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Johannes XXIII. bei seinem Besuch in Assisi Johannes XXIII. bei seinem Besuch in Assisi

Aus unserem Ton-Archiv: Die Päpste und die Umwelt

Fridays for future? Gab’s im Vatikan schon unter Pius XII., sozusagen. Dass sich auch die Christen für die Umwelt und das Klima engagieren sollten, ist keine Erfindung von Greta Thunberg (21. Jahrhundert) oder Franz von Assisi (13. Jahrhundert).

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

In den Äußerungen der Päpste in den letzten sechzig Jahren finden sich immer wieder Öko-Appelle, die – leicht angepasst – so klingen, als stammten sie aus einer Greta-Rede. Das glauben Sie mir nicht? Na gut. Dann hör’n Sie jetzt mal zu.

Johannes XXIII. (1958-63) – damit fangen wir an. Der Bauernsohn aus Norditalien fuhr 1962 mit dem Zug (vgl. Greta!) in das Bergstädtchen Assisi, in dem einst der heilige Franz wirkte, und stimmte dort einen Lobgesang auf Gottes Schöpfung an.

Johannes XXIII.: Die Güter der Erde gehören niemandem allein

„Paradies auf Erden – das ist der moderate, weise Gebrauch der Dinge, die die Vorsehung über die Welt verstreut hat, die niemandem allein gehören und die allen nützlich sind... Möge Friede und Eintracht herrschen von einem Ende der Erde zum anderen, auch was die unglaublichen Reichtümer verschiedener Natur betrifft, die Gott den Menschen anvertraut hat. Mögen sich in ihrer gerechten Verteilung die Prinzipien des Zusammenlebens ausdrücken, die von Gott sind und zu Gott hinführen!“

Hier hören Sie die historischen Ton-Aufnahmen.

Da ist eigentlich schon alles drin. Nur ein klares Klimaziel hat der Roncalli-Papst, der damals zu einem Tauwetter im Kalten Krieg beitrug, nicht vorgegeben.

Paul VI.: Umweltschutz und soziale Frage hängen zusammen

Paul VI. (1963-78), sein Nachfolger, war da expliziter. In einem Apostolischen Schreiben namens „Octagesima adveniens“ schrieb er 1971: „Dessen werden sich die Menschen heute fast überstürzt bewusst: nämlich die Natur so unbedacht ausgeschlachtet zu haben, dass Gefahr besteht, sie zu zerstören, und dass der in solchem Missbrauch liegende Schaden wieder auf sie selbst zurückfällt. Aber nicht nur die Umwelt des Menschen wird für diesen stets feindlicher, wie zum Beispiel die Verunreinigung der Natur, Umweltverschmutzung, neue Krankheiten, absolute Vernichtungskraft; der Mensch hat auch die menschliche Gesellschaft selbst nicht mehr im Griff, so dass er für seine Zukunft Lebensbedingungen herbeiführen kann, die für ihn ganz und gar unerträglich sind. Es handelt sich um die soziale Frage, die so weite Dimensionen hat, dass sie die gesamte Menschheitsfamilie erfasst. Derart neuen Aussichten müssen die Christen ihre Gedanken zuwenden, damit sie sich zusammen mit den übrigen Menschen der Verantwortung für das Schicksal bewusstwerden, das ein allen gemeinsames zu nennen ist.“

Schade, dass es von diesen Worten Pauls VI. keine Ton-Aufnahme gibt; die hätten wir Ihnen gerne vorgespielt. Wichtig an diesem Zitat ist, wie entschlossen der Montini-Papst die Sorge für die Umwelt mit der sozialen Frage in Zusammenhang bringt. Das finden wir bei ihm auch – diesmal mit O-Ton – in einer Generalaudienz vom November 1973:

„Wo bleibt denn die Ökologie des Menschen?“

„Wir können nicht verschweigen, wie es uns schmerzt und erstaunt, dass heute so leichtfertig für das, was die Geister verstört und beschmutzt, geworben wird – für Pornographie zum Beispiel, die das Herz befleckt zurücklässt. Wo bleibt denn die Ökologie des Menschen? Man kümmert sich heutzutage so ausgiebig um die Sauberkeit und den Respekt der Natur – und wir haben gleichzeitig nicht den geringsten Respekt vor dem größten Schatz des Menschen, nämlich vor seinem Herzen! Die innere Reinheit – selig, die reinen Herzens sind, sagt Christus.“

„Ökologie des Menschen“: Ich muss zugeben, dass ich diesen Begriff bisher für eine „Erfindung“ unseres deutschen Papstes Benedikt XVI. gehalten habe…

Johannes Paul II.: Die Kreaturen sind Geschenke Gottes

Aber so weit sind wir noch nicht. Erst kam, lange vor Gretas Geburt, das Pontifikat von Johannes Paul II. (1978-2005). Der war kein „Grüner“ – aber ein Naturfreund, der noch als Papst in anrührenden Versen das frische Plätschern einer Bergquelle bedichtete.

„Die Beziehung, die der Mensch zu Gott hat, bestimmt auch, in welcher Beziehung er zu seinesgleichen und zur Umwelt steht.“ Das sagte Johannes Paul 1997 zu den Teilnehmern eines Öko-Kongresses. „Darum hat die christliche Kultur in den Kreaturen, die den Menschen umgeben, immer Geschenke Gottes gesehen, die es mit Dankbarkeit gegenüber dem Schöpfer zu pflegen und zu hüten gilt.“

Der polnische Papst zitierte die benediktinische und die franziskanische Tradition mit ihrer Aufmerksamkeit gegenüber der Umwelt – ohne zu ahnen, dass ihm ein Benedikt und ein Franziskus einmal im Amt folgen würden.

„Umwelt darf nicht zur Beute werden“

„In der modernen, säkularisierten Ära erleben wir, wie eine doppelte Versuchung auf den Plan tritt: ein Wissensbegriff, der nichts mehr mit Weisheit und Betrachtung zu tun hat, sondern als Macht über die Natur gesehen wird – so dass die Natur als zu eroberndes Objekt erscheint. Die andere Versuchung ist die grenzenlose Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, angetrieben von der Suche nach Profit… Die Umwelt ist dadurch oft zu einer Beute für einige starke industrielle Gruppen geworden. Den Schaden hat die Menschheit im Ganzen – mit entsprechenden Schäden für das Gleichgewicht des Ökosystems, die Gesundheit der Menschen und die künftigen Generationen.“

Es sei eine dringende Verantwortung des Menschen, die Ökosysteme zu bewahren und die Umwelt zu schätzen, so Johannes Paul II. „Wir brauchen eine offene, internationale Solidarität, damit auch die Ärmsten und die künftigen Generationen noch genügend Ressourcen haben!“ Geben Sie zu – das könnte auch von Greta Thunberg stammen.

Benedikt XVI.: Auf die Sprache der Natur hören

Wir sind bei Benedikt (2005-13): Der sprach das Thema „Ökologie des Menschen“ sogar bei seiner Rede 2011 im Deutschen Bundestag an.

„Ich würde sagen, dass das Auftreten der ökologischen Bewegung in der deutschen Politik seit den 70er Jahren zwar wohl nicht Fenster aufgerissen hat, aber ein Schrei nach frischer Luft gewesen ist und bleibt, den man nicht überhören darf und nicht beiseiteschieben kann, weil man zu viel Irrationales darin findet. Jungen Menschen war bewusst geworden, dass irgendetwas in unserem Umgang mit der Natur nicht stimmt. Dass Materie nicht nur Material für unser Machen ist, sondern dass die Erde selbst ihre Würde in sich trägt und wir ihrer Weisung folgen müssen.“

Nein, er wolle hier keine „Propaganda“ für eine „bestimmte politische Partei“ machen“, so Benedikt. Doch die Bedeutung der Ökologie sei doch mittlerweile „unbestritten“:

„Wir müssen auf die Sprache der Natur hören und entsprechend antworten. Ich möchte aber nachdrücklich einen Punkt noch ansprechen, der nach wie vor weitgehend ausgeklammert wird: Es gibt auch eine Ökologie des Menschen. Auch der Mensch hat eine Natur, die er achten muss und die er nicht beliebig manipulieren kann…“

Bei einer Generalaudienz hat Papst Ratzinger schon 2009 einmal ausgeführt, dass das Eintreten für die Schöpfung aus seiner Sicht „nicht eine Mode“ ist, „sondern etwas, das aus dem Glauben der Kirche selber folgt“.

„Verantwortung für die Schöpfung gehört zu den Grundlagen des Glaubens“

„Gleich im ersten Kapitel der Bibel, im Schöpfungsbericht, wird den Menschen die Schöpfung anvertraut, damit die Menschen sie zu einem Garten Gottes machen, sie nicht zerstören, sondern aus ihr all die Möglichkeiten herausheben, die Gott in sie hineingelegt hat. Verantwortung für die Schöpfung gehört zu den Grundlagen des christlichen Glaubens, und nur wenn wir die Dinge dieser Welt, unsere Erde als Schöpfung Gottes ansehen, können wir auch zur rechten Verantwortung kommen und finden, dass diese Gnaden des Guten uns in der Schöpfung selbst gegeben werden…“

Schöpfung als Gabe und Aufgabe. Schon Benedikt XVI. also hat den Einsatz für die Schöpfung „zu den Grundlagen des christlichen Glaubens“ gerechnet.

Franziskus: Die Berufung zum Hüten

Darauf konnte Franziskus (seit 2013) dann aufbauen. 2015 schrieb er als erster Papst der Geschichte eine eigene Enzyklika zum Thema Umwelt. Sie heißt Laudato si‘ und ließ den Kampf fürs Ökologische durch das Hauptportal in die Kirche eintreten.

Schon in seiner Predigt beim Amtsantritt 2013 auf dem Petersplatz hatte der argentinische Papst ausgerufen: „Hüten wir Christus in unserem Leben, um die anderen zu behüten, um die Schöpfung zu bewahren! Die Berufung zum Hüten besteht darin, die gesamte Schöpfung, die Schönheit der Schöpfung zu bewahren, wie uns im Buch Genesis gesagt wird und wie es uns der heilige Franziskus von Assisi gezeigt hat: Sie besteht darin, Achtung zu haben vor jedem Geschöpf Gottes und vor der Umwelt, in der wir leben.“

„Seid Hüter der Gaben Gottes!“

Im Grunde sei „alles der Obhut des Menschen anvertraut“, so Franziskus, und das sei „eine Verantwortung, die alle betrifft“.

„Seid Hüter der Gaben Gottes! Und wenn der Mensch dieser Verantwortung nicht nachkommt, wenn wir uns nicht um die Schöpfung und um die Mitmenschen kümmern, dann gewinnt die Zerstörung Raum, und das Herz verdorrt.“

Päpste, Umwelt, Klima. Sie sehen: Das Lehramt hatte das Öko-Thema auch schon vor Greta auf dem Schirm…

(radio vatikan)
 

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01. Oktober 2019, 12:03