Papst Leo ruft Libanon zu Versöhnung und Frieden auf
Leo stellte seine Ansprache vor Vertretern von Politik und Gesellschaft und Angehörigen des diplomatischen Corps in der libanesischen Hauptstadt unter das Leitthema Friedenstiften, das zugleich Motto seiner Reise in den Libanon ist. Er streifte auch die schwere Krise, die die Bevölkerung des Libanon seit Jahren durchlebt, und die von vielen im Land geteilte Desillusionierung:
„Die großen Entscheidungen scheinen von wenigen getroffen zu werden, oft zum Nachteil des Gemeinwohls, und das erscheint wie ein unausweichliches Schicksal.“ Die Libanesen, sagte der Papst, hätten „stark gelitten unter den Folgen einer Wirtschaft, die tötet“ – ein Zitat von Papst Franziskus –, außerdem „unter der globalen Instabilität, die auch in der Levante verheerende Auswirkungen hat, unter der Radikalisierung verschiedener Gruppierungen und unter Konflikten: Aber Sie haben immer wieder einen Neuanfang gewollt und geschafft.“
Drei Ratschläge an den Libanon
Drei Ratschläge erteilte Leo den Politikern und den Kräften der Zivilgesellschaft des Libanon: an der Seite der Bevölkerung zu arbeiten, Versöhnung zu gestalten und dafür zu sorgen, dass Menschen nicht auswandern müssen. Ausdrücklich empfahl der Papst der politischen Führung des Landes, „sich niemals von der Bevölkerung zu lösen und sich mit Engagement und Hingabe in den Dienst Ihres Volkes zu stellen, das so reich an Vielfalt ist“.
Indirekt ging Leo damit auf das weitverbreitete Gefühl vieler Libanesen ein, ihre politische Führung habe sie im Stich gelassen. Das Land steckt seit 2019 in einer tiefen Krise, die mit dem Zusammenbruch der Währung und der Bankenlandschaft begann und sich mit der folgenreichen Explosion eines Hafengebäudes in Beirut fortsetzte – Leo will während seines Besuchs dort innehalten.
Frieden schwer, wenn man Wunden ignoriert
Auch der dritte Ratschlag des Papstes betraf einen sehr schmerzlich empfundenen Sachverhalt im Libanon: den Massenexodus vieler vor allem junger Menschen. Friedensstifter, erklärte Leo, „wagen es, zu bleiben, auch wenn dies Opfer erfordert.“
Die Rolle der Frauen bei der Friedensstiftung
Schließlich rühmte Papst Leo den Einsatz von Frauen für den Frieden als „unverzichtbar“. „Vergessen wir nicht, dass Frauen eine besondere Fähigkeit zur Friedensstiftung haben, weil sie es verstehen, tiefe Bindungen zum Leben, zu Menschen und zu Orten zu pflegen und zu entwickeln. Ihre Teilnahme am sozialen und politischen Leben wie auch am Leben ihrer religiösen Gemeinschaften ist – ähnlich wie die Energie, die von jungen Menschen ausgeht – weltweit ein Faktor echter Erneuerung. Selig sind daher die Friedensstifterinnen und selig sind die jungen Menschen, die bleiben oder zurückkehren, damit der Libanon weiterhin ein Land voller Leben ist.“
Zuvor hatte der Präsident des Libanon Joseph Aoun den Papst willkommen geheißen. Er sprach von der Hoffnung der Menschen im Land, „die Herzen, die Gedanken und die Seelen von Hass, Krieg und Zerstörung zu heilen“. Im Libanon ist nach dem System der Machtteilung der Präsident des Landes immer ein maronitischer Christ, der Premierminister ein sunnitischer Muslim und der Parlamentspräsident ein Schiit. Aoun sprach vor dem Gast aus Rom von einer einzigartigen Rechtsordnung in seinem Land, „in dem Christen und Muslime zwar unterschiedliche Glaubensrichtungen vertreten, aber gleiche Rechte haben, unter einer Verfassung, die auf Gleichheit und Offenheit gegenüber jedem Menschen und jedem freien Gewissen gründet.“
Libanon gewährt Muslimen und Christen gleiche Rechte
Rund ein Drittel der Libanesen sind Christen. Jede Beeinträchtigung der christlichen oder der muslimischen Gemeinschaft würde das Gleichgewicht destabilisieren, und zwar für die gesamte Region, so der Präsident. „Der Niedergang des Libanon, herbeigeführt durch den Verlust eines seiner wesentlichen Bestandteile, würde den Aufstieg von Extremismus, Gewalt und Blutvergießen sowohl in unserer Region als auch weltweit fördern.“
Der Heilige Stuhl habe das immer verstanden, erklärte Aoun und richtete eine Bitte an Papst Leo: „Wir bitten Sie eindringlich, der Welt zu verkünden, dass wir der einzige Ort des Dialogs in unserer Region und, ich wage zu behaupten, in der ganzen Welt bleiben werden, wo diese Gemeinschaft sich hinter den Nachfolger Petri stellen kann, als vereinte Vertreter aller Söhne Abrahams, mit all ihren Überzeugungen, ihren heiligen Werten und ihrem gemeinsamen Glauben.“
(vatican news - gs)
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