Kardinal Filoni in Budapest: „Die Hoffnung ist ein kleiner Same“
Sophie Lauringer - Budapest
Erst einen Tag zuvor hatte Kardinal Filoni sein neues Buch vorgestellt: „The House Was Filled with the Fragrance of Oil“. Dieses Werk widmet sich der Spiritualität des Ritterordens vom Heiligen Grab und möchte eine vertiefte geistliche Grundlage für dessen Mitglieder bieten.
„Dieses Buch wurde geschrieben, weil viele der rund 30.000 Damen und Ritter sich fragen, ob die Zugehörigkeit zum Orden mehr bedeutet als bloßes Wissen über den Glauben, das jeder Christ haben sollte“, so Filoni. „Im Mittelpunkt steht die Spiritualität des Leidens, des Todes und der Auferstehung des Herrn.“
Die zentrale Botschaft sei es, die persönliche Beziehung zu Jesus Christus zu vertiefen und über eine rein intellektuelle Annäherung hinauszugehen. „Wer den Kern des Mysteriums Jesu verstanden hat, der spürt fast instinktiv den Drang, Ihn zu verkünden“, sagt Filoni. Es gehe darum, dem Leben eine geistliche Dimension zu geben – eine Dimension, die vielen Menschen in Europa heute fehle.
Ein Weckruf für Europa
Für die europäischen Mitglieder des Ordens hat der Kardinal einen klaren Auftrag: „Europa hat seine Wurzeln im Glauben, doch wie Papst Benedikt XVI. sagte, ist es lauwarm geworden. Die Menschen sind oft desillusioniert und erschöpft. Die Antwort ist: Re-Evangelisierung.“
Dabei geht es nicht um Zwang oder Moralismus, sondern um die Einladung zu einem anderen Blick auf das Leben. „Was sagt man jemandem, der drogensüchtig ist, der familiär oder beruflich vor dem Nichts steht? Man sagt: ‚Hab Mut!‘ Aber Mut wozu? Wenn der Mensch nicht lernt, den Blick zu heben und zu erkennen, dass es mehr gibt, bleibt er allein.“
„Fürchte dich nicht, du kleine Herde“
Besonders eindringlich wird der Kardinal, als das Gespräch auf die aktuelle Situation in Gaza kommt. Dort, so berichtet er, sei er persönlich mit Pater Gabriel in Kontakt – einem der wenigen christlichen Seelsorger vor Ort.
„Er ist das Symbol für eine winzige, aber bedeutsame Realität: die christliche Gemeinde in Gaza“, erklärt Filoni. „Mitten in einem zerstörten, von Hass gezeichneten Land verkünden sie die Botschaft des Reiches Gottes. Nicht durch Macht, nicht durch Zahl, sondern durch das Zeugnis.“
Er zitiert das Evangelium: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde, denn euch ist das Reich Gottes verheißen.“ Christen in Gaza seien keine politische Kraft, sondern ein kleines Licht – aber gerade dieses Licht könne Hoffnung bringen.
„Wir dürfen die Hoffnung nicht exportieren – wir müssen sie leben“
Auf die verzweifelte Lage vieler Christen in Syrien angesprochen – so berichtete kürzlich der österreichische Nationaldirektor von Missio, Pater Karl Wallner, dass viele dort jede Hoffnung verloren hätten – blickt Filoni auf eine traurige Historie zurück: „Seit über 100 Jahren fliehen Christen aus dem Nahen Osten – beginnend mit den Massakern der Jungtürken. Der Anteil der Christen ist von über 20 Prozent auf 1,2 Prozent geschrumpft.“
Doch der Kardinal warnt davor, nur auf Zahlen zu schauen: „Muslime sagten mir, als ich Nuntius im Irak war: ‚Ihr Christen seid das Element der Mäßigung unter uns.‘ Unsere Schulen, sozialen Einrichtungen – sie sind kleine Samen des Friedens.“
Die Hoffnung, so Filoni, sei nicht etwas, das man den Menschen bringe, sondern etwas, das in ihnen selbst wachse. „Es geht darum, inmitten der Menschen zu leben und Zeugnis zu geben – für den Frieden, das gegenseitige Verständnis und die Liebe Gottes.“
Warum ist Frieden im Heiligen Land so schwer? „Die Antwort ist einfach und zugleich schmerzlich“, sagt der Kardinal auf die abschließende Frage. „Weil viele glauben, die Heilige Stadt sei ihr exklusives Erbe.“
Juden, Christen und Muslime beanspruchen das Heilige Land für sich. Doch, so Filoni: „Die Offenbarung Gottes ist für alle. Wenn wir das nicht verstehen, wird es keinen Frieden geben.“
Er plädiert für einen radikalen Perspektivwechsel: „Die Heilige Stadt gehört nicht exklusiv den Juden, obwohl Jesus ein Jude war. Nicht den Christen, obwohl dort die Kirche geboren wurde. Und auch nicht den Muslimen. Die Heilige Stadt gehört allen – im gegenseitigen Respekt. Nur dann ist Zusammenleben möglich.“
(vatican news - mg)
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