Israel/Palästina: „Wieder legitim über Jerusalem diskutieren"
Christine Seuss - Vatikanstadt
Die Jerusalem-Entscheidung der Trump-Regierung schlägt weiter hohe Wellen. Am Montag hatten 14 der 15 Mitglieder des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen für die Verabschiedung einer Resolution gestimmt, die die im Alleingang getroffene Entscheidung der USA, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, verurteilen sollte. Die Resolution scheiterte am Veto der USA, die Isolation der Weltmacht auf dem internationalen Parkett wurde dennoch schmerzlich deutlich; die Frage wird nun in den kommenden Tagen weiter diskutiert.
Die religiösen Führer bleiben weiterhin bei ihrer Forderung, den bedrohten Status Quo Jerusalems zu bewahren. In einer gemeinsamen Mitteilung von diesem Montag hatten die Führer der 13 anerkannten christlichen Kirchen vor Ort betont, Jerusalem müsse allen Glaubens- und Religionsgemeinschaften weiterhin offen stehen. Im Gespräch mit Vatican News wiederholt einer der Unterzeichner, Franziskanerpater Pierbattista Pizzaballa, seine Forderung nach einem Ende der Gewalt. Einseitige Vorstöße wie derjenige des US-Präsidenten „tragen nicht zum Frieden bei, sondern lassen ihn vielmehr in weite Ferne rücken“, so der Administrator des lateinischen Patriarchates von Jerusalem bei der traditionellen Weihnachtspressekonferenz an diesem Mittwoch vor Journalisten. Er erwarte sich, dass die Gewalt der vergangenen Tage komplett aufhöre und „man wieder legitim über Jerusalem diskutieren kann, nicht nur auf politischer, sondern auch auf religiöser und kultureller Ebene," so der Erzbischof bei dieser Gelegenheit. Wir haben ihn telefonisch erreicht.
„Stellen wir eins klar: das normale tägliche Leben in Jerusalem hat sich nicht geändert, es ist alles wie vorher. Die Erklärung des US-Präsidenten ist eine Grundsatzerklärung, die an den Status Quo rührt, also das fragile Gleichgewicht, das die Beziehungen zwischen den einzelnen Glaubensgemeinschaften wie Christen, Muslimen, Juden und so weiter, regelt. Das ist gefährlich, denn Jerusalem ist, wie wir schon mehrfach gesagt haben, eine Stadt nicht nur für Juden oder Palästinenser, sondern auch für Christen, Juden und Muslime, mit einer universalen Berufung, die für alle offen ist. Jede Erklärung, die jemanden ausschließt, geht gegen den Geist und den Charakter der Stadt.“
Die Probleme, mit denen er vor Ort zu tun habe, seien leider stets die gleichen, betonte er angesichts der Proteste, die nach der Erklärung Trumps, er wolle die US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen, ausgebrochen sind. Zwar hatte der amerikanische Kongress diese Entscheidung schon vor zwei Jahrzehnten getroffen, doch bislang hatte sich noch keine US-Regierung daran gewagt, diese Entscheidung tatsächlich – wenn auch vorerst nur verbal – in die Tat umzusetzen. Pizzaballa: „Nach den Erklärungen des US-Präsidenten zur Jerusalemfrage, zur Bedeutung und der Rolle der Stadt, ist der Protest in den vergangenen Tagen hochgekocht. Und all das in einer sehr prekären politischen Situation – vielleicht mehr noch als prekär würde ich sie als nicht vorhanden bezeichnen.“
Resolution zur Jerusalem-Frage durch US-Veto blockiert
An diesem Montag hatten die Vereinten Nationen über eine Resolution zur Jerusalemfrage abgestimmt, erwartungsgemäß hatte US-Vertreterin Nikki Haley ihr Veto eingelegt und die Resolution so blockiert. Bemerkenswert: alle anderen Mitglieder des Sicherheitsrates, auch die übrigen vier Veto-Mächte, hatten für die Resolution gestimmt. Doch er erwarte sich sowieso „nichts“ von einer derartigen Resolution, so Pater Pizzaballa, denn „die Resolutionen der Vereinten Nationen bleiben dort auch liegen, hier vor Ort wird sich überhaupt nichts ändern.“
An den Weihnachtsfeiern in Jerusalem werde trotz der politischen Situation festgehalten, betont der Franziskanerpater. „Wir ändern nichts an unserem Programm. Wir wollen die Lichter anzünden, wir wollen den Menschenauflauf, einfach das festliche Klima! Wir haben natürlich auch unsere schon geplanten religiösen Feiern, die Messen und Prozessionen… Wir müssen deutlich machen, dass wir vor Ort präsent sind.“
Angst vor erneuten Ausschreitungen hat er nicht, meint der Apostolische Administrator. Denn auch die Gewalt der vergangenen Tage seien mehr von den Medien hochgekocht worden, als die tatsächliche Eskalation dies verdiene. „Und ich denke, dass alle ein Interesse daran haben, dass die Feierlichkeiten friedlich ablaufen.“
Er wisse, dass sein Appell für Frieden im Heiligen Land vielleicht ein wenig „nach Rhetorik“ klingen könnte, vertraut der Pater uns noch an. Doch an Weihnachten feierten wir „den Friedensfürsten, der sich ganz klein, zerbrechlich und schutzlos macht. Mein Wunsch ist also, dass wir diesen wahren und einfachen Geist von Weihnachten wiederfinden. Diese einfachen Dinge, das Denken an die Armen und dass in all unseren Familien, wenigstens in diesen Tagen Seelenruhe einkehren kann.“
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