Österreichische Bischöfe beenden Herbstvollversammlung
Die Österreichische Bischofskonferenz hat zum Abschluss ihrer Herbstvollversammlung in Wien für den Erhalt eines starken Sozialstaats und die Förderung gesellschaftlicher Solidarität geworben. Bei einer Pressekonferenz am Freitag in Wien bezeichnete der Vorsitzende Erzbischof Franz Lackner die notwendige Budgetkonsolidierung als „Balanceakt“, mit dem eine nachhaltige Zukunft des gut ausgebildeten Sozialstaates gefunden werden müsse.
„Der Sozialstaat in Österreich muss stark bleiben. Ein wichtiges Ziel von Politik muss es sein, die Armut zu verringern und den Druck auf Bedürftige nicht weiter zu erhöhen“, sagte Lackner bei der Pressekonferenz diesen Freitag. Es brauche dafür gleichzeitig den „sachlichen Blick, was wir uns leisten können und was nicht", wie auch eine „menschenfreundliche Politik" mit besonderem Augenmerk auf die Armen sowie ein starkes Miteinander in der Gesellschaft.
Die Bischöfe hatten diesbezüglich bereits zuvor in ihrer Schlusserklärung den weiter hohen „Grundwasserspiegel an Solidarität" in Österreich gelobt. Sichtbar werde dieser unter anderem in den vielen Ehrenamtlichen, deren Zahl weiter gestiegen sei. Hilfsorganisationen wie die Caritas erbrächten „wertvolle Leistungen für die Allgemeinheit". Zu denken gebe ihnen jedoch, wenn Nächstenliebe zunehmend „verächtlich gemacht" werde, eine Tendenz, die auch in Österreich zu beobachten sei, so die Bischöfe, die weiters anmahnten, dass Hilfe „nicht von Herkunft oder Religion abhängig gemacht werden“ dürfe: „Menschenrechte sind unantastbar und gelten für alle Menschen. Solidarität darf auch nicht an der Staatsgrenze enden.“
Eine Menschheitsfamilie
Es sei eine „christliche Grundüberzeugung, dass wir eine Menschheitsfamilie bilden“. Deshalb bestehe auch die Pflicht, den Ärmsten in der Welt durch Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe beizustehen.
Besonders rief Lackner zudem zur Hilfe für die Ukraine auf: „Sie stehen bereits vor ihrem vierten Kriegswinter, die Gewalt findet kein Ende. Weil der Krieg mit unverminderter Härte tobt, muss auch die Hilfe für die Opfer weitergehen.“ Österreichs Bischöfe riefen daher die Bevölkerung zu Beginn des Winters zu „großzügiger Hilfe“ auf.
Mit Blick auf zunehmende antisemitische Tendenzen erinnerten die Bischöfe insbesondere an die November-Pogrome von 1938.
„Sie sind eines der dunkelsten Kapitel unserer Geschichte", so Lackner bei der Pressekonferenz. „Ganz Österreich und besonders Wien waren davon erfasst, wo das blühende Leben einer großen jüdischen Gemeinde buchstäblich unter Schutt und Asche begraben wurde. Die Pogromnacht war aber nur ein Vorbote für die bis heute unfassbare Abgründigkeit der Shoah, die sie brachte Millionen Juden, den Tod und die Vernichtung und hatte die vollständige Auslöschung jüdischen Lebens zum Ziel.“
Scharf verurteilen die Bischöfe in diesem Zusammenhang die Zunahme antisemitischer Übergriffe in Österreich, die im Zusammenhang mit dem Krieg Israels gegen die Terrororganisation Hamas deutlich gestiegen seien.
„Jüdisches Leben muss in Österreich als selbstverständlicher Teil der Gesellschaft sichtbar, möglich und sicher sein. Jeder Antisemitismus baut auf Lüge und Hass. Er darf die Herzen nicht wieder vergiften.“
In diesem Zusammenhang verwies der Vorsitzende der Bischofskonferenz auch auf die desolate Situation im Gazastreifen und die Folgen des Krieges in Nahost.
„Unfassbar hoch ist die Zahl der Toten und Verletzten und das Ausmaß der Zerstörungen vor allem im Gazastreifen. Wir Bischöfe hoffen und beten, dass der brüchige Waffenstillstand endlich zu einem gerechten Frieden für alle, alle Menschen im Heiligen Land führen wird.“
Ablehnende Haltung zum Kopftuchverbot
Die diesmal in Wien stattgefundene Herbstvollversammlung sei „im Zeichen vieler Begegnungen“ gestanden, berichtete der Vorsitzende der Bischofskonferenz. Ein Höhepunkt sei die Einladung durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen gewesen, die das „gute Miteinander von Kirche und Staat in Österreich“ verdeutlicht habe. Der „unaufgeregte Dienst“ des aktuellen Staatsoberhaupts sei ein Segen für das Land, so Lackner, der weiters auch die „friedensstiftende, verbindende Funktion der Kirche für Gesellschaft und Demokratie“ hervorhob. Außerdem berichtete der Erzbischof von einem Treffen der Bischöfe mit den Spitzen der Caritas und verwies auf das kürzlich veröffentlichte erste Schreiben von Papst Leo XIV. „Dilexi te“. Auch dieses mache deutlich, „dass die Armen zur Mitte der Kirche gehören“.
Zu dem von der Regierung geplanten Kopftuchverbot für unter 14-jährige Mädchen bekräftigte der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, die ablehnende Stellungnahme der Kirche. Zwar sei unbestritten, „dass Integration eine große und schwierige Aufgabe ist, und dass es auch Probleme gibt“, doch halte man das Verbot für „rechtlich fragwürdig“ und „nicht für die richtige Methode“. In Fragen religiöser Kleidung sollte es staatlich weder Gebote noch Verbote geben, denn genauso wenig wünschenswert wie ein Zwang zum Kopftuch sei es, „wenn es verboten wird“. Drucksituationen etwa durch muslimische Mitschüler müssten durch die Schulaufsicht verhindert werden, mit Sanktionen gegen „diejenigen, die den Druck ausüben“, so der Generalsekretär.
Synodalität und „echte christliche Aufbrüche“
In ihrer am Freitag veröffentlichten Erklärung zum Abschluss ihrer Herbstvollversammlung verweisen die Bischöfe auch auf den von Papst Franziskus (2013-2025) initiierten Synodalen Prozess, der von Papst Leo XIV. fortgeführt wird. Franziskus habe betont, jede Generation sei aufgerufen, einen „eigenen Stil der synodalen missionarischen Kirche“ zu entwickeln.
Die Bischöfe nennen in ihrer Erklärung mehrere „mutmachende“ Beispiele von Initiativen, die das synodale und missionarische Bewusstsein besonders fördern und Menschen im Glauben begleiten. Darunter etwa die Aktion „Denk Dich Neu“, die unter anderem durch Festivalseelsorge gezielt junge Menschen anspricht. In fast allen Diözesen gebe es Alpha-Glaubenskurse, in Wien „Mission Possible“-Kurse der Akademie für Dialog und Evangelisation, während die Initiative „Österreich der runden und eckigen Tische“ Begegnungen und Dialog zwischen Andersdenkenden vermittle.
Ziel sei es, den Sendungsauftrag Jesu weiterzutragen und als Kirche den unterschiedlichen Lebenswelten der Menschen nahe zu sein. So sollten „nach Abbrüchen und Umbrüchen echte christliche Aufbrüche“ möglich werden, so die Bischöfe, die einen Wandel der Glaubenswelt in Österreich und weltweit feststellen: „Ein nüchterner Blick zeigt, dass die über Jahrhunderte fast selbstverständliche Zugehörigkeit zur Volkskirche in Österreich erodiert. Nach wie vor trägt jedoch das dichte Netz von Paaren, die eine spirituelle Nahversorgung bieten und zum sozialen Zusammenhang beitragen. Und es zeigt sich auch eine neue Sehnsucht nach Sinn und Orientierung“, konstatierte der Salzburger Erzbischof bei der Pressekonferenz. Sichtbar werde dies unter anderem an 179 Erwachsenentaufen alleine in der Erzdiözese Wien in diesem Jahr.
Sakramente weiterhin bedeutsam
Sakramente wie Taufe, Erstkommunion und Firmung sind nach Wahrnehmung der Bischöfe nach wie vor fest im Leben der Gläubigen verankert. Die meisten katholischen Kinder und Jugendlichen besuchten den Religionsunterricht, und kirchliche Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser und karitative Dienste sowie auch viele Traditionen des Kirchenjahres würden nach wie vor geschätzt.
(kap - cs)
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