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Unser Sonntag: Allerseelen und Auferstehung

In dieser ersten Betrachtung für den Monat November von Frater Fabian Lechner geht es um Allerseelen. Der Tod eines geliebten Menschen hinterlässt eine Lücke – wir aber glauben fest daran, dass wir gemeinsam bei Gott unsere Vollendung finden.

Allerseelen: Joh 11,17-27

Wir Menschen kennen die schmerzhafte Erfahrung vom Verlust einer geliebten Person. Wenn jemand durch den Tod von uns geht, dann bleiben seine Angehörigen, seine Freunde und diejenigen, die ihm nahestanden, zurück.

Durch den Abschied entsteht eine Lücke, die bleibt. Welche Gefühle verspüren wir dabei? Dankbarkeit und Freude über gemeinsam verbrachte Stunden? Trauer aufgrund des Verlustes oder vielleicht auch Wut wegen unserer eigenen Ohnmacht im Angesicht des Todes? In vielen Fällen vermutlich ein bisschen von allem. Wenn ein Mensch stirbt, so ist das meistens auch für uns Christen eine schmerzhafte Erfahrung. Leid entsteht, wenn zwischenmenschliche Beziehungen durch den Tod beendet werden.

Der Heimgang eines anderen verändert unser Leben

Denn auch wenn wir aus dem österlichen Glauben leben, so wissen wir, dass durch den Heimgang eines anderen immer auch unser eigenes Leben verändert wird: Wir spüren nicht mehr die unmittelbare Nähe des geliebten Menschen, wir können schöne und schwere Stunden nicht mehr mit ihm teilen.

Gestern haben wir das Hochfest Allerheiligen gefeiert, an dem wir jener Menschen gedacht haben, die bereits in Gott verherrlicht sind.

Die Heiligen sind unsere Fürsprecher

Die Heiligen sind unsere Fürsprecher und Begleiter im Leben und auf dem Weg zu Gott. Am heutigen Allerseelentag gedenken wir aller Verstorbenen, also auch unserer eigenen Angehörigen, Freunde und jener, an die keiner mehr denkt. Wir bitten Gott, dass er ihnen das ewige Leben schenken möge. Beide Feste sind seit dem Mittelalter verbunden.

„Wir glauben fest daran, dass sie und wir gemeinsam bei Gott unsere Vollendung finden“

Viele von uns besuchen in diesen Tagen einen Friedhof und gedenken ihrer Toten. An zahlreichen Orten werden an diesem Wochenende die Gräber mit Blumen geschmückt und bei Gräberrundgängen gesegnet. Mancherorts ist es üblich, im Rahmen einer Heiligen Messe oder einer Andacht die Namen der Verstorbenen des vergangenen Jahres zu verlesen. Wir bringen damit zum Ausdruck, dass unsere Verstorbenen nicht vergessen sind. Wir glauben fest daran, dass sie und wir gemeinsam bei Gott unsere Vollendung finden.

II. Vatikanum: Endzeitliche Dimension des Glaubens

Das II. Vatikanische Konzil unterstreicht in der Konstitution Lumen Gentium diese endzeitliche Dimension unseres Glaubens. Es ist ein Ausweis des Lebens und Glaubens, dass nicht nur wir Lebende für unsere Verstorbenen beten, sondern wir auch darauf vertrauen dürfen, dass die Verstorbenen für uns beten (vgl. LG 49-51).

Lazarus ist wirklich gestorben

Das Evangelium des heutigen Sonntags berichtet von der Auferweckung des Lazarus. Die drei Geschwister Maria, Martha und Lazarus spielen im Leben Jesu eine wichtige Rolle, immer wieder ist er in ihrem Haus zu Gast. Als Jesus vom Tod seines Freundes hört, so berichtet uns der Evangelist Johannes, eilt er nach Bethanien. Die unmittelbare Reaktion zeigt, dass er hier um Menschen gehen muss, die Jesus wichtig sind. Er macht sich auf einen mehrtägigen beschwerlichen Weg von Galiläa in die Nähe von Jerusalem, um der Familie beizustehen. Als er dort ankommt, liegt Lazarus bereits vier Tage im Grab. Der beschriebene Zeitraum lässt keinen Zweifel: Lazarus ist wirklich tot. Die Geschwister trauern.

Die Gewissheit der Martha

Während Maria im Haus auf Jesus wartet, geht Martha ihm entgegen und begrüßt ihn mit den Worten: „Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben. Aber auch jetzt weiß ich: Alles, worum du Gott bittest, wird Gott dir geben.“ Ihre Worte dürfen wir nicht als Vorwurf deuten. Vielmehr zeugen sie von einer tiefen Überzeugung:

Der Verlust des Bruders ist eine existentielle und enorm belastende Erfahrung.  Martha glaubt Jesus, ohne ihn wirklich zu verstehen.

Wenn Martha sagt „ich weiß“, dann ist das ein tieferes Wissen, das wir im Deutschen auch mit dem Wort „Gewissheit“ beschreiben können: Auch wenn sie das Geschehene nicht begreift, so kann sie dennoch vertrauen. Sie ist gewiss, dass Jesus, der Christus, der Sohn Gottes ist, der in die Welt kommen soll.

„In der Person Jesu ist die Auferstehung bereits gegenwärtig“

Jesus antwortet Martha: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“ Die „Ich bin“-Worte Jesus wollen zeigen: In seiner Person ist die Auferstehung bereits gegenwärtig. Sie ist kein abstraktes Versprechen für eine ferne Zukunft, sondern wird durch Jesus zu einer Wirklichkeit unseres Lebens – trotz oder gerade im Angesicht des Todes. Die Frage Jesu: Glaubst du das? – sie richtet sich auch an uns, wenn wir mit dem Tod eines geliebten Menschen konfrontiert sind. Wenn wir mit Martha „Ja“ antworten können, dann wird die Auferstehung nicht nur für den Verstorbenen, sondern auch für uns zu einer trostspendenden Zusage.

„Die Auferweckung des Lazarus bereitet uns auf das vor, was an Ostern geschieht“

Die Erzählung von der Auferweckung des Lazarus steht am Anfang von Jesu Weg in die Passion. Sie bereitet uns auf das vor, was an Ostern geschieht. Die biblische Erzählung am heutigen Allerseelentag soll wie die Auferstehung Jesu an Ostern Trost spenden: Gegen die Totalität und die Ausweglosigkeit des Todes. Jüdische Hörer dürfen bereits am Beginn der Erzählung ihren Sinn vermuten. Denn der Name Lazarus bedeutet im Hebräischen (Eleazar) „Gott hilft“.

Jesus, der Freund

Ich möchte unseren Blick anhand des heutigen Sonntagsevangelium noch auf einen anderen Aspekt lenken, der für mich von fundamentaler Bedeutung ist. Die Erzählung zeigt uns anhand einer einfachen Tatsache, dass Jesus nicht nur wahrer Gott, sondern auch wahrer Mensch ist.

Maria, Martha und Lazarus waren mit Jesus befreundet. Freundschaft ist ein elementarer Bestandteil des menschlichen Lebens. Der Mensch lebt nicht isoliert und ist auf zwischenmenschliche Beziehungen angewiesen. Dort wo Freundschaft fehlt, wird das Leben grau und verliert an Tiefe. Auch Jesus bildet hier keine Ausnahme. Das Miteinander von Jesus mit den drei Geschwistern zeugt von einer tiefen Verbundenheit, von gegenseitigem Wohlwollen und Verständnis, von Zuneigung und Vertrautheit.

„Wenn wir an Allerseelen unserer Toten gedenken, dann sollten wir wie Jesus immer auch das Leben feiern“

Wenn wir an Allerseelen unserer Toten gedenken, dann sollten wir wie Jesus immer auch das Leben feiern, indem wir genau an diese Erfahrungen denken, die wir mit unseren Verstorbenen in den gemeinsamen Stunden machen konnten.

Im Herbst werde die Tage kürzer und die Nächte länger. Es wird kälter, in vielen Gegenden legt sich in diesen Tagen bereits am Morgen Nebel über das Land. Das schlechte Wetter passt zum Monat November, der fest im Zeichen von Tod und Abschied steht: Auf das Fest Allerseelen folgt der staatliche Volkstrauertag, evangelische Christen begehen im November ihr Totengedenken am Totensonntag. Für Christen ist der Monat aber gleichsam mit dem Glauben an die Auferstehung verbunden.

Der Glaube an die Auferstehung

Der Theologe Romano Guardini schreibt: „Der Tod ist die uns zugewandte Seite jenes Ganzen, dessen andere Seite Auferstehung heißt.“ Auch für Christen bedeutet der Tod, dass man von einem geliebten Menschen Abschied nehmen muss. Doch mit dem Glauben verliert dieser Abschied seine Totalität.

Daher, so heißt es heute in der zweiten Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Thessalonicher, Christen sollen nicht trauern, wie die anderen, die keine Hoffnung haben. Hoffnung lebt vom Vertrauen. Das lernen wir im heutigen Evangelium von Martha. Vertrauen bedeutet überzeugt sein, dass Gott es mit dem Menschen gut meint, ihm beisteht und sein Heil will.

Beten wir für jene, die uns vorausgegangen und in das Haus des Vaters heimgekehrt sind: O Herr, gib ihnen das ewige Leben und das ewige Licht leuchte ihnen. Herr, lass sie ruhen in Frieden. Amen.

(radio vatikan - redaktion claudia kaminski)

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01. November 2025, 09:22