Radio-Akademie Leo XIII.: Folge 3
Der Historiker Jörg Ernesti hat sich schon Jahre vor der Wahl von Leo XIV. intensiv mit Papst Leo XIII. beschäftigt. An seinen Äußerungen und modernen Haltungen sehe man deutlich, dass er auch für die Welt, die ihn umgab, und für die Probleme, mit denen diese Welt lebt, offen gewesen sei, so Ernesti, der auch konkrete Beispiele für diese These anführt.
„Er hat als junger Nuntius in Belgien die Eisenbahn bestiegen und das in einem begeisterten Brief an seine Verwandten in Carpineto Romano geschrieben. Außerdem hat er hat die Stahlhütten gesehen, die damals in Belgien in den Industrierevieren entstanden sind und er hat sich zeitlebens eine Offenheit für technische Neuerungen bewahrt. Er war auch besonders interessiert, was die Geschichtswissenschaft.“
Historisch gebildet
Selbst sehr belesen, lag ihm die Geschichte sehr am Herzen. Als die Gegner der Kirche nach 1870, dem Verfall des Kirchenstaates, auch noch versucht hätten, der Kirche auf diesem Feld zu schaden, habe er „ziemlich unerwartet“ den Entschluss gefasst, das Vatikanische Archiv für die Forschung zu öffnen, resümiert Ernesti. 1881 habe er dies auch tatsächlich durchgeführt.
„Seither können Forscher quasi ohne Einschränkung im Vatikanischen Apostolischen Archiv forschen und ihre Ergebnisse publizieren. Es ist dann auch stillschweigend die Tafel, die über der Tür des päpstlichen Kardinalbibliothekars angebracht war und auf der stand, dass jeder, der von hier etwas entfernt und herausträgt, exkommuniziert wird, entfernt worden.“
Leo XIII. sei aber nicht nur offen für die Wissenschaft, sondern auch für technische Errungenschaften, gewesen, wie das wohl auch der aktuelle Papst sei, beobachtet Ernesti:
„Der ist ja auch schon gefilmt und fotografiert worden mit einer modernen Smartwatch am Handgelenk…“
Ein dichtender Papst
Leo XIII., bürgerlich Vincenzo Gioacchino Raffaele Luigi Pecci war jedoch nicht nur politisch und sozial interessiert und sogar enorm geschickt in Sachen Finanzen, sondern letztlich könnte man ihn auch einen Feingeist nennen. So war er literarisch beschlagen und hat schon im Knabenalter sein erstes Gedicht verfasst – das letzte auf dem Sterbebett, auf Latein, das er mit den Worten begann „Nun naht die Stunde des Todes“.
Niedergeschrieben hat er, ein besonders sparsamer Mann, diese Werke auf gebrauchten Umschlägen der an ihn gerichteten Briefe; bereits zu Lebzeiten wurden sie teils veröffentlicht. Als Mäzen im traditionellen Stil ist er vor allem in seinem Heimatort Carpineto Romano aufgetreten. Wie Ernesti akribisch recherchierte, stiftete er dort ein Altenheim, erneuerte verfallene Wasserleitungen, die im Dorf in Schaubrunnen mündeten – eine Tradition, die bis in die römische Antike zurückreicht – erneuerte Kirchenbauten und, besonders interessant mit Blick auf die Tatsache, dass Papst Leo XIV. dem Augustinerorden angehört, auch Papst Leo XIII. trat als Förderer und Freund des Ordens auf, konkret unter anderem mit der Wiederherstellung eines Klosters von Augustinereremiten in seiner Heimat. All diese Maßnahmen, so mutmaßt der Historiker, habe er wohl aus seiner Privatschatulle finanziert, die er in seiner langen Zeit als Bischof von Perugia gefüllt hatte – vor allem wohl mit Überschüssen, die sein ererbtes Gut in Maenza abgeworfen hat.
„Also ganz große Spuren konnte er als Mäzen, als Förderer der Kunst in Rom nicht hinterlassen. Er hat ja diesen Status als Gefangener im Vatikan. Den Kirchenstaat gab es nicht mehr. Eine Maßnahme in der Stadt Rom hat man ihm seitens der italienischen Politik allerdings ein bisschen übelgenommen. Er hat nämlich die Apsis im Altarraum der alten Lateranbasilika abreißen lassen und mit dem großen Apsis-Mosaik etwas vergrößert rekonstruieren lassen. Es ist sogar zu einer Diskussion im italienischen Parlament gekommen, ob das erlaubt ist oder nicht. Also er war ein kunstsinniger Mann, was die Literatur angeht, aber auch was die Malerei und die bildenden Künste angeht, da war er stets sehr interessiert.“
Bestellen Sie unsere CD
An diesem Sonntag, 19. Oktober 2025, senden wir die dritte Folge unserer Radioakademie von Christine Seuss im Abendprogramm - via Podcast bleibt sie 24h verfügbar. Falls Sie die ganze Radio-Akademie in Ruhe nachhören möchten: Wir schicken Ihnen gerne eine entsprechende CD zu, Ihre Spende kommt dem kirchlichen Dienst von Radio Vatikan zugute. Bestellen können Sie die CD per Mail an: cd@vaticannews.de - unser Freundeskreis versendet aus Deutschland.
(vatican news)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.
