Papst Leo XIV. sprach diesen Mittwoch bei der Tagung „Raising Hope for Climate Justice“ (Hoffnung für Klimagerechtigkeit wecken) in Castel Gandolfo Papst Leo XIV. sprach diesen Mittwoch bei der Tagung „Raising Hope for Climate Justice“ (Hoffnung für Klimagerechtigkeit wecken) in Castel Gandolfo  (AFP or licensors)

Papst bei Klimatagung: Die Ansprache im Wortlaut

Lesen Sie hier in einer Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan die vorbereitete Rede von Papst Leo XIV. bei der Tagung „Raising Hope for Climate Justice“ (Hoffnung für Klimagerechtigkeit wecken) in Castel Gandolfo. Freie Ergänzungen sind nicht eingearbeitet. Sämtliche Wortmeldungen der Päpste in amtlicher Übersetzung finden Sie auf vatican.va.

Schwestern und Brüder, der Friede sei mit euch!

Bevor ich mit einigen vorbereiteten Anmerkungen fortfahre, möchte ich den beiden Rednern vor mir danken. Und ich möchte eines sagen: wenn es heute Nachmittag wirklich einen Actionhelden unter uns gibt, dann sind es Sie alle, die gemeinsam daran arbeiten, einen Unterschied zu machen!

Mein herzlicher Gruß geht an die Organisatoren, Referenten, Teilnehmer und alle, die diese Konferenz „Raising Hope“ zum 10. Jahrestag der Enzyklika Laudato si’ über die Sorge für unser gemeinsames Haus ermöglicht haben. Mein besonderer Dank gilt der Bewegung „Laudato si’“, die von Anfang an die Verbreitung und Umsetzung der Botschaft von Papst Franziskus begleitet hat.

Diese Enzyklika hat die katholische Kirche und viele Menschen guten Willens nachhaltig inspiriert und wurde zum Ausgangspunkt für Dialoge und Reflexionsgruppen, Schul- und Universitätsprogramme, Kooperationen und Projekte verschiedener Art auf allen Kontinenten. Viele Diözesen und Ordensinstitute haben sich davon zu Maßnahmen zum Schutz unseres gemeinsamen Hauses inspirieren lassen, und so dazu beigetragen, die Armen und Ausgegrenzten wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Die Auswirkungen dieser Enzyklika erstrecken sich mittlerweile auch auf internationale Gipfeltreffen, den ökumenischen und interreligiösen Dialog, Wirtschaft und Unternehmertum sowie theologische und bioethische Studien. Der Begriff der „Sorge für das gemeinsame Haus“ wurde in akademische, wissenschaftliche und politische Debatten aufgenommen.

„Die Anliegen und Empfehlungen von Papst Franziskus wurden nicht nur von Katholiken, sondern auch von vielen Menschen außerhalb der Kirche geschätzt und angenommen, die sich in diesem besonderen Moment der Geschichte verstanden, vertreten und unterstützt fühlen“

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Die Anliegen und Empfehlungen von Papst Franziskus wurden nicht nur von Katholiken, sondern auch von vielen Menschen außerhalb der Kirche geschätzt und angenommen, die sich in diesem besonderen Moment der Geschichte verstanden, vertreten und unterstützt fühlen. Seine Analyse der Situation (vgl. Kapitel 1), sein Vorschlag eines Paradigmas der ganzheitlichen Ökologie (vgl. Kapitel 4), sein eindringlicher Aufruf zum Dialog (vgl. Kapitel 5) und seine Forderung, die Ursachen der Probleme anzugehen und „die gesamte Menschheitsfamilie in der Suche nach einer nachhaltigen und ganzheitlichen Entwicklung zu vereinen“ (Nr. 13), haben großes Interesse geweckt. Danken wir unserem Vater im Himmel für dieses Geschenk, das wir von Papst Franziskus erhalten haben! Die in Laudato si’ aufgezeigten Herausforderungen sind heute sogar noch relevanter als vor zehn Jahren. Diese Herausforderungen sind sozialer und politischer Natur, vor allem aber spiritueller Natur: Sie rufen zur Umkehr auf.


Wie bei jedem Jubiläum dieser Art erinnern wir uns mit Dankbarkeit an die Vergangenheit, fragen uns aber auch, was noch zu tun bleibt. Im Laufe der Jahre sind wir vom Verstehen und Studieren der Enzyklika dazu übergegangen, sie in die Praxis umzusetzen. Was muss jetzt getan werden, damit die Sorge für unser gemeinsames Haus und das Hören auf den Schrei der Erde und der Armen nicht als vorübergehende Modetrends erscheinen oder – schlimmer noch – als Themen, die spalten, wahrgenommen und empfunden werden? In Übereinstimmung mit Laudato si’ stellte das vor zwei Jahren veröffentlichte Apostolische Schreiben Laudate Deum fest, dass „es nicht an Personen gefehlt hat“, die die immer deutlicher werdenden Anzeichen des Klimawandels „kleinreden wollten“ (Nr. 6), und versucht haben, „diejenigen ins Lächerliche zu ziehen, die über die globale Erwärmung sprechen“ (Nr. 7), ja sogar die Armen für genau das verantwortlich zu machen, was sie selbst am meisten betrifft (vgl. Nr. 9).

Neben der Verbreitung der Botschaft der Enzyklika ist es heute wichtiger denn je, zum Herzen zurückzukehren. In der Heiligen Schrift ist das Herz nicht nur das Zentrum der Gefühle und Emotionen, sondern auch der Ort der Freiheit. Das Herz umfasst zwar die Vernunft, geht jedoch über sie hinaus und verwandelt sie, indem es alle Aspekte des Menschen und seine grundlegenden Beziehungen beeinflusst und integriert. Das Herz ist der Ort, an dem die äußere Realität den größten Einfluss hat, an dem die tiefste Suche stattfindet, an dem die authentischsten Wünsche entdeckt werden, wo die endgültige Identität gefunden wird und Entscheidungen getroffen werden. Nur durch die Rückkehr zum Herzen kann eine echte ökologische Umkehr stattfinden. Wir müssen vom Sammeln von Daten zur Fürsorge übergehen, und vom Umweltdiskurs zu einer ökologischen Umkehr, die sowohl den persönlichen als auch den gemeinschaftlichen Lebensstil verändert. Für Gläubige unterscheidet sich diese Umkehr nämlich nicht von jener, die uns auf den lebendigen Gott ausrichtet. Wir können Gott, den wir nicht sehen können, nicht lieben und gleichzeitig seine Geschöpfe verachten. Wir können uns auch nicht als Jünger Jesu Christi bezeichnen, ohne seine Sicht auf die Schöpfung und seine Sorge um alles zu teilen, was zerbrechlich und verwundet ist.

Liebe Freunde, lasst euch von eurem Glauben dazu inspirieren, Träger der Hoffnung zu sein, die aus der Erkenntnis der Gegenwart Gottes kommt, der bereits in der Geschichte wirkt. Erinnern wir uns daran, wie Papst Franziskus den heiligen Franz von Assisi beschrieben hat: Er „lebte in einer wunderbaren Harmonie mit Gott, mit den anderen, mit der Natur und mit sich selbst. An ihm wird man gewahr, bis zu welchem Punkt die Sorge um die Natur, die Gerechtigkeit gegenüber den Armen, das Engagement für die Gesellschaft und der innere Friede untrennbar miteinander verbunden sind“ (Laudato si’, 10). Möge ein jeder von uns in diesen vier Beziehungen – zu Gott, zu den anderen, zur Natur und zu uns selbst – durch eine beständige Haltung der Umkehr wachsen. Die ganzheitliche Ökologie lebt von all diesen Beziehungen. Wenn wir an diesen Beziehungen arbeiten, können wir in der Hoffnung wachsen, indem wir den interdisziplinären Ansatz von Laudato si' und den daraus resultierenden Aufruf zu Einheit und Zusammenarbeit leben.

Wir sind eine Familie mit einem Vater, der über allen die Sonne aufgehen, es über alle regnen lässt (vgl. Mt 5,45). Wir leben auf demselben Planeten und müssen uns gemeinsam um ihn kümmern. Deshalb erneuere ich meinen eindringlichen Appell zur Einheit im Hinblick auf die ganzheitliche Ökologie und den Frieden! Es ist ermutigend, die Vielfalt der auf dieser Konferenz vertretenen Organisationen zu sehen – und auch die Vielzahl der Organisationen, die sich der „Laudato si'-Bewegung“ und der Aktionsplattform angeschlossen haben.

Papst Franziskus hat auch betont, dass „die wirksamsten Lösungen nicht allein von individuellen Bemühungen, sondern vor allem von bedeutenden Entscheidungen in der nationalen und internationalen Politik kommen werden“ (Laudate Deum, 69). Alle Mitglieder der Gesellschaft müssen über Nichtregierungsorganisationen und Interessenverbände Druck auf die Regierungen ausüben, damit diese strengere Vorschriften, Verfahren und Kontrollen entwickeln und umsetzen. Die Bürger müssen sich aktiv an politischen Entscheidungsprozessen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene beteiligen. Nur so wird es möglich sein, die Schäden für die Umwelt zu mindern. Die Gesetze der Gemeinden können wirksamer sein, wenn benachbarte Gemeinden die gleiche Umweltpolitik unterstützen (vgl. Laudato si’, 179).

Ich hoffe, dass die bevorstehenden internationalen Gipfeltreffen der Vereinten Nationen – die 30. Klimakonferenz 2025 (COP 30), die 53. Plenarsitzung des Welternährungsausschusses und die Wasserkonferenz 2026 – auf den Schrei der Erde und den Schrei der Armen, der Familien, der indigenen Völker, unfreiwilligen Migranten und Gläubigen auf der ganzen Welt hören werden. Gleichzeitig ermutige ich alle, vor allem junge Menschen, Eltern und all jene, die in lokalen und nationalen Verwaltungen und Institutionen arbeiten, ihren Teil zur Lösung der heutigen „großen kulturellen, spirituellen und erzieherischen Herausforderung“ (Laudato si’, 202) beizutragen und sich stets beharrlich für das Gemeinwohl einzusetzen. Es gibt keinen Platz für Gleichgültigkeit oder Resignation.

Ich möchte mit einer Frage schließen, die jeden von uns betrifft. Gott wird uns fragen, ob wir die Welt, die er geschaffen hat (vgl. Gen 2,15), zum Wohl aller und für künftige Generationen bearbeitet und gehütet haben, und ob wir uns um unsere Brüder und Schwestern gekümmert haben (vgl. Gen 4,9; Joh 13,34). Wie wird unsere Antwort lauten?

Liebe Freunde, ich danke euch für euer Engagement und erteile euch meinen Segen.

(vaticannews - übersetzung: silvia kritzenberger)


 

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01. Oktober 2025, 16:42