Kardinal Pietro Parolin beantwortet Journalistenfragen (Archivbild) Kardinal Pietro Parolin beantwortet Journalistenfragen (Archivbild) 

Kardinal Parolin zu Gaza: Hoffnung, dass Friedensplan funktioniert

Der vatikanische Kardinalstaatssekretär, Pietro Parolin, ist besorgt angesichts der jüngsten Gewalttaten im Nahen Osten nach dem Waffenstillstand. Die Verfolgung von Christen im Westjordanland sei „inakzeptabel“, sagte er auf Journalistenfragen bei der Vorstellung des Kirche-in-Not-Berichts über Religionsfreiheit in der Welt diesen Dienstag in Rom.

Der Heilige Stuhl ist „besorgt” angesichts der Tatsache, dass der fragile Waffenstillstand in Gaza mit den Gewalttaten der letzten Tage bereits „beendet” zu sein scheint, aber „hoffnungsvoll, dass der Friedensplan funktionieren wird”. Das sagte Kardinal Pietro Parolin, der vatikanische Staatssekretär, am Rand der offiziellen Vorstellung der neuesten Ausgabe des Berichts über die Religionsfreiheit in der Welt (RFR), der vom Päpstlichen Hilfswerk Kirche in Not erstellt wurde, zur Lage im Heiligen Land.

Der Kardinal beantwortete Fragen der Journalisten vor dem Päpstlichen Institut Augustinianum. Auch „Einschüchterungsversuche gegenüber der freien Presse” waren Thema, nachdem kürzlich eine Bombe das Auto eines italienischen Journalisten völlig zerstört hatte. Mit Blick auf die Schikanen, denen Christen im Westjordanland, insbesondere im Dorf Taybeh, durch israelische Siedler ausgesetzt sind, betonte Parolin: „Das Problem ist dort sicherlich sehr komplex, aber wir können nicht verstehen, warum diese Christen, die ein normales Leben führen, Gegenstand solcher Erbitterung sein können“, sagt Parolin. „Von Verfolgung zu sprechen, ist etwas problematisch, aber es handelt sich sicherlich um Situationen, die wir nicht akzeptieren können.“

„Von Verfolgung zu sprechen, ist etwas problematisch, aber es handelt sich sicherlich um Situationen, die wir nicht akzeptieren können“

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Religionsfreiheit unter Druck

Wie aus dem vorgestellten Report hervorgeht, gibt es 62 Länder - rund ein Drittel aller Länder weltweit - in denen die Religionsfreiheit nicht garantiert wird. Angesichts dieser Tatsache, so räumt Kardinal Parolin ein, stünden dem Heiligen Stuhl vor allem diplomatische Mittel zur Verfügung, um sich für die verfolgten Glaubensgemeinschaften einzusetzen: „Wir bringen in internationalen Organisationen und auch in bilateralen Beziehungen zu Staaten dieses Thema normalerweise zur Sprache, wenn die Situation, sagen wir, schwierig ist, wenn es eine Krise gibt. Das sind unsere Mittel, unsere Möglichkeiten, um einzugreifen, nämlich an die Grundsätze zu erinnern und zu fordern, dass diese Grundsätze im täglichen Leben angewendet werden.“

Der entsprechende Artikel 18 in der Erklärung der Menschenrechte, in dem jedem Menschen das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit garantiert wird, sei allerdings vielleicht „einer der am wenigsten beachteten und umgesetzten Artikel“ überhaupt, gibt Parolin zu bedenken.

„Sorge groß, gerade weil dieses Recht jedes Menschen, jeder Gemeinschaft, nicht in die Praxis umgesetzt wird“

„Und doch glauben wir, dass genau dies die Grundlage für die Achtung der Menschenrechte ist, weil es das Gewissen jedes Menschen berührt. Deshalb ist die Sorge groß, gerade weil dieses Recht jedes Menschen, jeder Gemeinschaft, nicht in die Praxis umgesetzt wird.“

Gewalt gegen Christen in Nigeria im Kontext sehen

Mit Blick auf Afrika und die starke Welle des Hasses und der Gewalt, die Christen in Teilen Nigerias trifft, stellt der Kardinal unter Berufung auf lokale Gesprächspartner klar, dass es sich in Nigeria „nicht um einen religiösen Konflikt handelt, sondern eher um einen sozialen Konflikt, beispielsweise zwischen Viehzüchtern und Bauern“: „Wir dürfen nicht vergessen, dass auch in Nigeria viele Muslime Opfer dieser Intoleranz sind“, betont Parolin. „Es handelt sich um extremistische Gruppen, die keine Unterschiede machen, um ihre Ziele zu erreichen. Sie wenden Gewalt gegen alle an, die sie als Gegner betrachten.“

„Extremistische Gruppen, die keine Unterschiede machen, um ihre Ziele zu erreichen. Sie wenden Gewalt gegen alle an, die sie als Gegner betrachten“

Einschüchterung der freien Presse

Abschließend reflektiert der Kardinal über das Konzept der Religionsfreiheit, aber auch über das der Freiheit im Allgemeinen, und erklärt, dass „es Anlass zu großer Sorge gibt, dass es zu solchen Einschüchterungsversuchen gegenüber der freien Presse kommen kann“. Dabei bezog er sich auf den Anschlag vom vergangenen Donnerstag auf den Journalisten Sigfrido Ranucci, Moderator der italienischen investigativen Fernsehsendung „Report“. Unter dessen Auto, das vor seinem Haus geparkt war, war mit großer Wucht eine Bombe explodiert – eine Explosion, die tendenziell auch für Passanten hätte fatal sein können. Glücklicherweise war bei dem Attentat jedoch niemand verletzt worden.

„Wir wollen, dass jeder seinen Standpunkt ausdrücken kann, mit Respekt und mit Objektivität, aber dass alle sich ausdrücken können“

„Was sagt uns das zum Klima, es sagt uns eben, dass wir riskieren, immer mehr in einem Klima der Intoleranz zu leben, in dem die freie Meinungsäußerung nicht mehr respektiert wird. Wir wollen, dass jeder seinen Standpunkt ausdrücken kann, mit Respekt und mit Objektivität, aber dass alle sich ausdrücken können, ohne Opfer solcher Drohungen zu werden. Das bereitet uns wirklich Sorge.”

(vatican news - cs)

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21. Oktober 2025, 11:48