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Orthodoxe Liturgie in Kairo Orthodoxe Liturgie in Kairo 

„Katholiken müssen eigene Form von Synodalität suchen"

Von den orthodoxen und orientalischen Kirchen ist viel in Sachen Synodalität zu lernen. Allerdings gibt es viele Formen der Synodalität – die katholische Kirche muss ihre eigene entwickeln. Das sagte der vatikanische Ökumene-Kardinal Kurt Koch am Dienstag zu Vatican News am Rand einer Buchvorstellung der Stiftung „Pro Oriente“.

„Es ist neu, dass wir hier im Westen entdecken, dass Synodalität nicht etwas Neues ist in der Kirche, sondern eine alte Tradition hat“, so der Schweizer Kurienkardinal, der in diesen Wochen an der Bischofssynode zum Thema Synodalität im Vatikan teilnimmt. Papst Franziskus habe schon in seinem Schreiben Evangelii Gaudium festgehalten, dass die katholische Kirche von den Ostkirchen und den orientalisch-orthodoxen Kirchen viel „über die Kollegialität der Bischöfe und die Synodalität in der ganzen Kirche“ lernen könne. Allerdings: „Es gibt die (eine) Synodalität nicht“, so Kardinal Koch. „Es gibt verschiedene Formen von Synodalität, und da muss die katholische Kirche ihren Weg suchen.“

Das wurde Koch zufolge bei den beiden internationalen ökumenischen Konferenzen klar, die „Pro Oriente“ im November 2022 zusammen mit der Päpstlichen Universität St. Thomas von Aquin (Angelicum) in Rom veranstaltet hatte. Die Beiträge der dort versammelten 150 Fachleute aus den orthodoxen und orientalischen Kirchen liegen nun gebündelt in dem Band „Listening to the East" vor, der am Dienstagabend in Rom vorgestellt wurde. Die darin präsentierten synodalen Theologien und praktischen Erfahrungen in den verschiedenen Kirchen sollen auch in der derzeit laufenden Weltsynode fruchtbar werden, so das Anliegen.

Eine synodale Beratung orthodoxer Bischöfe in der Ukraine
Eine synodale Beratung orthodoxer Bischöfe in der Ukraine

Blick in die Breite der Ost-Traditionen

„Es ist das erste Buch, das systematisch das synodale Verständnis und die synodale Erfahrung der verschiedenen orthodoxen und orthodox-orientalischen Kirchen darlegt, nicht nur der Kirchen byzantinischer Tradition, sondern auch orthodox-orientalischer Tradition, armenisch, syro-malankarisch, äthiopisch, assyrisch und andere“, sagte uns Pater Hyacinthe Destivelle. Er leitet das Institut für Ökumenische Studien an der Päpstlichen Universität St. Thomas von Aquin, ist im von Kardinal Koch geleiteten Ökumene-Dikasterium für die Ostkirchen zuständig und wirkt bei der Synode als Experte.

Hier zum Hören:

„Besonders ist aber auch, dass sich das Buch für verschiedene Aspekte der Synodalität interessiert - nicht nur für die Synodalität unter Bischöfen, sondern Synodalität im weiten Sinn, als Teilhabe aller Getauften an der Sendung und am Leben der Kirche. Es gibt da also Beiträge über Synodalität in der monastischen Welt, der Jugend, der Teilhabe der Frauen, der Laien generell – in allen orthodoxen und orthodox-orientalischen Traditionen.”

P. Hyacinthe Destivelle OP
P. Hyacinthe Destivelle OP

Geistlich vom Osten lernen

Auch Pater Destivelle unterstreicht, dass die katholische Kirche jetzt nach und nach ihre eigene Spielart der Synodalität entwickeln muss. Dabei habe sie vom Osten viel zu „lernen, weniger was Strukturen und Prozeduren anlangt, sondern geistlich: den Geist der Kirche als Familie, in der alle Getauften ihre Rolle je nach ihrem Charisma spielen“.

„Die Frau spielt einfach de facto eine wichtige Rolle“

Frauen etwa spielen - im Vergleich zur katholischen Kirche - in den orientalischen Kirchen eine andere Rolle, „und die ist sehr wichtig, wie das Buch zeigt“. Allerdings empfiehlt der französische Ostkirchen-Fachmann, die Frage der Frau „nicht aus einem ideologischen Blickwinkel zu betrachten, sondern im Blick auf die Praxis, die schon existiert. Die orientalischen Kirchen sind sehr alt und dort ist die Frage nach der Frau nicht ideologisch, sondern die Frau spielt einfach de facto eine wichtige Rolle. So sehen wir Frauen als Mitglieder der Synoden, der Konzilien, je nach der Tradition. In der armenischen Kirche wird der Katholikos von einer Kirchenversammlung gewählt, in der auch Frauen mitwählen. Und im obersten Entscheidungsorgan der russisch-orthodoxen Kirche, dem Lokalkonzil, sind nicht nur Bischöfe vertreten, sondern jede Diözese ist vertreten durch einen Laien, Mann oder Frau, Ordensmann oder Ordensfrau, die den Patriarchen wählen. Das sind Beispiele nicht auf Ebene der Ämter, aber es sind Rollen mit hoher Entscheidungskraft in der Kirche.“

In einer orthodoxen Kirche in Moskau, Februar 2023
In einer orthodoxen Kirche in Moskau, Februar 2023

Bei der Veranstaltung am Augustinianum in Rom war auch ein Dokumentarfilm zu sehen, der denselben Titel wie das Buch trägt: „Listening to the East". Als Gäste waren neben Kardinal Koch und Pater Destivelle eine Reihe weiterer Synodenteilnehmer präsent, so der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn, die Untersekretärin der Bischofssynode, Schwester Nathalie Becquart, und Metropolit Job (Getcha) vom Ökumenischen Patriarchat, der mit Kardinal Koch Ko-Vorsitzender der Gemeinsamen Internationalen Kommission für den Theologischen Dialog zwischen der Katholischen Kirche und der Orthodoxen Kirche ist.

Kardinal Koch
Kardinal Koch

Geschwisterliche Delegierte

Zu den ökumenischen „Geschwisterlichen Delegierten" bei der Synode, die ebenfalls an der Präsentation teilnahmen, zählten Metropolit Iosif von der Rumänisch-orthodoxen Kirche, Metropolit Mar Barnabas Geevarghese von der Malankara Orthodox-syrischen Kirche (Indien), Jong Chun Park, Präsident des Weltrats Methodistischer Kirchen, Hanns Lessing, Generalsekretär der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, Elizabeth Newman, Präsidentin der Kommission für Baptistische Lehre und Einheit der Baptistischen Weltallianz, und Opoku Onyinah, früherer Präsident der Pfingstkirche (Ghana).

Der 50-minütige Dokumentarfilm von Robert Neumüller lässt Würdenträger, Jugendliche und Ostkirchenfachleute zu Wort kommen. Darüber hinaus zeigt er ostkirchliche Gemeinden in Rom bei ihren Liturgien und Feiern.

(vatican news – gs)

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12. Oktober 2023, 09:41