zentrale Thema“

Unter den Punkten, die Menschen heute am Christentum ansprechen, ragt für Koch eines als hoch bedeutsam heraus. „Die Frage der Hoffnung ist im Moment das zentrale Thema“, so der Berliner Erzbischof. Er verwies auf die Komplexität der Welt, die Kriege und Unsicherheiten. „Was gibt es für diese Welt und was gibt es für den einzelnen Menschen in der Zukunft? Gibt es überhaupt eine Zukunft? Oder ist das Leben Geburt bis Tod und Schluss? Das wird von, glaube ich, den meisten hier in Berlin vertreten, diese letzte Auffassung.“

Die entscheidende Frage sei, „wie entdecke ich mit den Menschen nicht nur, dass es Hoffnung und Zukunft über den Tod hinaus vielleicht geben kann - das sage ich mal vorsichtig, vielleicht geben kann; wie verunsichere ich sie in ihrem Glauben, dass mit dem Tod alles aus ist. Und die zweite Frage dann: Wie führe ich sie hin an eine Erfahrung, an eine Überlegung, dass es ein größeres Leben gibt - mehr gibt als das Leben dieser irdischen Dimension, der erfassbaren, der erforschbaren, der irdischen Dimension.“

Kirchenaustritte nicht zum ersten Mal Thema bei Bischofs-Beratung

Allein 2024 verzeichnete die katholische Kirche in Deutschland etwa 320.000 Austritte. Vor zwei Jahren hatte die 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, eine groß angelegte soziologische Erhebung, ergeben, dass nur noch knapp die Hälfte der Deutschen in einer christlichen Kirche Mitglied ist und dass viele sich Reformen wünschen. Die Bischöfe beraten in Fulda - von 22. bis 25. September - nicht zum ersten Mal über das Thema Kirchenaustritte, Neu- und Erstevangelisierung, sagte Koch. „Wir sind darüber schon länger im Gespräch, obwohl wir es etwas systematischer diesmal angehen und auch mit Fachreferenten, die von außen kommend, uns vielleicht Neuigkeiten mitteilen können.“

(vatican news – gs)

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19. September 2025, 16:18