Buchtipp: Markus Gabriel - Moralische Tatsachen. Warum sie existieren und wie wir sie erkennen können. Buchtipp: Markus Gabriel - Moralische Tatsachen. Warum sie existieren und wie wir sie erkennen können. 

Buchtipp: Moralische Tatsachen

In einer Zeit, in der politische Debatten oft im Strudel des moralischen Relativismus oder Nihilismus versinken, meldet sich der deutsche Philosoph Markus Gabriel mit einem provokanten und klugen Werk zurück. In seinem neuen Buch unternimmt der „Neue Realist“ den radikalen Versuch, die Moral aus der subjektiven Beliebigkeit zu befreien und sie fest im Fundament der Objektivität zu verankern.

Gabriel, bekannt dafür, komplexe philosophische Fragen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, stellt sich der zentralen Herausforderung der Gegenwart: Wenn die Wissenschaft alles ist, was existiert, wo bleibt dann die Moral? Die Antwort des Bonner Professors ist eindeutig: Moralische Fakten sind genauso real wie physikalische, auch wenn sie nicht im gleichen „Sinnfeld“ existieren.

Ein klarer Schlag gegen den Nihilismus

Die These des Buches ist ein direkter Schlag gegen jene, die behaupten, moralische Urteile seien nur Ausdruck von Emotionen, kulturelle Konstrukte oder reine Konventionen. Gabriel argumentiert vehement für einen moralischen Realismus. Er postuliert, dass Aussagen wie „Folter ist falsch“ nicht bloß persönliche Meinungen sind, sondern Tatsachen widerspiegeln – moralische Tatsachen.

Sein Ansatz ist tief in seinem „Neuen Realismus“ verwurzelt. Das Universum ist nicht auf die materiell erfassbare Welt beschränkt. Vielmehr existieren unendlich viele Sinnfelder. So wie es Fakten über die Schwerkraft (Sinnfeld der Physik) gibt, gibt es auch Fakten über Rechte, Pflichten und das Gute (Sinnfeld der Moral). Das „Falsche“ einer Handlung wie Folter ist demnach objektiv in der Welt präsent, unabhängig davon, ob jemand daran glaubt oder sie billigt.

Das Problem des Wissens

Die Stärke von Gabriels Argumentation liegt in der Unterscheidung zwischen der Existenz moralischer Tatsachen und unserer Fähigkeit, sie zu erkennen. Er räumt ein, dass die Erkenntnis moralischer Wahrheiten schwierig ist – das menschliche Versagen, Kriege und Ungerechtigkeiten belegen dies. Doch die Tatsache, dass wir uns irren können, beweist nicht die Nicht-Existenz der Wahrheit. Im Gegenteil: Nur wenn es eine objektive Moral gäbe, könnten wir uns überhaupt moralisch irren.

Er wendet sich damit entschieden gegen den Szientismus, der die Wissenschaft zum alleinigen Richter über alle Wahrheiten erhebt. Moral lässt sich nicht unter dem Elektronenmikroskop finden. Für Gabriel muss die Philosophie ihr Recht auf eigene Erkenntnisbereiche, jenseits der empirischen Naturwissenschaften, zurückfordern.

Fazit: Anspruchsvoll und Notwendig

Moralische Tatsachen ist ein anspruchsvolles, aber notwendiges Buch. Gabriel gelingt es, eine jahrhundertealte philosophische Debatte mit höchster Relevanz für die Tagespolitik zu führen. Er zwingt den Leser, die bequemen Ausreden des Relativismus abzulegen und die Verantwortung für objektive moralische Urteile neu zu übernehmen.

Wer die oft polemische Debatte um Objektivität und Wahrheit in der Gesellschaft verstehen will, findet in diesem Buch eine fundierte und glasklare Verteidigung des guten Grundes für das Gute. Markus Gabriel liefert nicht nur eine These, sondern ein philosophisches Werkzeug, um die moralische Komplexität der modernen Welt zu entschlüsseln.

Zum Mitschreiben

Markus Gabriel: Moralische Tatsachen. Warum sie existieren und wie wir sie erkennen können. ISBN 978-3-406-83747-0.

Eine Rezension von Mario Galgano.

(vatican news)

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03. November 2025, 14:03