Abu Dhabi: Der erste Eindruck
Stefan von Kempis – Abu Dhabi
Der erste Eindruck von Abu Dhabi ist ein seltsamer: Hollywood-Kitsch in der Wüste. Luxus, Palmen, Strand, ein Riesenrad. Hotelhochhäuser und breite Boulevards, auf denen wenige Autos unterwegs sind und gar keine Fußgänger. Einige Einheimische im traditionellen weißen Übergewand und Sandalen – und sehr viele Ausländer, überall. Die Europäer in kurzen Hosen sind hier zum Chillen, die Asiaten schuften und schicken ihren Verdienst nach Hause.
Gildie zum Beispiel, der „Guest relations manager“ eines Hotels an der Corniche. Er kommt von den Philippinen, genauer: aus der Unruheprovinz Mindanao im Süden. Als Papst Franziskus vor drei Jahren Manila besuchte, konnte er es sich nicht leisten, zur Papstmesse von Mindanao aus hoch in die Hauptstadt zu fliegen – zu teuer. Für Dienstag hat er seine Arbeitgeber um einen freien Tag gebeten, dabei ist es ihm noch nicht einmal gelungen, an ein Ticket für die Papstmesse in Abu Dhabi heranzukommen. „Aber ich fahre jeden Tag am Stadion vorbei, wo der Papst die Messe feiern wird“, sagt er, „und ich habe gesehen, dass die da schon einen Riesenbildschirm aufgestellt haben. Notfalls schaue ich mir die Messe von außerhalb an.“
Nebenbei: Das Stadion liegt am Stadtrand. Wenn Gildie jeden Tag daran vorbeikommt, heißt das, er wohnt wohl in einer der weniger schicken Trabantensiedlungen draußen in der Wüste. Man sieht sie links und rechts, wenn man vom Flughafen Richtung Meer fährt.
Pracht und Kitsch
Szenenwechsel: Am Emirates Hotel, einer sehr teuren Mischung von Pracht und Kitsch, kommt gerade eine Vorab-Delegation aus dem Vatikan an, alle in kurzärmeligen blauen Hemden mit Papstwappen auf der Schulter. Sie wird empfangen von einem Geistlichen, der einer der wichtigsten Kirchenleute in der Region ist, aber kein Interview geben und auch nicht genannt werden will. Der Mann ist besorgt: Sein Eindruck ist, wie er gesprächsweise mitteilt, dass die Papstreise in die Emirate von anderen Golfstaaten als Parteinahme des Vatikans gedeutet werden könnte – dass es zum Beispiel so aussehen könnte, als stünde auch Franziskus hinter dem Boykott gegen Katar.
Eigentlich eine absurde Vorstellung. Doch der Verdacht, dass die Emirate mit dem Papst eine Art Propaganda-Show vorhaben, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Der libanesische Pater T. lacht nur, wenn er hört, die Papstreise solle dem interreligiösen Dialog dienen. „Was denn für ein interreligiöser Dialog?“, fragt er, „den gibt es doch gar nicht hier. Mit den Christen redet doch keiner.“ Das seien für die reichen Leute in den Emiraten doch noch nicht einmal Hausangestellte, sondern „Sklaven“, sonst nichts.
(vatican news)
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