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Sankt Peter im Vatikan Sankt Peter im Vatikan 

Vom Tod Benedikts bis zum Segen für irreguläre Paare: Franziskus im Jahr 2023

Es war ein ereignisreiches Jahr 2023 für Franziskus - ein Jahr, das mit dem Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. am 31. Dezember 2022 quasi schon einen Tag früher begann. Ein Rückblick.

Nachdem er die Welt über den Gesundheitszustand seines Vorgängers informiert und sich im Kloster Mater Ecclesiae persönlich von ihm verabschiedet hatte, zelebrierte Papst Franziskus am 5. Januar die Totenmesse für Benedikt auf dem Petersplatz. Es war auf Wunsch des Emeritus eine eher nüchterne Feier. Etwa 50.000 Gläubige erwiesen dem Papst aus Bayern die letzte Ehre. Seine Ruhestätte fand Benedikt XVI. in den vatikanischen Grotten unter dem Petersdom wie viele seiner Vorgänger.

Demokratische Republik Kongo und Südsudan

Ende Januar brach Franziskus nach Afrika auf, wobei er sein Versprechen einlöste, die Demokratische Republik Kongo und den Südsudan zu besuchen. Die Reise war für Juli 2022 geplant gewesen, aber Knieprobleme hatten sie vereitelt. Vom 31. Januar bis zum 5. Februar besuchte Franziskus Kinshasa, die Hauptstadt des Kongo, und dann Juba, die Hauptstadt des Südsudan. Er lancierte flammende Appelle gegen Korruption in Afrika selbst und die Ausbeutung des Kontinents durch internationale Großkonzerne („Hände weg von Afrika"), er protestierte gegen die Kriege mit ihren Toten und Vertriebenen, und er bestärkte die katholischen Gläubigen in der Hoffnung.

Ungarn

Zugesagt hatte Franziskus auch eine Reise nach Ungarn, das er davor nur einen Vormittag lang zum Abschluss des Internationalen Eucharistischen Kongresses im September 2021 besucht hatte. In dem magyarischen Land verbrachte Franziskus drei Tage (28.-30. April) und traf sich auch mit mehreren ukrainischen Flüchtlingen. Und mit Blick auf die gemarterte Ukraine stellte er von Budapest aus eine Frage an die internationale Gemeinschaft: „Wo bleiben die kreativen Friedenslösungen?”

Weltjugendtag in Lissabon

Der Friede als Ziel künftiger Generationen war eines der Leitmotive der Reise des Papstes nach Lissabon, Portugal, zum 37. Weltjugendtag vom 2. bis 6. August, der auch einen Besuch im Heiligtum von Fatima einschloss. Eineinhalb Millionen Jungen und Mädchen kamen in die portugiesische Hauptstadt, um an dem großen Weltereignis teilzunehmen, das 2027 in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul seine Fortsetzung finden wird.

Mongolei

Knapp einen Monat nach Lissabon war der Papst in der Mongolei, einem asiatischen Land zwischen Russland und China, dem Land von Dschingis Khan und „Heimat" einer kleinen katholischen Gemeinde von gerade 1.700 Getauften, die inmitten der Trümmer des Kommunismus wiederauferstand. Eine Herde, die so klein ist, dass sie auf ein Foto passt: das Foto vor der Kathedrale der Heiligen Peter und Paul am Ende einer der verschiedenen Begegnungen, die die Reise prägten. Unvergesslich auch die Geste des Papstes am Ende der Messe in Ulaanbaatar, als er dem emeritierten Bischof und dem amtierenden Bischof von Hongkong die Hand schüttelte, um dem „edlen chinesischen Volk" Grüße zu übermitteln.

Marseille und die geplatzte Reise nach Dubai

Gerade genug Zeit, um sich von den Strapazen der Mongolei zu erholen, bestieg Franziskus am 22. September ein weiteres Flugzeug, um Marseille zu erreichen und an den Rencontres Méditerranéennes, einer Veranstaltung zum Thema Migration, teilzunehmen. Vor zivilen und kirchlichen Vertretern der Mittelmeeranrainerstaaten hielt der Papst eine lange Rede, in der er zu wirksamen Lösungen der Migrationskrise aufrief. Europa müsse verhindern, dass das „Mare Nostrum" (unser Meer) zu einem „Mare Mortuum" (Meer der Toten) wird.

Absagen musste Franziskus seine Reise zum COP28-Klimagipfel in Dubai. Das Programm stand fest und sah eine Reihe vertraulicher Treffen mit Staats- und Regierungschefs vor, aber keine Heilige Messe. Eine Bronchitis zwang Franziskus in die Knie, auf Anraten der Ärzte verzichtete er auf den Abstecher auf die Arabische Halbinsel und schickte Kardinalstaatssekretär Parolin.

Gesundheitliche Probleme

Zweimal im Jahr 2023 wurde Papst Franziskus in das Gemelli-Krankenhaus eingeliefert: das erste Mal im März wegen einer Bronchitis, die eine Antibiotikatherapie erforderte; das zweite Mal zwischen Mai und Juni für eine Bauchoperation. Der erste Aufenthalt war von kurzer Dauer, der zweite dauerte etwa zehn Tage. Nach seiner Entlassung am 16. Juni war der Papst fast sofort wieder voll einsatzfähig. „Bin noch am Leben" lautete seine Antwort auf die Frage nach seinem Gesundheitszustand. „Habe ich nicht vor" war dagegen die Antwort für diejenigen, die spekulierten, er könne wegen seiner physischen Gebrechlichkeitauf das Papstamt verzichten.

Eine weitere Prüfung für den Papst war eine zweite Bronchitis, die ihn Ende November heimsuchte und ihn zwang, öffentliche und private Termine abzusagen. Wie in den Tagen von Covid betete der Papst den Sonntags-Angelus per Livestream von der Casa Santa Marta aus, zum ersten Mal jedoch mit Hilfe seines bewährten priesterlichen Mitarbeiters Paolo Braida, da er Schwierigkeiten beim Sprechen hatte. Das Gleiche gilt für die Generalaudienz, bei der der Papst, wenn auch mit schwacher Stimme, die abschließenden Friedensappelle selbst verlesen wollte.

Die Kriege und die Mission von Kardinal Zuppi

Der Krieg, alle Kriege, angefangen mit dem in der Ukraine bis hin zu dem, der im Heiligen Land ausbrach, waren das Kreuz des Jahres 2023. Franziskus entsandte Kardinal Matteo Zuppi, den Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz, zum „Abbau der Spannungen" in die Ukraine. In vier Etappen - Kyiv, Moskau, Washington, Peking - führte Zuppi Gespräche mit den politischen und kirchlichen Behörden der vier Länder, insbesondere über die Frage der nach Russland verschleppten ukrainischen Kinder. Am 13. Mai empfing der Papst den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Zelenskij im Vatikan in Audienz, und mehrmals telefonierten die beiden, zuletzt am 28. Dezember.

Mehrmals reiste der päpstliche Almosenpfleger Kardinal Konrad Krajewski in die vom Konflikt verwundeten Gebiete in der Ukraine. Zu Weihnachten war Krajewski als Vertreter des Papstes in Jerusalem, um die Nähe des Bischofs von Rom zu den Christen in Bethlehem und - aus der Ferne - zur massakrierten Bevölkerung in Gaza zu vermitteln.

Appelle für Israel und Palästina

Der Ausbruch des Konflikts im Nahen Osten nach dem brutalen Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel am 7. Oktober führte zu Überlegungen nach neuen Wege des Eingreifens für eine friedliche Lösung des Konflikts. Der Papst bekräftigte vom ersten Moment an, was der Ausweg aus dem Strudel der Gewalt sein könnte: die Freilassung der israelischen Geiseln durch die Hamas-Terroristen und ein sofortiger Waffenstillstand. Nach Telefonaten mit Biden, Abbas und Erdogan empfing Franziskus am 22. November Angehörige von Geiseln in der Hand der Hamas und Angehörige von Opfern der Bombardierungen im Gazastreifen, wo bisher mehr als 20.000 Tote zu beklagen sind. Diese Geste sowie einige Äußerungen des Papstes, wonach es sich bei dem, was derzeit im Heiligen Land geschieht, um „Terrorismus" handele, lösten Kontroversen aus, besonders in der jüdischen Welt. Wie im Fall von Russland und der Ukraine hält Papst Franziskus am Prinzip des gleichen Abstands fest, das schon immer der Stil der vatikanischen Diplomatie war, wie Parolin kürzlich sagte, und das nicht in politische Kategorien fällt, sondern in die primäre Mission des Nachfolgers Petri: denen nahe zu sein, die leiden.

Die Synode zur Synodalität

Das Pulverfass Krieg im Nahen Osten explodierte, während im Oktober im Vatikan die Synode über die Synodalität stattfand, der Höhepunkt einer dreijährigen Reise, die „von unten", von den Diözesen der fünf Kontinente aus, begonnen hatte, und die erste Sitzung eines Weges, den Franziskus 2024 fortsetzen will. Der Synode voraus ging die Veröffentlichung der Antworten des Papstes auf die Dubia von fünf Kardinälen zu Lehrfragen. Die Synode selbst begann am 4. Oktober, und 464 Delegierte nahmen teil: Kardinäle, Bischöfe, Ordensleute und Laien, darunter Frauen. Erstmals bei einer Synode stattete der Papst Laien mit Stimmrecht aus. An kreisförmig angeordneten Tischen boten die Synodenväter und -mütter Denkanstöße und Antworten auf die Bedürfnisse und Wünsche der Kirchen in aller Welt zu Themen wie die Rolle der Laien und der Frauen, das Amt der Bischöfe, das Priestertum, die digitale Mission, Ökumene und Missbrauch. Alles floss in einen Abschlussbericht, über den abgestimmt wurde, er erschien am 28. Oktober als eine Art Zwischenstand der Synode.

Gerichtsprozesse

2023 wird auch als das Jahr in Erinnerung bleiben, in dem im Vatikan ein komplizierter Gerichtsprozess über die Verwaltung der Gelder des Heiligen Stuhls zu Ende ging. Nach 86 Anhörungen verurteilte das Vatikangericht am 16. Dezember eine Verurteilung neun Angeklagte zu insgesamt 37 Jahren Haft, erstmals ist auch Kardinal – Angelo Becciu – betroffen, der allerdings in Berufung ging. Im Januar bzw. Mai wurden der Zivilprozess gegen den ehemaligen Generalauditor Libero Milone und der Prozess über die Finanzverwaltung des Chors der Sixtinischen Kapelle vor dem Vatikanischen Gerichtshof eröffnet. Am 27. Oktober beschloss Franziskus, die Verjährungsfrist aufzuheben, um den Prozess gegen den ehemaligen Jesuiten und bekannten Mosaik-Künstler Marko Rupnik zu ermöglichen, den mehrere Ordensfrauen des psychologischen und sexuellen Missbrauchs beschuldigen.

Laudate Deum und andere Dokumente

Franziskus ernannte 2023 neue Kardinäle und und nahm Ernennungen und Umbesetzungen in der Kurie vor, auch erneuerte er den Kardinalsrat. Mehrere wichtige Dokumente erschienen. Zunächst das apostolische Schreiben Laudate Deum, eine Fortsetzung von Laudato si', mit dem der Papst erneut den Ruf gegen die Krise des gemeinsamen Hauses erhob (4. Oktober); dann das apostolische Schreiben “C'est la confiance” zum 150. Jahrestag der Geburt der Heiligen Theresia (15. Oktober). Andere Dokumente besiegelten wichtige Meilensteine des zu Beginn des Pontifikats begonnenen Reformprozesses. Hervorzuheben ist die am 13. Mai veröffentlichte neue „Verfassung" des Staates der Vatikanstadt, die verschiedene vom Heiligen Stuhl eingegangene internationale Verpflichtungen einarbeitet. Im Lauf des Jahres folgten Dekrete, Reskripte und Motu propri, darunter die Änderung der Strafgesetzgebung und des Justizsystems des Vatikans (12. April).

Fiducia Supplicans

Besondere Erwähnung verdienen die vom Dikasterium für die Glaubenslehre herausgegebenen Dokumente. Die Behörde steht seit September 2023 unter der Leitung des argentinischen Kardinals Víctor Fernández. Unter anderem erschien ein Dokument, das klarstellt, dass Transgender-Personen und Kinder homosexueller Paare, auch wenn sie von einer Leihmutter geboren sind, ein Recht auf die Taufe haben. Ein weiteres Dokument bekräftigt das Verbot für Katholiken, der Freimaurerei beizutreten. Das Verstreuen der Asche von Verstorbenen bleibt verboten, und ledige Mütter haben Zugang zu Sakramenten.

 

Ein Dokument von hohem lehrhaften Wert ist Fiducia Supplicans. Die am 18. Dezember erschienene und vom Papst gebilligte Erklärung eröffnet die seelsorgerliche Möglichkeit, „irreguläre" Paare wie Homosexuelle oder Geschiedene in zivilen Zweitehen zu segnen, jedoch außerhalb jeder Ritualisierung und Nachahmung der Ehe und ohne Änderung der kirchlichen Lehre in Fragen des christlichen Menschenbildes. Die Erklärung stieß weltkirchlich auf geteiltes Echo. Einige Bischofskonferenzen überwiegend in Afrika, wo auf Homosexualität teils hohe Strafen stehen, lehnten die Möglichkeit der Segnung homosexueller Paare ab. In den Ortskirchen Westeuropas, aber auch etwa in Indien fand das Dokument überwiegend Zustimmung.

(vatican news - gs)

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31. Dezember 2023, 09:15