Suche

Der große Fackelzug zum Gedenken an die Bombennacht in Rom führte in der Nacht zum Freitag zu den Orten der Anschläge Der große Fackelzug zum Gedenken an die Bombennacht in Rom führte in der Nacht zum Freitag zu den Orten der Anschläge  (ANSA)

Papst zu Anti-Mafia-Gedenken: Gemeinwohl-Einsatz „ohne Angst“

Der Papst hat Menschen gewürdigt, die sich unter Lebensgefahr gegen Kriminalität und für das Gemeinwohl eingesetzt haben. In einem Brief anlässlich des Gedenkens an die Bombenanschläge der Mafia auf zwei Kirchen in Rom ermutigt er vor allem junge Leute, aktiv zu einem Mentalitätswandel beizutragen.

In seinem Schreiben schließt sich der Papst dem Gedenken an die Anschläge vor genau 30 Jahren an; das Bistum Rom hatte dazu gemeinsam mit der Stadtverwaltung und der Anti-Mafia-Vereinigung Libera in der Nacht auf Freitag einen Fackelzug organisiert.

In der Nacht zum 28. Juli 1993 verübte die italienische Mafia zwei Attacken gegen kirchliche Einrichtungen in Rom: Um 0:04 Uhr explodierte ein mit Sprengstoff beladener Fiat Uno vor der Papstbasilika San Giovanni in Laterano und dem angrenzenden Gebäude des Vikariats Rom, des ursprünglichen Bischofssitzes des Papstes. Wenige Minuten später detonierte ein weiteres, mit einer Bombe bestücktes Auto vor der Kirche San Giorgio in Velabro in Nähe des Forum Romanum.

Zum Nachhören - was der Papst geschrieben hat

Dunkle Jahre

Diese „feige Tat“ habe „die Seele der Gläubigen in der ganzen katholischen Welt und insbesondere die der römischen Gläubigen zutiefst erschüttert“, geht Papst Franziskus in seinem Brief auf den Schock ein, den die Anschläge hinterließen. Italien habe in diesen „dunklen Jahren“ „ebenso schwere Gewalttaten gegen Institutionen und Bedienstete des Staates“ erlebt. Die Menschen fühlten sich „hilflos gegenüber solchen sinnlosen Übergriffen“, die insbesondere die „weniger Wohlhabenden in einem von so viel menschlicher und materieller Armut geprägten Umfeld“ getroffen habe, so Franziskus weiter.

Die italienische Mafia führte Anfang der 1990er Jahre einen regelrechten Schreckenskampf gegen Politiker, Richter, Polizisten, Priester, Journalisten und Bürger, die sich dem Terror nicht beugen wollten. 1992 ermordete die sizilianische „Cosa nostra“ den Anti-Mafia-Richter Giovanni Falcone und dessen Kollegen Paolo Borsellino. Die Anschläge von Rom wurden als Antwort der organisierten Kriminalität auf die flammende Anti-Mafia-Rede des polnischen Papstes Johannes Paul II. gewertet, der im Mai 1993 in Sizilien die „Kultur des Todes“ des Verbrecher-Netzwerkes geißelte: „Mafiosi, bekehrt euch! Der Tag des Gerichts wird kommen, an dem ihr für eure Missetaten Rechenschaft ablegen müsst“.

Papst würdigt mutige Zivilcourage

Der Papst würdigt in seinem Brief all diejenigen, „die sich in Ausübung ihrer Pflicht, manchmal unter Einsatz ihres Lebens, für den Schutz der Gemeinschaft eingesetzt haben“. Ihr Opfer sei ein Aufruf an das Gewissen aller, sich ebenfalls für Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit und „den Aufbau einer neuen Zivilisation der Liebe“ mitverantwortlich zu fühlen, so Franziskus. Er erinnerte an die „prophetischen Worte“ des damaligen Papstes, der im sizilianischen Agrigent (9.5.1993, Tal der Tempel) dazu aufgerufen hatte, der „Kultur des Todes“ eine „Zivilisation des Lebens“ entgegenzusetzen.

„Deshalb fordere ich uns auf, den vielen Formen der Gesetzlosigkeit und des Missbrauchs, die die heutige Gesellschaft leider immer noch beherrschen, entschlossen entgegenzutreten“, appellierte Papst Franziskus. „Es geht um das Gemeinwohl und in besonderer Weise um das Schicksal der Schwächsten, der Letzten, derjenigen, die unter Ungerechtigkeit jeglicher Art leiden.“

Appell zum Einsatz für Gerechtigkeit und Gemeinwohl

Der Papst wandte sich insbesondere an die jugendlichen Teilnehmer des Gedenk-Fackelzuges, bei diesem Einsatz „Mut“ und „keine Angst“ zu haben – „denn die Mafia - das sollten wir nicht vergessen - schlägt Wurzeln, wenn die Angst den Verstand und das Herz ergreift“, formulierte der Papst. Es gehe darum, sich heute „aktiv für einen Mentalitätswandel einzusetzen“, so der Papst, der auch an alle zivilen und kirchlichen Verantwortungsträger appellierte, diese Arbeit zu unterstützen.

Die Anstifter und Täter der Bombennacht von Rom wurden mittlerweile identifiziert und verurteilt. Matteo Messina Denaro, der die Anschläge organisiert haben soll, wurde erst im Januar dieses Jahres nach 30 Jahren Flucht verhaftet. Seine Verurteilung zu lebenslanger Haft ist vergangene Woche von einem italienischen Gericht bestätigt worden – für die Morde an den beiden Richtern auf Sizilien.

Die Restaurierungsarbeiten an der Lateranbasilika dauerten damals fünf Jahre. Dabei wurden die beschädigten Fresken nicht wiederhergestellt, sondern die Original-Malereien freigelegt. Nun schmücken die ursprünglichen Fresken von Papst Sixtus V. (1585-1590) die Vorhalle. Die 1993 komplett zerstörte Hauptfassade der Kirche San Giorgio in Velabro aus dem 9. Jahrhundert konnte innerhalb von drei Jahren wieder rekonstruiert werden. Vor der Kirche San Giorgio in Velabro wurde zum 30. Jahrestag der Mafia-Anschläge in Rom eine Gedenktafel angebracht.

(vatican news/kna – pr)
 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

28. Juli 2023, 10:34