Papst: Den Frieden wagen - Gott will eine Welt ohne Kriege!
In seiner Ansprache erneuerte der Papst in Anwesenheit von Vertretern des Christentums, Judentums, Islams, Buddhismus, Hinduismus und anderer Religionen den Aufruf der Kirche zu Versöhnung, Dialog und Geschwisterlichkeit unter allen Völkern.
„Wir haben gemäß unserer unterschiedlichen religiösen Traditionen für den Frieden gebetet und sind nun zusammengekommen, um eine Botschaft der Versöhnung auszusenden“, sagte Papst Leo vor den zahlreichen Teilnehmern, die die Veranstaltung auch an den rund um das Kolosseum aufgestellten Großbildschirmen verfolgten: „Konflikte gibt es überall, wo Leben ist, aber es ist nicht der Krieg, der dabei hilft, mit ihnen umzugehen oder sie zu lösen. Der Frieden ist ein ständiger Weg der Versöhnung“, appellierte Leo XIV..
Eine Welt, die „nach Frieden dürstet“
In Anbetracht einer Welt, die von Krieg und Vertreibung zerrissen ist, prangerte der Papst „Machtmissbrauch“, „Zurschaustellung von Stärke“ und „Gleichgültigkeit hinsichtlich des Rechts“ an und wies darauf hin, dass es eine „echte und gefestigte Epoche der Versöhnung“ brauche:
„Es ist genug mit den Kriegen, mit ihren leidvollen Häufungen von Toten, Zerstörungen und Vertriebenen!”, unterstrich der Papst mit Nachdruck. „Gemeinsam bekunden wir heute nicht bloß unseren festen Willen zum Frieden, sondern auch das Bewusstsein, dass das Gebet eine große Kraft der Versöhnung ist.“
Wer nicht bete, „missbraucht die Religion, sogar um zu töten“, mahnte Leo XIV. mit deutlichen Worten: „Das Gebet ist eine Regung des Geistes, ein Sich-Öffnen des Herzens. Es handelt sich nicht um laute Worte, nicht um zur Schau gestelltes Verhalten, nicht um religiöse Slogans, die gegen die Geschöpfe Gottes verwendet werden.“
Im Geist von Assisi
Fast vier Jahrzehnte nach dem historischen interreligiösen Treffen von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1986 in Assisi erinnerte Papst Leo daran, dass der „Geist von Assisi“ weiterhin den Dialog und die Freundschaft unter den Gläubigen inspiriere, auch wenn die Welt „heute in die gegenseitige Richtung gegangen“ zu sein scheine. Besonders dankte er der Gemeinschaft Sant’Egidio und den vielen Organisationen, die „diesen Geist am Leben erhalten haben“, wobei sie „oft gegen den Strom geschwommen sind”.
Das Gebet im „Geist von Assisi“ beruhe für die katholische Kirche „auf der festen Grundlage, die in der Erklärung Nostra Aetate des Zweiten Vatikanischen Konzils zum Ausdruck kommt, also auf der Erneuerung des Verhältnisses zwischen der katholischen Kirche und den Religionen", so der Papst mit Blick auf den exakt 60. Jahrestag der wegweisenden Erklärung, die das Datum 28. Oktober 1965 trägt.
Nur der Frieden ist heilig
Gleichzeitig warnte Papst Leo vor einer Instrumentalisierung von Religionen, um „Nationalismus, Ethnizismus und Populismus“ zu schüren. „Die Kriege verschärfen sich. Wehe denen, die versuchen, Gott in Kriege hineinzuziehen!”, so Leo mit einem Zitat aus der Botschaft, die Papst Franziskus zum letztjährigen Friedenstreffen von Sant’Egidio in Paris gewählt hatte:
„Ich mache mir diese Worte zu eigen und wiederhole mit Nachdruck: Der Krieg ist niemals heilig, nur der Frieden ist heilig, weil er von Gott gewollt ist.“
Eine Pflicht vor Gott
An die politischen Verantwortungsträger der Welt gewandt, rief der Papst dazu auf, ihre Verantwortung für den Frieden wahrzunehmen. Es sei „eine feierliche Pflicht vor Gott, die auf allen lastet, die politische Verantwortung tragen“.
„Frieden“, betonte er ebenfalls mit einem Zitat seines Vorgängers, diesmal aus dessen Ansprache beim Friedenstreffen 2020, „ist die oberste Priorität jeder Politik. Gott wird jeden, der den Frieden nicht gesucht oder Spannungen und Konflikte geschürt hat, für alle vergangenen Tage, Monate und Jahre, […], zur Rechenschaft ziehen.“
Den Frieden wagen
Er ermutigte Gläubige aller Religionen, durch Dialog, Zusammenarbeit und gemeinsame Verantwortung die „Globalisierung der Ohnmacht“ zu überwinden.
„Dies ist der Appell, den wir als Religionsführer von ganzem Herzen an die Regierenden richten”, so der Papst, während die Teilnehmer in Andacht verharrten. „Wir geben dem Friedenswunsch der Völker Ausdruck. Wir machen uns zur Stimme derer, die nicht gehört werden und keine Stimme haben. Wir müssen den Frieden wagen! Und falls die Welt für diesen Appell taub sein sollte, sind wir sicher, dass Gott unser Gebet und die Klagen so vieler Leidender erhören wird. Denn Gott will eine Welt ohne Krieg. Er wird uns von diesem Übel befreien!“
Zum Abschluss wurden durch 22 der anwesenden religiösen Vertreter feierlich Kerzen am Leuchter entzündet. Eine symbolische Geste: „Das Licht der Hoffnung auf Frieden in der Dunkelheit des Krieges“, hieß es von der Bühne. Eine Gruppe von Kindern überreichte Botschaftern und Vertreterm der nationalen und internationalen Politik einen durch die Teilnehmer unterzeichneten Friedensappell. „Wie ein Brief voller Träume und Hoffnungen werden sie ihn den Vertretern der Völker und Institutionen überreichen, damit er alle in der Suche nach Frieden inspiriert.“
Vor der Ansprache, die Papst Leo bei der Abschlusszeremonie des Friedenstreffens hielt, hatten die verschiedenen religiösen Gruppen an verschiedenen Orten beim Kolosseum für Frieden gebetet. Christen unterschiedlicher Konfessionen beteten gemeinsam mit dem Papst, während die Anhänger unterschiedlicher ostasiatischer Religionen unter anderem im Garten und im Kreuzgang des römischen Kamaldulenser-Klosters zum Gebet zusammenkamen.
An einem besonders symbolbehafteten Ort hatten sich die Vertreter des Judentums versammelt, unter ihnen der Wiener Oberrabbiner Jaron Engelmayer: Sie trafen sich zum Gebet am Titusbogen am Rand des Forum Romanum. Das Bauwerk aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert zeigt in einem Relief den Triumphzug des Kaisers Titus (69-81) nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels im Jahr 70. Unter anderem ist dort der große siebenarmige Leuchter aus dem Tempel zu sehen, der von römischen Truppen geraubt wurde und heute als verschollen gilt.
Direkt nach der Veranstaltung machte sich Papst Leo auf den Rückweg in den Vatikan – wo am Abend rund 80 führende Vertreter verschiedener Religionen und zahlreiche Gäste zu einer Feier aus Anlass des 60. Jahrestags der Erklärung „Nostra aetate“ des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) erwartet wurden.
(vatican news/kap - cs)
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