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Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst  

Bischof Tebartz: Franziskus war Papst „mit hoher emotionaler Intelligenz"

Für Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst war Papst Franziskus durch seine Nähe zu Menschen ein besonders glaubwürdiger Zeuge des Evangeliums. Im Gespräch mit Radio Vatikan würdigt der frühere Bischof von Limburg, heute der ranghöchste Deutsche der Römischen Kurie, Franziskus als Papst mit hoher emotionaler Intelligenz.

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Bischof Tebartz-van Elst, Papst Franziskus hat Sie vor neun Jahren nach Rom berufen, als Delegat im damaligen Päpstlichen Rat für die Neuevangelisierung, heute: Dikasterium für die Evangelisierung, Erste Sektion. Evangelisierung war ein großes Anliegen von Papst Franziskus. Was ist ihm dabei gut gelungen?

Bischof Tebartz-van Elst: Evangelisierung war ihm immer ein Anliegen bei der Führung der Kirche im 21. Jahrhundert - das allem voranzustellen. Es geht um Evangelisierung, gegen eine Säkularisierung der Welt. Und das ist ihm sehr gut gelungen durch die persönliche Weise, wie er sich auch selbst vermittelt hat, immer wieder in der Art und Weise sich Menschen zuzuwenden, das Evangelium kurz auf den Punkt zu bringen.

Hier zum Hören:

„Ich habe ihn selber immer wieder mit hoher emotionaler Intelligenz erlebt“

Papst Franziskus hatte eine große Begabung, nicht nur in Worten zu kommunizieren, sondern auch in Gesten. Inwiefern ist das aus ihrer Sicht eine ganz zeitgemäße Form der Evangelisierung?

Bischof Tebartz-van Elst: Ich glaube, es ist deswegen eine zeitgemäße Form der Evangelisierung, weil Menschen sehr stark darauf reagieren. Das hat er auch erkannt. Ich habe ihn selber immer wieder mit hoher emotionaler Intelligenz erlebt. Die ist jemandem gegeben oder nicht gegeben, das ist natürlich immer auch ein Punkt. Und insofern passt dieses Charisma sehr in unsere Zeit.

Ich neige dazu, es immer darzustellen im Kontext mit anderen Pontifikaten: Johannes XXIII. hat das Zweite Vatikanische Konzil, das zum Segen für die Kirche geworden ist, einberufen. Wir wissen heute aus dem Schatz der Überlieferung, dass er es nie zu Ende hätte führen können, ohne dass es zur Spaltung der Kirche gekommen wäre. Ein heiliger Paul VI. konnte es zu Ende führen, er hätte es aber nie einberufen, weil er ein großer Theologe war. Dann kam Johannes Paul I., der der Kirche ein Lächeln schenkte, als Mensch auftrat. Dann kam Johannes Paul II., der den Eisernen Vorhang zum Einbruch brachte. Es folgte der große Theologe, der größte nach Gregor dem Großen, Papst Benedikt XVI. Dann kam Papst Franziskus, der gerade in unsere Zeit hinein, mit seiner persönlich zugewandten Art, dem Evangelium ein Gesicht zu geben vermochte.

Ich glaube, das ist der Reichtum der Kirche, dass jede Zeit ihr Charisma bekommt, und dass, wenn das Charisma sozusagen auch erfüllt worden ist, Gott denjenigen abruft und einen neuen schenkt, der für die nächste Zeit der Kirche maßgeblich werden wird.

Papst Franziskus hat auch viele Reformen angestoßen. Eine davon ist, dass er einen alten Dienst, der schon lange vorhanden ist in der Kirche, aufgewertet hat zu einem Amt, und zwar das Amt des Katecheten, zugänglich für Laien, Männer wie Frauen. Was kann und soll aus diesem Amt in der Kirche werden?

Bischof Tebartz-van Elst: Papst Franziskus hat ja nie etwas aus sich heraus erfunden, sondern immer rückgebunden an die Tradition, die lebendige Überlieferung der Kirche. Und so fußt er mit dieser Initiative auf dem Ministerium Quedam, dem Schreiben vom Heiligen Paul VI., der damals schon Dienste in der Kirche entwickelt hat, die, sagen wir mal, früher den niederen Weihen entsprachen, aber sie für Laien geöffnet hat. Das hat Papst Franziskus mit dem Amt der Katecheten gemacht. Wir kriegen hier Rückmeldungen aus den Ortskirchen der Dritten Welt, wo das Amt sehr viel lebendiger wahrgenommen wird als in den reichen Kirchen des Westens, die Pastoralreferentinnen und Referenten bezahlen, die meinen, wir sind doch längst Katecheten, wir brauchen keinen Dienst der Katecheten in besonderer Weise. Ich glaube, es braucht noch eine gewisse Zeit, bis sich das im Gesamt der Kirche so etabliert, dass deutlich wird: Wir brauchen Frauen und Männer, die den Glauben in Wort und Tat bezeugen.

Papst Franziskus ist im Heiligen Jahr 2025 gestorben, für das er das Motto ausgewählt hat, Pilger der Hoffnung. Welche Bedeutung gewinnen Sie dem Tod von diesem Papst im Heiligen Jahr ab?

Bischof Tebartz-van Elst: Ich glaube, er hat bezeugt, was wir alle ersehen: Die Hoffnung geht über den Tod hinaus. Das hat er uns bezeugt, das hat er uns geschenkt in diesem Heiligen Jahr. Er geht gewissermaßen voran mit dem, was er uns auch gelehrt hat. Er hat es nicht nur in Worten gesagt, er hat es selbst bezeugt. Er hat festgehalten an dem Herrn der Kirche, dem Herrn des Glaubens und nimmt uns alle mit in diese Ewigkeit hinein. Ich glaube, das ist das größte Vermächtnis. Und er hat für mich, das muss ich persönlich sagen, ein großes Vermächtnis hinterlassen mit der Synodalität, wie er sie versteht, nicht wie sie in weiten Teilen politisch vereinnahmt wird, sondern empathisch zu hören, mitzufühlen und daraus sozusagen auch ein Verständnis für den anderen zu gewinnen. Das ist ein Teil der Hoffnung, die uns aber schon in das Jenseits Gottes hinein führen wird.

„Wir brauchen eine Mischung aus Benedikt XVI. und Franziskus“

Was braucht die katholische Weltkirche nach zwölf Jahren Papst Franziskus?

Bischof Tebartz-van Elst: Das ist eine gute Frage. Ich glaube, wir brauchen die Nähe zu den Menschen, wir brauchen auch eine neue Hinwendung zum Inhalt, wir brauchen eine Mischung aus Benedikt XVI. und Franziskus.

Wie kann das aussehen?

Bischof Tebartz-van Elst: Das wird das Konklave zeigen, wie es aussehen kann und muss. Ich glaube, es ist gut, dass das Konklave ein geistlicher Prozess ist, dass hier die Wahrheit für die Zukunft auf geistlichem Weg gefunden wird. Vielleicht ist das auch das, was das große Interesse der Öffentlichkeit an dem Konklave erklärt, dass es etwas ist, was sich unterscheidet von allen politischen Wegen, wo Machtfragen eine riesige Rolle spielen. Hier wird jetzt im Vorkonklave der Zustand der Kirche, wie sie gerade sich darstellt, nüchtern auf den Punkt gebracht, und dann wird man sehen, in welcher Richtung der Geist die Wählenden bewegen wird.

(vatican news – gs)

 

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02. Mai 2025, 13:31