Interreligiöse Stimmen zum Friedensgebet mit Papst Leo XIV.
Stefanie Stahlhofen - Rom/Vatikanstadt
Aus Frankfurt ist der Jude Avichai Apel, Rabbiner der dortigen Jüdischen Gemeinde und Vorsitzender der Rabbiner-Konferenz in Deutschland zum interreligiösen Friedenstreffen gekommen. Zum abschließenden Friedensgebet sagt er, es sei „sehr bewegend, etwas, das uns allen am Herzen liegt. Und ich denke, es ist erst die Entzündung einer Flamme, um das Licht weiter zu tragen. Es ist kein Friedensgebet, das sagt: ,Es gibt schon Frieden in der Welt, sondern es ist ein Aufruf von uns allen, dass wir uns noch mehr Mühe geben, damit es Frieden geben wird." Rabbi Apel schätzt auch den Austausch, den das Sant'Egidio-Friedenstreffen seit Sonntag in Rom bietet: „Es ist eine gute Gelegenheit, um nachzudenken, zu hören, was andere davon halten. Ins Gespräch zu kommen, mit Menschen anderer Religionen, denen man nicht tagtäglich begegnet, sei es muslimisch, christlich. Wir sind die jüdischen Vertreter, aber auch Menschen ander Religionen lernt man kennen. Man lernt dabei auch neue Sachen, aber vor allem baut man Vorurteile ab."
Jaron Engelmayer, Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, betont im Interview mit Radio Vatikan, es gelte, „gerade in Zeiten, wo es manchmal sehr stürmisch zugeht und wo auch die Religionen als Konfliktherde dargestellt werden, ein Zeichen zu setzen, dass Religionen sehr vertrauensvoll miteinander umgehen, Dialog führen, sich gegenseitig die Hände ausstrecken und gemeinsam das Ziel des friedlichen Miteinanders befördern."
Mohammed Abdelrahem ist als Vertreter des Islam beim interreligiösen Friedenstreffen dabei: „Das hat für mich eine große Bedeutung, weil ich hier sehr viele religiöse Führer treffen kann, viele Perspektiven sammeln kann, auch viele Ansichten und positive Meinungen mitnehmen kann." Der wissenschaftliche Mitarbeiter des Paderborner Instituts für Islamische Theologie hat an der Al Azhar-Universität in Kairo studiert und den Vorgänger von Papst Leo XIV., Papst Franziskus, bereits zwei Mal getroffen, in Kairo und in Abu Dhabi. Das Friedensgebet am Kolosseum ist sein erster näherer Kontakt mit Papst Leo XIV. :
„Ich habe jetzt die Gelegenheit, Papst Leo XIV. zu treffen. Das ist für mich eine große Ehre, ihn zu hören, ihn aus der Nähe zu sehen. Die Begegnungen sind sehr, sehr relevant dafür, dass man die eigene Perspektive erweitert."
Die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) und Vorsitzende des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes (DNK/LWB), Kristina Kühnbaum-Schmidt, saß beim christlichen Friedensgebet im Kolosseum mit Papst Leo in einem extra Bereich, unweit des katholischen Kirchenoberhaupts:
„Hier hat sich auch dieses Mal wieder herausgestellt, wie wichtig es ist, dass wir die Verbindung, die wir gerade als Christen, aber auch mit anderen Religionen haben in der Welt, dass wir diese nutzen, um für Verständigung einzustehen, für Vertrauen... aber auch dafür, selber vertrauenswürdig zu sein und so dazu beizutragen, dass Frieden neu entstehen kann", bringt sie im Interview mit Radio Vatikan die Bedeutung des interreligiösen Friedenstreffens und des Friedensgebets auf den Punkt.
Die evangelische Pastorin Angela Kunze-Beiküfner ist Hochschul- und Studierendenpfarrerin in Magdeburg. Das Friedensgebet mit Papst Leo XIV. am Kolosseum hat für sie eine besondere Bedeutung, weil es sie an die Gebete und Demonstrationen erinnert, die mit dazu beitrugen, den friedlichen Fall der Mauer zwischen Ost- und Westdeutschland zu ermöglichen:
„In der Kirche waren ja sehr, sehr viele Menschen jeden Abend zum Friedensgebet, die nicht christlich waren, aber von der Atmosphäre des Gebets doch so angesteckt waren, dass alles gewaltfrei blieb. Später hat Horst Sindermann gesagt: ,Wir haben mit allem gerechnet. Wir waren auf alles vorbereitet, aber nicht auf Kerzen und Gebete.' Das hat einen großen Ausschlag gegeben damals, dass es an diesem ,Turning Point' dann zu einer gewaltlosen, friedlichen Revolution gekommen ist."
Von diesen Erfahrungen, die sie selbst damals gemacht hat, als sie im Herbst 1989 Gebete und eine Fastenaktion initiiert hatte, die eine wichtige Rolle dabei hatten, dass es friedlich geblieben ist, berichtete Pastorin Angela Kunze-Beiküfner beim interreligiösen Friedenstreffen von Sant'Egidio, bei dem sie auch Rednerin war:
„Davon erzähle ich, von diesen Erfahrungen ein Stück weit auch als Ermutigung. Dass es manchmal, nicht immer, aber manchmal wirklich auch funktionieren kann. Dass die Kraft des Gebets sich auch gesellschaftlich auswirken kann. Oft eher im kleineren Rahmen als so umwälzen, historisch, aber manchmal halt auch in dieser Weise."
Deutsche Kleingruppe: In Eigeninitaitive angereist, um Zeichen für Frieden zu setzen
Rund ums Kolosseum in Rom drängten sich Menschen aus aller Welt, die neben den Religionsvertretern zum Friedensgebet gekommen sind und alles über Großbildschirme und Lautsprecher verfolgten. Viele hielten Schilder mit der Aufschrift „Frieden" in verschiedenen Sprachen in die Höhe. Einer von ihnen war Stefan Kaiser aus Frankfurt. Er ist in Eigeninitaitive mit einer Kleingruppe aus Deutschland angereist und sagt, es sei „sehr beeindruckend, auch den Papst zu sehen". Er hofft, „dass die Friedensbotschaft in der ganzen Welt Früchte trägt und gehört wird. Ich denke, dass das Wichtigste bei einem solchen Treffen ist, zu erinnern, dass man alles tun muss, um Frieden zu schaffen auf der Welt.“
Marilu Grados ist gebürtige Peruanerin. Sie lebt seit Jahren in Deutschland und ist weiteres Mitglied der Kleingruppe, die nach Rom zum Friedensgebet mit Papst Leo XIV. am Kolosseum gekommen ist, um ein Zeichen zu setzen: „Wir sind hier für Frieden, um etwas zu machen und etwas zu bewegen. Es war ein großes Erlebnis. Ich hoffe, dass sich auch etwas bewegt, um Frieden zu schaffen. Das ist wichtig in dieser Zeit, glaube ich. “
(vatican news - sst)
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