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Kardinal Pizzaballa war per Videoschaltung mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Gebetsvigil bei Sant´Egidio verbunden. Kardinal Pizzaballa war per Videoschaltung mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Gebetsvigil bei Sant´Egidio verbunden.  (ANSA)

Patriarch Pizzaballa über Gaza: „Ein nie dagewesener Schmerz“

Trotz strömenden Regens haben sich Gläubige an der Kirche Santa Maria in Trastevere zu einer eindringlichen Friedenswache für Gaza und das Heilige Land versammelt, organisiert von der Gemeinschaft Sant’Egidio gemeinsam mit zahlreichen katholischen Bewegungen Italiens. Anlass war der eindringliche Appell von Papst Leo XIV., der in den vergangenen Tagen ein sofortiges Waffenstillstandsabkommen, die Freilassung der Geiseln und die strikte Einhaltung des humanitären Völkerrechts gefordert hatte.

Mario Galgano - Vatikanstadt

Marco Impagliazzo, Präsident von Sant’Egidio, eröffnete die Wache mit eindringlichen Worten: „Wir können angesichts des Unrechts nicht schweigen. Wir dürfen uns nicht mit der Sprache der Waffen abfinden. Frieden ist möglich – und das Gebet ist bereits eine Wahl für den Frieden.“ Die Not der Menschen in Gaza sei eine Herausforderung an alle Gläubigen, „Handwerker der Geschwisterlichkeit“ zu sein. „Diese Wache ist nicht nur ein spiritueller Moment, sondern ein Akt kollektiver Verantwortung. Wir wollen ein Volk des Friedens sein in einer Zeit des Krieges.“

Aus Jerusalem meldete sich Kardinal Pizzaballa per Video. „Wir sind zutiefst verletzt vom Klima des Hasses, das diese Gewalt hervorgebracht hat und zugleich neues Leid gebiert, in einem Teufelskreis, den wir nicht durchbrechen können“, sagte er. Die Verantwortung dafür liege auch bei jenen, „die das Feld den Extremisten überlassen haben“. Dennoch gebe es Hoffnung: „Ich sehe viele Sanftmütige, die die Gerechtigkeit lieben und für sie eintreten, auch wenn sie einen hohen Preis zahlen – Israelis, Palästinenser, Juden, Christen, Muslime. Hier geht es nicht um Zugehörigkeit, sondern um Menschlichkeit.“

Nach 35 Jahren im Heiligen Land sprach der Patriarch von der schwersten Krise, die er je erlebt habe: „Doch wir müssen hoffen, an der Gerechtigkeit festhalten und die Wahrheit in Liebe sagen.“ Sein Schlusswort verband Ermutigung mit Verpflichtung: „Es wird der Moment kommen – wenn die Sprache von Macht und Gewalt versagt –, in dem wir mit Sanftmut und Zeugnis das Land, das Gott uns gegeben hat, in Liebe neu aufbauen müssen.“

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Der lange Weg zur Zweistaatenlösung

Pater Ibrahim Faltas von der Franziskanerkustodie im Heiligen Land hat sich derweil mit einem politischen Akzent bei katholischen Medien zu Wort gemeldet. Er erinnerte daran, dass „der Vatikan bereits vor zehn Jahren Palästina als Staat anerkannt hat, und damit vor allem das Recht eines Volkes“. Anlässlich einer hochrangigen Konferenz zur Zweistaatenlösung in New York wies Faltas darauf hin, dass inzwischen zahlreiche Länder – darunter Frankreich, Großbritannien, Australien, Kanada, Portugal, Belgien und Luxemburg – Palästina anerkannt hätten. Deutschland und Italien blieben bisher zurückhaltend, obgleich sie die Zwei-Staaten-Lösung befürworteten.

„Die Anerkennung Palästinas ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Frieden“, so Faltas gegenüber der Nachrichtenagentur sir. „Wer Palästina anerkennt, glaubt an den Frieden und arbeitet mutig dafür, dass zwei Völker in Sicherheit in ihrer eigenen Heimat leben können.“

Kardinal Bassetti: „Die Menschlichkeit nicht verraten“

Den Gebetsmoment in Rom leitete Kardinal Gualtiero Bassetti, emeritierter Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz. In seiner Predigt mahnte Kardinal Bassetti, dass man angesichts des Leids nicht Zuschauer bleiben dürfe: „Ihr, die ihr hier versammelt seid, repräsentiert das vielfältige Gesicht des italienischen Katholizismus. Das ist ein Signal, das niemand unterschätzen sollte.“ Mit Blick auf die Eskalation im Nahen Osten fügte er hinzu: „Wir dürfen unsere Menschlichkeit nicht verraten. Jeder Mensch hat eine unverletzliche Würde, die es zu respektieren und zu bewahren gilt. Es gibt keine Zukunft, die auf Gewalt, Vertreibung oder Rache gründet. Wer wirklich liebt, arbeitet für den Frieden.“

Besonders bewegend war sein Verweis auf die Seligpreisungen: „Selig, die Frieden stiften! Selig die Leidtragenden: die Ärzte, Journalisten und Helfer, die in Gaza ausharren; die Mütter, Väter und Kinder, die diese Prüfung mit stiller Würde ertragen.“ Sicherheit, so Bassetti, werde nicht durch Kriege oder Aufrüstung garantiert: „Nicht der Sieger des Krieges, sondern nur der, der den Frieden aufbaut, bewahrt ein zerbrechliches Gut, getragen von Gerechtigkeit, Solidarität und – wir Christen müssen es laut rufen – von Vergebung.“

Hintergrund

Unter den Trägern der Initiative sind: Acli, Agesci, Auxilium, Azione Cattolica Italiana, Comunione e Liberazione, die Gemeinschaft Papst Johannes XXIII., das Movimento Cristiano dei Lavoratori, die Fokolar-Bewegung, der Movimento Politico per l’Unità, der Säkularfranziskanische Orden und Rinnovamento nello Spirito Santo.

(vatican news/sir)

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23. September 2025, 10:41