Papst beim Abflug aus der Türkei Papst beim Abflug aus der Türkei  (KEMAL ASLAN)

Papst Leo hinterlässt in der Türkei Hoffnung auf Einheit

Nach intensiven vier Tagen in Ankara und Istanbul ist Papst Leo XIV. am Sonntagnachmittag in den Libanon weitergereist. Wie sich der Besuch vor Ort angefühlt hat und was bleiben wird, haben wir unsere Korrespondentin Christine Seuss gefragt.

Wie würdest du diesen ersten Teil der Papstreise in die Türkei und den Libanon zusammenfassen?

Papst Leo hat bei dieser ersten Auslandsreise seines Pontifikates in die Türkei ein klares Zeichen gesetzt. Er will Brücken bauen. Nicht nur Brücken unter den einzelnen christlichen Konfessionen oder Brücken hin zu anderen Religionen, sondern auch Brücken zu einer kleinen verstreuten Minderheit von Katholiken, die hier in der Türkei leben und sich durch den Besuch des Papstes gesehen und bestärkt gefühlt haben und sich auch dessen bewusst werden konnten, dass sie Teil einer großen weltumspannenden Gemeinschaft sind. Auch die Tatsache, dass schon die erste Auslandsreise von Papst Leo ihn in die Türkei geführt hat, wird hier als große Ehre und Gnade aufgefasst. Hinterlassen hat er glaube ich auch eine große Hoffnung, dass es immer weiter geht für die Christen hier, und dass es vor allem gut weitergeht.

Hier zum Hören:

Was ist denn in den vergangenen Tagen und Stunden passiert, das Programm war ja durchaus dicht…

Ja, das stimmt, auch wenn Veteranen mir sagen, dass es mit Johannes Paul II. auch mal 22 Uhr abends werden konnte. Das war mit Leo jetzt nicht der Fall, aber es war trotzdem ziemlich dicht getaktet. Am gestrigen Samstag ging es los mit dem Besuch der Blauen Moschee, einem der Wahrzeichen Istanbuls. Für ein wenig Diskussion hatte – auch unter uns Beobachtern - die Tatsache geführt, dass der Papst nicht wie angekündigt gebetet hat. Doch das sollte man vielleicht nicht zu hoch bewerten, denn die Atmosphäre um ihn herum war diesmal sehr geschäftig, es wäre kaum Raum zu einer echten Sammlung gewesen. Das war 2006 beim Gebet Benedikts XVI. in der Moschee anders, da war er durch den ihn begleitenden Religionsführer dazu eingeladen worden. Auch Franziskus hatte 2014 dann dort sehr kurz gebetet. Aber immerhin hat Leo ja zu Beginn seines Besuches auch den Direktor der Diyanet getroffen, zu einem persönlichen Gespräch. Eigentlich hätte der Diyanet-Direktor den Papst auch in der Moschee begleiten sollen, aber dann gab es wohl eine Änderung im Plan und er wurde durch hochrangige muslimische Geistliche und den Kulturminister des Landes empfangen.

Auch eine Katze verfolgte den Besuch des Papstes in der Moschee (Foto Christine Seuss)
Auch eine Katze verfolgte den Besuch des Papstes in der Moschee (Foto Christine Seuss)

Und direkt danach ging es mit einem weiteren wichtigen Programmpunkt weiter, oder?

Ja, nach dem Moscheebesuch ging es zum privaten Gespräch mit christlichen Führern, es waren etwa 20 versammelt, in der syrisch-orthodoxen Kirche Mor Ephrem. Die Kirchenführer hatten in einem sehr schön gestalteten Setting, an einem runden Tisch, auf dem sechs verschiedene Evangeliare auslagen, länger Zeit, ganz privat miteinander zu sprechen und sich über ihre Sicht der Dinge auszutauschen. Dabei wurde zum Beispiel vereinbart, dass das nächste Heilige Jahr 2033 zum Tod und zur Auferstehung Christi intensiv gemeinsam begangen werden soll. Ökumenisch ging es dann auch am Nachmittag weiter, mit einer Doxologie im Ökumenischen Patriarchat und einer gemeinsamen Erklärung von Papst Leo und Patriarch Bartholomaios. Viele Christen auch hier im Land hatten gehofft, dass schon etwas ganz Konkretes zu einem gemeinsamen Osterdatum darin stehen könnte, aber letztlich ist es wohl einfach noch zu früh. Drin steht jedenfalls, dass die Anstrengungen zu einem gemeinsamen Osterfest noch weiter intensiviert werden sollten.

Und dann kam ja der, so könnte man wohl sagen, Höhepunkt für die katholische Gemeinschaft des Landes...

Ja, das stimmt, unbestritten. Die Messe nach lateinischem Ritus – der Papst zelebrierte auch auf Latein – war für die Katholiken dort wohl wirklich ein Jahrhundertereignis, so haben es zumindest einige der Teilnehmer ausgedrückt, mit denen ich gesprochen habe. Denn wenn man sich vorstellt, dass in die Kathedrale von Istanbul nur ein paar Hundert Leute passen, dann ist es wohl ein wahnsinniges Erlebnis, eine Messe mit 4000 Teilnehmern zu feiern. Und sowohl die Predigt von Papst Leo, in der er dazu aufgerufen hat, die Einheit untereinander zu verstärken, um Friedensstifter zu werden, als auch die Ansprache von Istanbuls Bischof Massimiliano Palinuro wurden mit großer Begeisterung aufgenommen. Palinuro rief auch die einzelnen Orte auf, aus denen die türkischen Christen teils von weit her gekommen waren, da brandete jeweils tosender Applaus auf, auch die typischen trillernden Freudenrufe, die ich hier mehrfach gehört habe, wenn der Papst vorbeigekommen ist. Anschließend habe ich mit unheimlich vielen Menschen gesprochen, viele waren überwältigt von dieser Messe und Atmosphäre, die auch durch den Chor stimmungsvoll geschaffen wurde.

Bei der Messe in der Volkswagen Arena
Bei der Messe in der Volkswagen Arena

War das nicht auch ein ganz besonderer Chor?

Ja das stimmt, ein sehr schönes Zeichen auch, es war ein mehr als 200-köpfiger Chor, der aus den Chören der vier verschiedenen in Istanbul vertreten katholischen Riten eigens für diese Messe zusammengestellt worden war. Zwei Monate wurde geprobt, und wirklich alle, die wollten, durften mitsingen. Bedingung war nur, dass man verlässlich zu den Proben kommen musste.

Es war ja auch gar nicht so einfach, an der Messe teilzunehmen, oder?

Ja das stimmt, die Tickets waren sehr kontingentiert. Es gab einfach großes Interesse, und ursprünglich war auch daran gedacht worden, aus Sicherheitsgründen weniger Plätze als die eigentlich möglichen zu vergeben. Am Ende waren aber praktisch alle besetzt, etwa 4000, allerdings war es wirklich anspruchsvoll, zur Arena hin zu kommen, Straßen waren gesperrt und die Metro ist ein gutes Stück entfernt. Noch dazu hat es in Strömen geregnet und die Sicherheitskontrollen im Freien fraßen viel Zeit, ziemlich viele Leute kamen gut nass in die Arena. Aber dort waren sie wenigstens im Trockenen. Allerdings hat es die Einheimischen, die ja auch nur begrenzt Plätze zur Verfügung hatten, etwas befremdet, dass viele Teilnehmer sogar aus anderen Ländern angereist waren…

Der Sonntag dann mit einem weiteren Besuch, diesmal bei den Armeniern, und dann wieder im Phanar…

Ja, der Sonntag ging los mit einem gemeinsamen Gebet bei einer sehr antiken christlichen Minderheit, die auch viel Leid erlebt hat. Darauf ging auch Papst Leo ein, ebenso wie der armenisch-apostolische Patriarch in seiner Ansprache, als er würdigte, dass Päpste immer wieder ihre Stimme erhoben hätten, um auf das Leid seines Volkes aufmerksam zu machen. Insgesamt ein sehr bestärkender Besuch, denke ich. Und dann anschließend war Papst Leo nochmal im Phanar, um dort einer Göttlichen Liturgie beizuwohnen und anschließend mit Patriarch Bartholomaios einen ökumenischen Segen zu spenden. Mit dem Patriarchen hat er dann anschließend noch Mittag gegessen und dann ist der gesamte Tross gegen 14.15 Uhr unserer Zeit in Richtung Flughafen abgefahren.

(vatican news - cs)

 

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30. November 2025, 16:31