Jörg Ernesti: Leo XIII. - Papst und Staatsmann Jörg Ernesti: Leo XIII. - Papst und Staatsmann 

Buchtipp: Jörg Ernesti, Leo XIII. - Papst und Staatsmann

Mit einem Bestseller, der mittlerweile in der vierten Auflage vorliegt, hat der deutsche Historiker Jörg Ernesti einen „vergessenen Papst“ wieder einem größeren Publikum zugänglich gemacht. Einen besonderen Schub erlebten die Verkaufszahlen nach dem 8. Mai 2025 – als klar wurde, dass Robert Prevost sich als Leo XIV. ausdrücklich in die Tradition von Leo XIII. stellen wollte. Doch bereits zuvor wurde das Buch vor allem in den USA besonders intensiv rezipiert.

Die Erstauflage des Werks erschien zwar bereits 2019, doch scheint es heute aktueller als zuvor: Nur wenige Tage nach seiner Wahl zum neuen Papst am 8. Mai 2025 hat Leo XIV. seine Namenswahl erklärt und sich dabei auf Leo XIII. berufen, der über hundert Jahre zuvor an der Schwelle zwischen zwei Jahrhunderten das Schifflein Petri steuerte. Grund genug, sich erneut mit der Figur des Italieners Gioacchino Pecci zu befassen, der 1878 in heikler politischer Atmosphäre auf Pius IX. als Papst folgte.

Ernesti geht in seinem Buch, zu dem Kardinal Reinhard Marx ein würdigendes Geleitwort verfasste, der Figur und dem Wirken des Papstes nach, der 1878 als 67-jähriger Kardinal ein Pontifikat antrat, das eigentlich in den Augen der Zeitgenossen ein „kurzes Pontifikat“ werden sollte. Doch es kam anders, er regierte bis zu seinem Tod im Alter von 93 Jahren im Jahr 1903, richtete die vatikanische Außenpolitik nach dem Verfall des Kirchenstaates völlig neu auf die bis heute gültige Prämisse der Überparteilichkeit aus, wurde zu einem der erstgefilmten Menschen überhaupt, schuf Grundlagen für ein „Medienpapsttum“ und für die moderne Soziallehre der katholischen Kirche.

„Das Papsttum wird hier in einem gewissen Sinn neu erfunden“

„Das Papsttum wird hier in einem gewissen Sinn neu erfunden“, unterstreicht der Autor Jörg Ernesti im Gespräch mit uns. Der Professor für Mittlere und Neue Kirchengeschichte hat nicht nur zu Leo XIII., sondern unter anderem auch zu Paul VI. und Benedikt XV. populärwissenschaftliche Werke verfasst. Mit Blick auf Leos „Neuerfindung“ der vatikanischen Außenpolitik, sein humanitäres Engagement und seine Aufgeschlossenheit für neue technische Errungenschaften meint Ernesti: „Vieles, was uns heute selbstverständlich scheint, wenn wir auf Rom, den Heiligen Stuhl, die Päpste schauen, ist in diesem langen Pontifikat von Leo XIII. grundgelegt worden“. Bei Pecci habe es sich um einen „unheimlich innovativen Mann“ gehandelt, der das Papsttum „erneuert und ein neues Gesicht gegeben“ habe, resümiert der Wissenschaftler.

Ernestis Verdienst ist es, mit „Leo XIII. – Papst und Staatsmann“ eine Biographie vorgelegt zu haben, die auch interessierten Nicht-Wissenschaftlern einen Zugang zum Wirken des ersten Papstes des 20. Jahrhunderts gibt, welcher sowohl „moderne“ als auch (vor allem in theologischer Hinsicht) traditionelle Züge vereint. Besonderes Augenmerk legt der Kirchenhistoriker bei seiner Untersuchung auf die politischen Errungenschaften des auf dem internationalen diplomatischen Parkett erfahrenen Kirchenmannes. Doch auch seine Bevorzugung der Scholastik und seine Skepsis gegenüber Forderungen der säkularen Gesellschaft – gegen die er sich auch in seinen zahlreichen Enzykliken wandte – ebenso wie andere Details, die Einblick in seinen Charakter liefern, kommen auf den Prüfstand. Bemerkenswert vielleicht auch die Tatsache, dass die Biographie in den vergangenen Jahren vor allem in den Vereinigten Staaten intensiv rezipiert wurde. Ihn habe es deswegen kaum gewundert, dass Leo XIV. gerade diesen Namen gewählt habe, so Ernesti mit einem Schmunzeln.

Erschienen ist das Buch im Herder-Verlag, mittlerweile liegt es auch in einer Taschenbuch-Ausgabe vor.

(vatican news - cs)

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05. Oktober 2025, 10:49