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Wortlaut: Papst Franziskus beim Angelus

Hier finden Sie die Ansprache, die Papst Franziskus an diesem Sonntag bei seinem Angelusgebet gehalten hat, in vollem Wortlaut in einer Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan.

Die amtliche deutsche Fassung dieser Ansprache finden Sie bald auf der offiziellen Internetseite des Vatikan.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Das Evangelium der Liturgie dieses Sonntags spricht von einem Wendepunkt: „Als sich die Tage erfüllten, dass er hinweggenommen werden sollte, fasste Jesus den festen Entschluss, nach Jerusalem zu gehen“ (Lk 9,51). Die „große Reise“ zur heiligen Stadt beginnt, die einen besonderen Entschluss erfordert, weil sie die letzte Reise ist. Die Jünger, voll von noch allzu weltlichem Enthusiasmus, träumen davon, dass der Meister dem Triumph entgegengeht; Jesus hingegen weiß, dass ihn in Jerusalem Verwerfung und Tod erwarten (vgl. Lk 9,22; 43b-45); er weiß, dass er viel zu leiden haben wird; und das erfordert einen festen Entschluss. Jesus geht entschlossen nach Jerusalem.

Es ist derselbe Entschluss, den auch wir treffen müssen, wenn wir Jünger Jesu sein wollen. Worin besteht dieser Entschluss? Denn wir müssen ernsthaft Jünger Jesu sein, mit echter Entschlossenheit, nicht Christen mit Rosenwasser. Nein - entschlossene Christen! Die Episode, die der Evangelist Lukas unmittelbar danach erzählt, hilft uns, dies zu verstehen.

„Das „Feuer“, das er auf die Erde bringen wollte, ist die barmherzige Liebe des Vaters“

Ein Dorf von Samaritern, die gehört hatten, dass Jesus auf dem Weg nach Jerusalem – einer gegnerischen Stadt – war, nahm ihn nicht auf. Die Apostel Jakobus und Johannes sind empört und schlagen Jesus vor, diese Menschen zu bestrafen, indem er ein Feuer vom Himmel fallen lässt. Jesus lehnt den Vorschlag nicht nur ab, sondern weist die beiden Brüder zurecht. Sie wollen ihn in ihre Rachegelüste hineinziehen, und er lässt sich nicht darauf ein (vgl. V. 52-55). Das „Feuer“, das er auf die Erde bringen wollte (vgl. Lk 12,49), ist ein anderes: die barmherzige Liebe des Vaters. Um dieses Feuer zum Brennen zu bringen, braucht man Geduld und Opferbereitschaft...

Jakobus und Johannes hingegen lassen sich vom Zorn überwältigen. Das passiert auch uns, wenn wir, obwohl wir Gutes tun, vielleicht mit Opfern, statt eines Willkommens eine verschlossene Tür vorfinden. Dann entsteht Zorn: Wir versuchen sogar, Gott selbst hineinzuziehen und drohen mit himmlischen Strafen. Jesus hingegen geht einen anderen Weg, nicht den der Wut, sondern den der festen Entschlossenheit, die keineswegs mit Härte gleichzusetzen ist, sondern mit Ruhe, Geduld und Langmut, ohne dass wir auch nur im Geringsten in unserem Engagement für das Gute nachlassen. Diese Art des Seins zeugt nicht von Schwäche, sondern im Gegenteil von einer großen inneren Stärke. Sich in der Not vom Zorn überwältigen zu lassen, ist leicht, es ist instinktiv.

Gelassene Menschen werden

Schwierig hingegen ist es, sich selbst zu beherrschen, so wie es Jesus tat, der sich – wie das Evangelium sagt – auf den Weg „in ein anderes Dorf“ machte (V. 56). Das bedeutet, dass wir, wenn wir Verschlossenheiten feststellen, uns umwenden müssen, um das Gute anderswo zu tun, ohne Schuldzuweisungen. So hilft uns Jesus dabei, gelassene Menschen zu sein, zufrieden mit dem Guten, das wir vollbracht haben, und nicht nach menschlicher Anerkennung strebend.

Jetzt fragen wir uns: Wo stehen wir? ... Wenden wir uns im Angesicht von Widerständen und Missverständnissen an den Herrn, bitten wir ihn um seine Standhaftigkeit im Tun des Guten? Oder suchen wir Bestätigungen im Beifall und sind am Ende verbittert und nachtragend, wenn wir ihn nicht hören? Wie oft suchen wir bewusst oder unbewusst nach Applaus, nach Bestätigung durch die anderen... Nein, das ist nicht richtig. Wir sollen das Gute nicht um des Beifalls willen tun!

Manchmal glauben wir, dass unser Eifer auf ein Gefühl der Gerechtigkeit, für eine gute Sache, zurückzuführen ist, aber in Wirklichkeit ist es in den meisten Fällen nichts anderes als Stolz, gepaart mit Schwäche, Empfindlichkeit und Ungeduld. Bitten wir also Jesus um die Kraft, ihm gleich zu werden, ihm mit fester Entschlossenheit zu folgen auf diesem Weg des Dienens. Nicht nachtragend und intolerant zu sein, wenn Schwierigkeiten auftreten, wenn wir uns für das Gute verausgaben und die anderen es nicht verstehen...

Möge die Jungfrau Maria uns helfen, uns den festen Entschluss Jesu, bis zum Ende in der Liebe zu bleiben, zu eigen zu machen.

(vatican news)
 

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26. Juni 2022, 12:08