Papst Leo verleiht Ratzingerpreis an Riccardo Muti
Die Übergabe des Preises fand am Ende des Konzerts statt. In der vatikanischen Audienzhalle dirigierte Riccardo Muti Luigi Cherubinis A-Dur-Messe von 1825, geschrieben für die Krönung des französischen Königs Karl X. Muti leitete das von ihm gegründete Jugendorchester „Luigi Cherubini“ sowie den Chor „Guido Chigi Saracini“ des Doms von Siena.
Papst Leo XIV. verfolgte das Konzert von seinem weißen Sessel im Mittelgang der Audienzhalle aus mit offensichtlicher Freude. In seiner Rede dankte er für die Darbietung mit ihren Dutzenden Mitwirkenden und erinnerte an das Musikverständnis der Kirche. Der heilige Augustinus habe Musik als „scientia bene modulandi“ beschrieben, als Wissenschaft, „die es versteht, das Herz zu Gott zu führen“. Musik sei ein Weg, „die höchste Würde des Menschen zu erkennen und ihn in seiner wahren Berufung zu bestärken“.
Papst Benedikt habe daran erinnert, dass „wahre Schönheit verwundet, das Herz öffnet und es erweitert“, und in der Musik nach Gottes Stimme gesucht. Leo erinnerte an die Begegnungen zwischen Muti und Benedikt über die Jahre, beginnend mit Joseph Ratzingers Konzertbesuchen in Salzburg, München und Rom. Als Papst habe Benedikt Aufführungen Mutis in der Audienzhalle besucht und ihm dort das Großkreuz des Gregoriusordens verliehen. „Die Auszeichnung, die Sie heute erhalten, ist die Fortsetzung dieser Beziehung, eines Dialogs, der sich dem Geheimnis öffnet und auf das Gemeinwohl, auf Harmonie ausgerichtet ist“, so Leo XIV.
Neben dem ausgewiesenen Musikkenner Benedikt kam bei Leo aber auch Papst Franziskus zur Sprache. Der argentinische Papst habe Musik als Kraft beschrieben, die helfe, Gegensätze zu überwinden, um „in Harmonie zu sein, Dissonanzen zu erkennen und zu korrigieren“. Harmonisieren bedeute, Gegensätze zusammenzuhalten und sie zu einer höheren Einheit zu führen. In diesem Zusammenhang betonte Leo XIV. auch die Bedeutung der Stille als Vorbereitung auf Wahrheit.
Riccardo Muti dankte in freier Rede für die Auszeichnung und überraschte mit einer Liebeserklärung an Papst Leo: „Heiligkeit, vom ersten Moment an, als Sie begonnen haben, Ihre Ideen und Vorstellungen zu äußern, habe ich Sie geliebt", so der Dirigent von Weltrang. Muti bekannte sich zum einen als treuer Katholik und zum anderen als polemischer Geist, und er erinnerte in bewegten Worten an seine letzte Begegnung mit Papst Benedikt, die ihn sehr berührt hatte.
Die Schwestern, die dem emeritierten Papst den Haushalt führten, hätten ihm ein kleines Buch Mutis mit dem Titel „Unendlichkeit zwischen den Noten“ vorgelesen – ein Ausdruck von Wolfgang Amadeus Mozart. Darauf habe er mit seiner Frau den alten Papst in den vatikanischen Gärten besuchen dürfen, und man habe über Theologie, Musik, Spiritualität und auch moderne Opernregie gesprochen, die Mozart mitunter „in den Schmutz zieht“. Bei der Verabschiedung habe Benedikt ihn angesehen und gesagt: „Der arme Mozart möge in Frieden ruhen“, erinnerte sich Muti. „Dies ist der letzte Satz, den ich aus dem Mund des Papstes gehört habe und den ich immer in mir trage“, so der Dirigent. Der Ratzingerpreis sei für ihn „nicht nur ein Grund großer Ehre, sondern auch eine Erinnerung an Momente tiefer, fast mystischer Zuneigung“ zu Papst Benedikt, bekannte der 84 Jahre alte Muti in einem am Donnerstag ausgestrahlten Interview mit Radio Vatikan.
Spenden für Bildung
Papst Leo XIV. wie erinnerte in seiner Rede auch an den Bildungsauftrag der Kirche. Millionen von Kindern hätten weltweit keinen Zugang zu Schulbildung. Das Konzert habe auch das Ziel verfolgt, dieses Bewusstsein zu schärfen und Initiativen für Bildung zu stärken. Kardinal José Tolentino de Mendonça, Präfekt des Dikasteriums für Kultur und Bildung, dankte in seiner Rede dem Papst dafür, dass er die Spendengelder aus dem Weihnachtskonzert für Bildungsprojekte der Stiftung „Gravissimum Educationis“ zur Verfügung stelle.
Pater Federico Lombardi, Präsident der vatikanischen Stiftung Benedikt XVI. Joseph Ratzinger, die den Ratzingerpreis vergibt, begründete die Auszeichnung mit Mutis Lebenswerk und seiner Rolle in der Verbindung von Musik, Kirche und Glaube. Neben Lombardi saß Erzbischof Georg Gänswein, der langjährige Privatsekretär von Kardinal Ratzinger / Papst Benedikt und nunmehrige Nuntius in den baltischen Ländern. Zahlreiche weitere Bischöfe und Kardinäle waren ebenfalls anwesend, darunter der Erzbischof von Chicago, Kardinal Blaise Cupich, den Maestro Muti in seiner Ansprache hervorhob; Riccardo Muti leitete das Chicago Symphony Orchestra als Musikdirektor von 2010 bis 2023.
Die Vatikanische Stiftung Joseph Ratzinger/Benedikt-XVI. verleiht den Ratzingerpreis seit 2011. Jedes Jahr schlägt das wissenschaftliche Komitee der Stiftung Persönlichkeiten vor, die sich in christlich inspirierter Kultur und Kunst hervorgetan haben. Die meisten Preisträger bisher stammten aus der Theologie, vertreten waren aber auch verdiente Exponenten der Rechtswissenschaft und der Kunst aus verschiedenen Kontinenten und Konfessionen. Auch der estnische Komponist Arvo Pärt ist unter den bisherigen Ratzinger-Preisträgern.
(vatican news – gs)
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