Nizäa-Jubiläum: Theologen diskutieren Verhältnis zu Judentum und Islam
„Das Bekenntnis des ersten gesamtkirchlichen Konzils der Geschichte ist bis heute für die katholische Kirche sowie die orthodoxen und die meisten protestantischen Kirchen von grundlegender Bedeutung“, erklärt Dogmatikprofessor Michael Seewald aus Münster, einer der Veranstalter. Er betont jedoch die Konfliktlinien zu den anderen abrahamitischen Religionen: „Interreligiös betrachtet, vor allem was die jüdisch-christlichen und die christlich-islamischen Beziehungen angeht, hat Nizäa komplexe Fragen aufgeworfen.“
Die theologische Kluft: Göttlichkeit Christi als Bruch
Die Konferenz befasst sich mit der zentralen monotheistischen Diskrepanz. Die Göttlichkeit Jesu, die das Konzil festschrieb, ist für Juden und Muslime nicht vereinbar mit dem Glauben an den einen Gott.
„Aus jüdischer wie auch aus islamischer Sicht ist die Vorstellung, dass Gott einen Sohn hat, der ihm in allem gleich und daher selbst Gott sein soll, nicht akzeptabel“, erläutert Seewald. Die Tagung unter dem Titel „The Confession of the Council of Nicaea: History and Theology“ soll klären, „wie das Konzil von Nizäa das Christentum innerhalb des Monotheismus verortet und was es aus Sicht der anderen beiden großen, monotheistischen Religionen, dem Judentum und dem Islam, dazu zu sagen gibt.“
Zu den internationalen Referenten in Münster zählen der Judaist Alfred Bodenheimer (Schweiz) und die Islamwissenschaftlerin Nadine Abbas (Libanon). Auch ökumenische Fragen werden erörtert, unter anderem mit dem anglikanischen Theologen Ben Quash und der evangelischen Theologin Friederike Nüssel.
Glaube der Gläubigen oft „prä-nizänisch“
Neben den historischen und interreligiösen Fragen beleuchtet die Konferenz auch die heutige Relevanz des Bekenntnisses im Alltag der Kirchenmitglieder. Seewald habe kritisch angemerkt, dass die theologische Entwicklung des 4. Jahrhunderts bei vielen modernen Christen kaum noch verankert sei.
„Die großen christlichen Kirchen erkennen alle das Nizänische Glaubensbekenntnis mit einigen späteren Ergänzungen an. Was die Mitglieder dieser Kirchen faktisch glauben, ist eine andere Frage“, so der Dogmatiker. Er vermutet: „Heute denken wohl viele Christen, Jesus sei ein beeindruckender Mensch gewesen, der erst im Nachhinein in vielleicht übertriebener Weise vergöttlicht wurde.“ Das habe in der christlichen Theologie erst im 18. Jahrhundert Kreise gezogen. „Die Theologie der antiken Kirche pflegte hingegen eine spekulativ hochentwickelte Christologie.“
(pm - mg)
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