Papst Leo besucht Armenier in Istanbul
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Mit seinem Besuch der Armenisch-Apostolischen Kathedrale in Istanbul erwies er einer der ältesten eigenständigen Kirchen der Christenheit seine Reverenz. Das Christentum wurde schon vor dem Konzil von Nizäa aus dem Jahr 325 in Armenien zur Staatsreligion erklärt; die armenisch-apostolische Kirche, die sich ihrer Gründung in apostolischer Zeit rühmt, gehört wie z.B. die koptische und die syrisch-orthodoxe Kirche zu den sogenannten altorientalischen Kirchen.
Leo dankte in einer Ansprache „für das mutige christliche Zeugnis, das das armenische Volk im Laufe der Geschichte oft unter tragischen Umständen gegeben hat“. Das zielte wohl auch auf die furchtbaren Massaker an Armeniern auf dem Gebiet des Osmanischen Reichs während des Ersten Weltkriegs.
Benedikt XV. intervenierte beim Sultan für die bedrängten Armenier
Expliziter war in dieser Hinsicht Patriarch Sahak II. (Mashalian) in seiner Begrüßungsansprache geworden. „Das armenische Volk vergisst nicht die Päpste, die während unserer Zeiten des Leidens ihre Stimme erhoben, sich an die Seite bedrohter christlicher Gemeinschaften gestellt und die Wahrheit aufrechterhalten haben, während die Welt zögerte.“ Papst Benedikt XV. hatte 1915 und 1918 bei Sultan Mehmet V. für die bedrängten Armenier interveniert. Der damalige Vatikandiplomat Eugenio Pacelli, später Papst Pius XII., wandte sich im selben Anliegen an die Regierung in Berlin, die mit dem Osmanischen Reich verbündet war.
„Dialog der Liebe“
Leo XIV. würdigte in Istanbul auch den „Dialog der Liebe“ zwischen der katholischen und der armenisch-apostolischen Kirche. Das gemeinsame christliche Gedenken an das Konzil von Nizäa vor 1.700 Jahren sei eine Ermutigung für das Bemühen um eine Einheit der Christen. „Wir müssen uns auch von der Erfahrung der frühen Kirche inspirieren lassen, um die volle Gemeinschaft wiederherzustellen, eine Gemeinschaft, die nicht Absorption oder Dominanz bedeutet, sondern vielmehr einen Austausch jener Gaben, die unsere Kirchen vom Heiligen Geist zur Ehre Gottes, des Vaters, und zum Aufbau des Leibes Christi empfangen haben (vgl. Eph 4,12)“. Der Papst versprach, sich „vorbehaltlos für die heilige Aufgabe der Einheit der Christen einzusetzen“.
Auch Patriarch Sahak kam in seiner Rede auf das Konzil von Nizäa zu sprechen. Es sei nicht nur ein Treffen von Bischöfen, sondern „ein spiritueller Wendepunkt in der christlichen Geschichte“ gewesen. Sahak wies seinen Besucher außerdem auf die bedrängte Lage vieler Christen im Nahen Osten und auf den prekären Frieden in Armenien hin. Bemerkenswert war, was der Kirchenmann mit Blick auf den Westen äußerte: „Wir sind uns des anhaltenden Kampfes gegen die Erosion gesunder moralischer Werte, der Heiligkeit menschlichen Lebens und des christlichen Glaubens im Westen schmerzvoll bewusst.“
Stimmungsvolle Begegnung
Die stimmungsvolle Feier war von Gesängen und Momenten des Gebetes geprägt. Nach den Ansprachen von Patriarch und Papst spendeten beide gemeinsam den Segen und tauschten Geschenke aus. Sahak II. überreichte dem Papst einen versilberten Kelch, der Papst schenkte dem Patriarchen ein Mosaikkreuz in einem Rahmen, bei dem die Farben Grün, Rot und Blau dominierten; sie stehen für den Heiligen Geist, das Göttliche und das Irdische. Zum Abschluss seines Besuches segnete Papst Leo am Eingang der Kirche eine Gedenktafel, die in Italienisch und Latein an die - mit Leo XIV. - insgesamt fünf Papstbesuche im Land erinnert, angefangen bei Paul VI. im Jahr 1967. Danach machte sich Leo XIV. auf zum Sitz des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. im Phanar.
(vatican news - sk/pr)
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