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Angelus Angelus 

Wortlaut: Papst Franziskus beim Mittagsgebet

Hier finden Sie die Ansprache, die Papst Franziskus an diesem Sonntag bei seinem Angelusgebet am Hochfest Peter und Paul gehalten hat, in vollem Wortlaut in einer Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan.

Die amtliche deutsche Fassung dieser Ansprache finden Sie bald auf der offiziellen Internetseite des Vatikan.

Liebe Brüder und Schwestern!

Das Evangelium der heutigen Liturgie, des Hochfestes der Patrone [Schutzheiligen] Roms, berichtet von den Worten, die Petrus an Jesus richtet: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt 16,16). Es ist ein Glaubensbekenntnis, das Petrus nicht aufgrund seines menschlichen Verständnisses ausspricht, sondern weil Gott, der Vater, ihn dazu inspiriert hat (vgl. V. 17). Für den Fischer Simon, genannt Petrus, war es der Beginn eines Weges: Es sollte tatsächlich noch lange dauern, bis die Tragweite dieser Worte tief in sein Leben eindrang und ihn ganz erfasste. Es gibt eine „Lehrzeit" des Glaubens, die auch die Apostel Petrus und Paulus betraf, ähnlich wie bei jedem von uns. Auch wir glauben, dass Jesus der Messias ist, der Sohn des lebendigen Gottes, aber es braucht Zeit, Geduld und viel Demut, bis unser Denken und Handeln dem Evangelium voll entspricht.

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Der Apostel Petrus hat dies unmittelbar erfahren. Ausgerechnet nachdem er Jesus seinen Glauben bezeugt hat, und ihm Jesus dann ankündigt, dass er leiden und zum Tode verurteilt werden wird, lehnt er dies ab, da er es für unvereinbar mit dem Messias hält.

Er sieht sich sogar gezwungen, den Meister zurechtzuweisen, der ihn seinerseits anfährt: „Tritt hinter mich, du Satan! Ein Ärgernis bist du mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen“ (V. 23).

Denken wir einmal nach: Passiert uns nicht auch dasselbe? Wir wiederholen das Glaubens­bekenntnis, wir sprechen es voller Glauben, aber wenn wir mit den harten Prüfungen des Lebens konfrontiert werden, scheint alles ins Wanken zu geraten. Wir sind geneigt, beim Herrn zu protestieren und ihm zu sagen, dass das nicht gerecht ist, dass es andere, direktere, weniger anstrengende Wege geben muss. Wir erleben die Zerrissenheit des Gläubigen, der an Jesus glaubt, ihm vertraut, aber gleichzeitig spürt, dass es schwierig ist, ihm zu folgen und man versucht ist, andere Wege als die des Meisters zu suchen. Der heilige Petrus erlebte dieses innere Drama, und er brauchte Zeit und Reife.

Zunächst war er entsetzt über den Gedanken an das Kreuz, doch am Ende seines Lebens legte er mutig Zeugnis für den Herrn ab, bis hin zu dem Punkt, an dem er sich – der Überlieferung nach – mit dem Kopf nach unten kreuzigen ließ, um nicht dem Meister gleich zu sein.

Auch der Apostel Paulus machte eine langsame Reifung des Glaubens durch und erlebte Momente der Unsicherheit und des Zweifels. Die Erscheinung des Auferstandenen auf dem Weg nach Damaskus, die ihn vom Verfolger zum Christen machte, muss als Beginn eines Weges gesehen werden, auf dem der Apostel mit den Krisen, den Misserfolgen und der ständigen Pein eines „Stachel im Fleisch“ (vgl. 2 Kor 12,7) zurechtkam, wie er es nennt. Der Weg des Glaubens ist nie ein Spaziergang, für niemanden, weder für Petrus noch für Paulus, für keinen Christen. Der Weg des Glaubens ist kein Spaziergang, sondern er ist anspruchsvoll und manchmal mühsam: Auch Paulus, zum Christen geworden, musste das vollends Christ-Sein allmählich lernen, vor allem durch Zeiten der Prüfung.

Im Lichte dieser Erfahrung der heiligen Apostel Petrus und Paulus kann sich jeder von uns fragen: Wenn ich meinen Glauben an Jesus Christus, den Sohn Gottes, bekenne, tue ich das in dem Bewusstsein, dass ich immer wieder lernen muss, oder gehe ich davon aus, dass ich „schon alles verstanden habe“? Und weiter: Lasse ich mich bei Schwierigkeiten und Prüfungen entmutigen, klage ich, oder lerne ich, sie als Gelegenheit zu nutzen, um im Vertrauen auf den Herrn zu wachsen? Denn er – so schreibt Paulus an Timotheus – wird uns allem bösen Treiben entreißen und retten in sein himmlisches Reich (vgl. 2 Tim 4,18). Die Jungfrau Maria, Königin der Apostel, möge uns lehren, sie nachzuahmen, um Tag für Tag auf dem Weg des Friedens voranzuschreiten.

(vatican news)

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29. Juni 2022, 12:07