Charles de Foucauld: Der Missionar, der niemanden taufte
Stefan von Kempis und Hélène Destombes – Vatikanstadt
2005 hatte Benedikt XVI. den Einsiedler, der unter den Tuareg in der Sahara lebte und inmitten von Muslimen von der Güte des Evangeliums zeugte, bereits seliggesprochen.
Charles de Foucauld (1858-1916) – das ist eine Figur, die nicht nur der Kirche und auch nicht nur dem Christentum gehört. Mitten in der französischen Kolonialzeit in Nordafrika fand er neue Wege in der Spiritualität, im interreligiösen Dialog, in der Mission, vor allem aber in der persönlichen Gottsuche.
Offizier, Priester, Mönch, Eremit
Offizier, Priester, Mönch, Eremit, das waren die Stationen des „Kleinen Bruders Charles von Jesus“. Mehrere heutige Ordensgemeinschaften sind von seinem Denken inspiriert.
Der Priester Bernard Ardura, Präsident des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaften, hat als sogenannter Postulator das Verfahren zur Heiligsprechung de Foucaulds vorangetrieben. Wir fragten ihn, was er von der bevorstehenden Heiligsprechung hält.
Verkünden verboten
„Das ist ein für das Leben der Kirche in Algerien sehr wichtiges Ereignis! Vergessen wir nicht, dass die Christen in Algerien nur eine verschwindend kleine Minderheit sind, eine Kirche der Ausländer – zugleich aber eine ausgesprochen lebendige Kirche. Sie lebt heute in gewisser Hinsicht unter denselben Bedingungen wie einst Charles de Foucauld: Auf den Straßen darf sie nicht verkünden, aber Zeugnis kann sie davon geben, was es bedeutet, Jünger Christi zu sein, Missionare seiner Liebe…“
Charles de Foucauld hatte sich einst, als er den Glauben der Muslime um sich herum sah, erst so richtig zu seinem eigenen, christlichen Glauben bekehrt. Daraufhin bemühte er sich, in der Sahara seinen Glauben dem Evangelium entsprechend zu leben – ohne direkt zu missionieren. „Es ist der Herr, der diesen Samen dann wachsen lässt. So dass man hoffen kann, dass diese Kirche in Algerien einst noch blühender wird, als sie es heute ist!“
Die Kohärenz leben
1916 starb de Foucauld bei einem Überfall auf seine Klause im algerischen Tamanrasset. Ein Zeugnis, „das der Kirche gut tut“ – so formulierte es Papst Franziskus im Dezember 2016 bei einer Messe zum 100. Todestag des künftigen Heiligen. Was hat Charles de Foucauld der Weltkirche von heute zu sagen?
„Zunächst mal würde ich antworten: Man muss ihn ernstnehmen und kann seine Botschaft ernstnehmen, weil er seinen Glauben ganz buchstäblich Tag für Tag gelebt hat. Er hat nicht viele Worte gemacht, auch wenn er tatsächlich einiges geschrieben hat – er hat vor allem eine große Kohärenz konkret gelebt. Und das ist ein Thema, das man auch sehr oft bei Papst Franziskus findet: Kohärenz zwischen dem, was man glaubt, und dem, was man lebt.“
Und noch etwas: „In der Zeit von Charles de Foucauld war von Ökumene noch keine Rede, und noch viel weniger von interreligiösem Dialog. Er hat damals nicht auf theologischer Ebene mit denen gesprochen, die seinen Glauben nicht teilten. Aber er war ein Gesprächspartner voller Nächstenliebe, das ist es. Charles de Foucauld, der universelle Bruder…“
Nun fehlte es im Leben des Franzosen keineswegs an Irrungen und Windungen. So trat er 1890 in eine Trappistenabtei in Frankreich ein, ging später in eine viel ärmere Abtei nach Syrien, bat den Orden schließlich 1897, ihn wieder ziehen zu lassen, und lebte dann als Hausangestellter in Nazareth in einer Hütte im Garten eines Klarissenklosters. Bis in die algerische Wüste war es für ihn ein langer Weg der Suche.
Nicht auf Ergebnisse warten
„Charles de Foucauld lehrt uns heute, dass man nicht erwarten sollte, in der Mission unmittelbare Ergebnisse zu bekommen. Er hat niemanden getauft. Aber er hat von dieser Tugend der Hoffnung gelebt, die fast identisch ist mit dem Glauben – der Hoffnung, dass Gott in den Seelen wirkt. Dieses Wirken Gottes in den Menschen vermochte er zu erkennen, und das hat ihm erlaubt, weiterzumachen und nicht die Hände sinken zu lassen. Von ihm lernen wir, dass unsere Art zu leben entscheidend für das Zeugnis ist, das wir vom Glauben geben wollen.“
Die Botschaft des Charles de Foucauld ist fast am ehesten er selbst: sein abenteuerliches Leben, die Radikalität seiner Suche. Von seinen Schriften bleibt, so sieht es Bernard Ardura, „am ehesten diese Überzeugung, Christus in der Heiligen Schrift und in der Eucharistie zu finden“.
Schutzheiliger der Corona-Einsamkeit
„Für ihn ist die Präsenz Christi zentral. Das ist also eine Einladung an uns, die wir für eine Weile der Feier der Eucharistie beraubt waren, unser Leben wieder neu auszurichten auf diese Begegnung mit Christus im Evangelium und in der Eucharistie. Das ist ein Element, das keine Patina ansetzen kann. Es gehört zum Wesen unseres christlichen Lebens und stand im Mittelpunkt des Lebens von Charles de Foucauld.“
Ist der Franzose in seiner Wüsten-Abgeschiedenheit gar eine Art Schutzheiliger in Zeiten des „social distancing“ wegen Corona? Irgendwie schon, findet der Postulator. „Er hat das in der Wüste gelebt. Er konnte selbst lange Zeit keine Messe feiern und keine Eucharistie empfangen. Ich glaube schon, dass es in einer Zeit wie der unseren wichtig ist, jemanden wie ihn im Gebet anzurufen – als einen Zeugen der Anwesenheit Christi.“
(vatican news)
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