Papst Leo ernennt Josef Grünwidl zum neuen Erzbischof von Wien
In einer ersten Erklärung sagt der designierte Erzbischof laut Pressemitteilung der Erzdiözese Wien:
„Dass die Ernennung eines neuen Bischofs so lange gedauert hat, hat auch ein bisschen mit mir zu tun. Ich habe nach einigem Zögern jetzt aus ganzem Herzen ‚Ja‘ zu dieser Aufgabe gesagt. Dazu hat mir eine Erkenntnis geholfen, die in den letzten Monaten in mir gereift und stärker geworden ist: Gott braucht mich nicht perfekt, sondern er will mich verfügbar. Im Vertrauen auf so viele, die mich im Gebet unterstützen und im Vertrauen auf Gottes Hilfe, der mich stützen und führen und stärken wird, nehme ich gerne diese Aufgabe an. Ich freue mich darauf und auf die Begegnung mit vielen Menschen – die schon zu uns in der Kirche gehören oder auf der Suche sind –, denen ich vielleicht eine Hilfe sein kann für ihren Lebensweg.“
Ähnlich äußerte sich Josef Grünwidl in einer Videobotschaft zu seiner Ernennung.
Ein digitales Gratulationsbuch mit Wünschen für den designierten Erzbischof hat die Erzdiözese unter www.erzdioezese-wien.at/gratulieren eingerichtet.
Zur Person
Der neue Erzbischof stammt gebürtig aus Hollabrunn in Niederösterreich und damit aus dem Erzbistum Wien. Er studierte Theologie sowie Orgel in der österreichischen Hauptstadt und empfing 1988 im Stephansdom die Priesterweihe aus den Händen des damaligen Erzbischofs Kardinal Franz König. Kardinal Christoph Schönborn machte Grünwidl 1995 bis 1998 zu seinem Sekretär und 2023 zum Bischofsvikar. Mit dem Tag der Emeritierung Schönborns als Erzbischof von Wien wurde Grünwidl befristeter Leiter – Apostolischer Administrator - der Erzdiözese. Bis dahin war er kaum über die Diözesangrenzen hinaus bekannt gewesen.
Der 62-jährige gilt als hervorragender Seelsorger. Über weltkirchliche Erfahrungen verfügt Grünwidl im Gegensatz zu seinem Vorgänger wenig. Wien gilt mit rund einer Million katholischer Gläubiger als wichtigstes Bistum Österreichs. In der Vergangenheit war mit dem Amt des Erzbischofs von Wien üblicherweise die Kardinalswürde verbunden; Papst Franziskus brach diesen Automatismus auf.
Bischofsweihe im Januar 2026
Die Entscheidung zur Ernennung wurde laut Erzdiözese Wien vor wenigen Tagen von Papst Leo XIV. getroffen und am Mittwoch vom Apostolischen Nuntius in Wien, Erzbischof Pedro López Quintana, dem künftigen Erzbischof mitgeteilt. Medien berichteten nach Aussage des Pressesprechers der Erzdiözese wegen einer Indiskretion aus dem Umfeld der Politik schon vorzeitig über die geplante Ernennung. Da Papst Leo XIV. allerdings bis zuletzt eine andere Ernennung hätte vornehmen können, habe man mit der Bekanntgabe auf die offizielle Mitteilung aus dem Vatikan gewartet. Damit Grünwidl sein neues Amt antreten kann, muss er erst zum Bischof geweiht werden, was – gleichzeitig mit der feierlichen Amtseinführung – am (voraussichtlich) 24. Januar 2026 der Fall sein wird. Bis dahin verwaltet er die Erzdiözese wie bisher. Der Bischofsweihe wird Kardinal Christoph Schönborn vorstehen.
Moderat reformorientiert
Grünwidl hat sich in Interviews und Gesprächen als moderat reformorientiert positioniert. Er gehörte einst der österreichischen Pfarrer-Initiative an, einer österreichischen Gruppe von Geistlichen, die nach dem Skandal um den Wiener Kardinal Hans-Hermann Groer für massive Reformen der Kirche eintraten. Grünwidl hat sich für den bereits lange diskutierten Diakonat der Frau ausgesprochen und ist für eine Lockerung bei der Zölibatspflicht für katholische Priester eingetreten.
Die Zukunft der Kirche sieht der neue Erzbischof von Wien allerdings in der geistlichen Erneuerung. Die Seelsorge brauche weniger Funktionäre, sondern vielmehr „Mystikerinnen und Mystiker", erklärte Grünwidl. Menschen mit „abweichender Lebensführung" - wie etwa Homosexuelle - oder Glaubenszweifler sollten auf „ein liebendes Herz" treffen, und statt oberflächlichem „Kulturchristentum" brauche es eine persönliche Christusbeziehung, sowie regelmäßiges Gebet, Schriftlesung und Eucharistie.
Schönborn: „Erzdiözese in guten Händen“
Österreichs Bischofskonferenz: Freude auf Zusammenarbeit
Von „großer Freude" in der ganzen Kirche Österreichs schrieb
der Bischofskonferenz-Vorsitzende, Erzbischof Franz Lackner. Wien bekomme mit Grünwidl einen „wirklichen Hirten, einen Seelsorger, der mit weitem Herz und wachem Geist wirkt, und der die Nähe Gottes wie auch der Menschen zulässt". Auch persönlich freue er sich auf Grünwidls baldige Weihe und Aufnahme im Bischofsamt, so der Salzburger Erzbischof, der Österreichs Katholiken zu gemeinsamem Gebet aufrief, „für den angehenden Erzbischof Josef und sein Amt, für sein Wirken und viele Jahre in Frieden".
Ähnliche Töne stimmte
der Grazer Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl in seinen Gratulationsworten an und dankte seinem künftigen Bischofskollegen dafür, „dass er diesen Dienst für die Menschen in der großen Erzdiözese mit ihren vielfältigen Herausforderungen angenommen hat". Grünwidl sei für das Amt bestens geeignet, durch reiche Erfahrung in der Pfarrseelsorge wie auch in der Verwaltung der Erzdiözese. Auch als neuer Erzbischof werde Grünwidl gute Entscheidungen treffen, „getragen vom Heiligen Geist mit dem Licht des Evangeliums".
Der Innsbrucker Bischof Hermann Gletter kommentierte auf Instagram die Papst-Entscheidung als „solide". Er habe Grünwidl in der Bischofskonferenz und bei persönlichen Begegnungen als „verbindlichen Brückenbauer" kennengelernt, was angesichts eines aktuellen „Auseinanderdriftens so vieler Welten" von großem Wert sei. Sein Kommunikationsstil sei „klar und direkt", zudem sei er als langjähriger Pfarrer, Seelsorger und Bischofsvikar bestens vertraut mit pastoralen Themen und „aufmerksam genug für die aktuellen Fragen und Themen unserer nervösen Zeit". Auch den „Wiener Schmäh" Grünwidls wusste der Innsbrucker Bischof zu schätzen.
Der Kärntner Bischof Josef Marketz wies in seiner Reaktion darauf, dass Grünwidl mit den spezifischen Herausforderungen und Besonderheiten der Kirche in Wien bereits bestens vertraut sei und als Administrator viele Sympathien gewonnen habe. Der in der Bischofskonferenz für die Bereiche Soziales und Pastoral zuständige Bischof hob zudem Grünwidls „besonderes Gespür für soziale und pastorale Anliegen" und den „reichen Erfahrungsschatz als Seelsorger" hervor.
Aus
Vorarlberg meldete sich Bischof Benno Elbs mit Glückwünschen an den „sehr einfühlsamen, aufmerksamen und zutiefst geistlichen Menschen" Grünwidl anlässlich seiner Ernennung zum Wiener Erzbischof. Auch der Feldkircher Oberhirte hob Grünwidls Erfahrung aus der Pfarrseelsorge hervor, freute sich aber besonders, dass die Gläubigen der Erzdiözese Wien mit Grünwidl „einen Bischof erhalten, der nahe bei den Menschen ist und mit Überzeugung und viel Feingespür die Botschaft Jesu lebt und verkündet".
Auch der erst vor wenigen Monaten geweihte
Grazer Weihbischof Johannes Freitag lobte seinen neuen Kollegen in Wien. Er attestierte Grünwidl „geerdete und menschenfreundliche Art, ernsthafte Freude, Humor und Gelassenheit, aber auch Blick auf Menschen am Rand der Gesellschaft". Der designierte Erzbischof „denkt Kirche weit" und lebe gleichzeitig aus der Tiefe. „Seine Erfahrungen an unterschiedlichen Orten der Seelsorge werden ihm im neuen Dienst zugutekommen", so der Grazer Weihbischof.
In den Chor der Gratulanten hat auch
der Südtiroler Bischof Ivo Muser eingestimmt. „Die häufigste Einschätzung, die ich über Josef Grünwidl gehört habe, war: Das ist ein Seelsorger mit Leidenschaft, Herz, Verstand und Erfahrung - und verankert in einer persönlichen Christusbeziehung", hält der Bischof von Bozen-Brixen in einer Stellungnahme gegenüber Kathpress fest. „Das sind gute Voraussetzungen für den anspruchsvollen Dienst, den er nicht gesucht hat, den aber viele ihm zutrauen. Viele Menschen freuen sich über seine Ernennung, weit über Wien hinaus", so der Bischof, der mit „herzlichen Glück- und Segenswünsche aus Südtirol" verbleibt.
Wiener Regierung hat Rolle bei Bischofsernennungen
Eine österreichische Besonderheit bei der Ernennung von Diözesanbischöfen ist, dass die Regierung in Wien dabei eine Rolle spielt. Laut Konkordat zwischen Heiligem Stuhl und Österreich gilt die sogenannte „politische Klausel". Aufgrund dieser hat sich der Heilige Stuhl verpflichtet, vor Ernennung eines Bischofs der österreichischen Bundesregierung den Namen des Kandidaten mitzuteilen. Die Bundesregierung kann gegen die Ernennung „Gründe allgemein politischer Natur" geltend machen. Wird ein solcher Einwand erhoben, sind beide Seiten gehalten, sich zu einigen. Scheitert dies, ist der Papst dennoch frei, sich mit seiner Wahl durchzusetzen. Äußert die Regierung keinen Einwand, gibt in einem zweiten Schritt der Vatikan die Ernennung des neuen Bischofs bekannt.
In einer ersten Fassung dieser Meldung war von einer Katholikenzahl in Wien von 500.000 die Rede gewesen. Wir haben die Zahl korrigiert, sie liegt bei einer Million.
(vatican news/erzdiözese wien/kap – gs/sst)
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